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Automatisierung von Datenbanken

von - 03.04.2018
Unser zweiter Schwerpunkt ist die Automatisierung von Datenbanken. Das ist jetzt unsere Hauptarbeit – Automatisierung von PostgreSQL, MySQL, MongoDB, Redis, RabbitMQ oder Elasticsearch.
com! professional: Was heißt Automatisierung von Datenbanken in diesem Zusammenhang?
Fischer: In einer Cloud-Foundry-Umgebung kann man seine Anwendungen hineinpacken und dort betreiben und sie je nach Bedarf vergrößern oder wieder verkleinern. Doch jede Anwendung steht in einer Relation zu einer Datenbank. Für die Bereitstellung einer Datenbank braucht man einen Host, auf dem zum Beispiel MySQL installiert und konfiguriert wird. Für die Nutzung der Datenbank braucht man außerdem Netzwerkeinstellungen.
Wir haben all diese Prozesse vollständig automatisiert, sodass ein Entwickler auf der Plattform von Cloud Foundry diese mit einem einzigen Kommando in Gang setzen kann. Wohlgemerkt, es handelt sich hier in der Regel um komplexe Umgebungen wie eine dedizierte virtuelle Maschine oder einen Cluster aus mehreren virtuellen Maschinen.
com! professional: Was hat man sich hierbei unter Komplexität vorzustellen?
Fischer: Unsere Automatisierung muss letztlich mit dem In­frastruktur-Layer in Kontakt treten, sprich mit der dortigen Konfiguration – zum Beispiel mit dem darunterliegenden OpenStack: Dort muss wieder eine virtuelle Maschine erzeugt und konfiguriert werden, inklusive späterer Scale-out- oder Scale-down-Operationen. Backup und Restore lassen sich ebenfalls automatisieren, Betrieb und Reparaturen brauchen keinen Administrator mehr, der alle Arbeiten kontrolliert und nötige Gegenmaßnahmen in Gang setzt. Der Software-Entwickler muss über die Nutzung einer Datenbank Bescheid wissen, braucht aber kein klassisches Betriebswissen mehr dazu.
com! professional: Inwieweit verkörpert dies den Trend der digitalen Transformation, von dem heute so gern gesprochen wird?
Fischer: Nur bedingt. Die Adaption von Open Source ist sicher ein Aspekt der digitalen Transformation. Es werden mehr Produkte aus dieser Richtung akzeptiert, aber die Verantwortlichen in den Unternehmen vertreten auch konservative Werte. Sie sind es gewohnt, dass Produkte wie zum Beispiel die von Oracle laufend nach Arbeitsplatzlizenzen oder nach CPU-Leistung bezahlt werden müssen. Sie wissen aber auch, dass sie dafür viel bekommen – viele Funktionen, viele mitgelieferte Tools, viele Integrationsmöglichkeiten und APIs mit bestehenden Lösungen sowie Support auf verschiedenen Levels. Es wird ein hoher technischer Aufwand plus entsprechende Kosten investiert, um Betriebssicherheit herzustellen. Damit können sich Open-Source-Angebote in der Regel nicht messen. Sie sind de facto schlechter und nicht so umfassend. Dafür kosten sie nichts oder nur wenig. Entwickler für solche Projekte können nicht alles auf einen Hersteller schieben, sondern müssen mehr Verantwortung übernehmen.
com! professional: Welche Erfahrungen konnten Sie hier mit Ihren Kunden sammeln?
Fischer: Unternehmen, die aus dieser „Altwelt“ kommen, sind es gewohnt, dass alles durchstrukturiert ist, dass Hersteller gelistet sein müssen, dass man auf den technischen Support setzen und eventuell sogar jemanden in Regress nehmen kann. Alles hat seine festgelegte Ordnung. Unternehmen, die an offener Software Gefallen gefunden haben, unterschätzen oft den notwendigen kulturellen Wandel und die Beharrungsstrukturen, die bei ihren Entwicklern vorherrschen. Wir gehen davon aus, dass die Kunden, die zu uns kommen, schon in dieser Transformation drin sind und dass sie auch von der Rückendeckung profitieren können, die unser Framework rund um unsere Produkte bietet. Unsere Automatisierung erkennt sehr schnell, wenn etwas nicht zusammenpasst, falsch ge­ordert oder konfiguriert wird und greift schnell zum Vorteil des Kunden ein.
com! professional: Positiv gewendet heißt das?
Fischer: Kommt ein Interessent oder neuer Kunde zu uns, weil er sich in seinem Unternehmen eine Cloud-Foundry-Umgebung vorstellen kann oder sie schlicht einmal ausprobieren will, dann können wir ein konkretes Angebot präsentieren: entweder die Cloud-Foundry-Runtime von Pivotal (ehemals Teil von EMC) oder die Open-Source-Version der Founda­tion. Und wir als Anynines übernehmen Installation, Konfiguration, Services. Der Kunde verfügt dann über eine geeignete Plattform für Entwickler, die Bearbeitung von Programmen und die Speicherung der Daten.
com! professional: Aber Sie sind nicht gerade billig.
Fischer: Kann ich so nicht stehen lassen. 30.000 Euro jährlich sind nur ein Bruchteil von dem, was die großen etablierten Plattform-Hersteller verlangen. Deren Preise bewegen sich pro Jahr zwischen 300.000 und 3 Millionen Euro. Unser Produkt ist auch preislich so gestaltet, dass es für ein breites Spektrum von Kunden geeignet ist. Selbst wenn man die Infrastrukturkosten von zum Beispiel Amazon Web Services hinzurechnet, sind wir immer noch konkurrenzfähig mit deren Datenbankangeboten.
com! professional: Und Sie sind ein kleines Unternehmen mit geringeren Ausgaben.
Fischer: Wir sind jetzt 50 Leute. Da wir keine Venture-Kapitalgeber haben, sondern uns aus eigenen Mitteln finanzieren, ist unser Wachstum durch unsere Liquidität begrenzt. Das bedeutet, wenn unser Auftragsbuch voll ist, dann können wir uns unsere Kunden aussuchen. Wir müssen auch nicht irgendwelche Funktionäre beeindrucken. Da wir jetzt in den Markt von Großunternehmen vorgedrungen sind, müssen wir lernen, an diese zu verkaufen. Das war bisher eine lange und schmerzhafte Erfahrung. Bis zu einem Vertragsabschluss kann es sechs, zwölf oder mehr Monate dauern.
com! professional: Weil die so viele Instanzen haben und alle zustimmen müssen.
Fischer: Genau.
com! professional: Verwenden Sie mehrere Tools nebeneinander, einmal Open Source und einmal von einem professionellen Anbieter?
Fischer: Aus der Kooperation mit Pivotal nutzen wir die kommerzielle Version von Ops-Manager, einer grafischen Oberfläche zur Verwaltung des Lebenszyklus einer Applikation. Außerdem verwenden wir die freie Automatisierungstechnologie Bosh, um unsere Datenbank zu implementieren. Für die Verwaltung von Anwendungen gibt es noch eine Art Management-Dashboard von Pivotal, das aber nicht unbedingt von erfahrenen Entwicklern, die viel mit der Kommandozeile arbeiten, gebraucht wird.
Große Unternehmen legen allerdings viel Wert auf eine formale Absicherung ihrer Anwendungen und verlassen sich deshalb lieber auf solche Dashboards. Der Einsatz von Pivotal sieht eine intensive Betreuung der Kunden vor, einschließlich regelmäßiger Besuche durch Experten vor Ort, die die Kunden bei ihrer digitalen Transformation in Richtung Open Source unterstützen.
com! professional: Wie sehen Sie generell die Chancen für kommerzielle Anbieter von Open-Source-Software?
Fischer: Firmen wie Pivotal und andere haben oft ein Problem mit der Execution und dem angemessenen Wachstum. Die Organisation muss effektiv aufgebaut werden, was genügend Kapital erfordert. Man muss sich mit den Geldgebern – Venture Capital oder Investoren nach einem Börsengang – arrangieren, was oft zu Problemen führt. Zusätzlich spielt die konjunkturelle Landschaft eine Rolle. Sollte das allgemeine Investitionsklima kippen oder es kommt zu einer neuen Bubble, wird sich das schnell auf kommerziell ausgerichtete Start-ups auswirken. Das konnten wir jetzt schon ein paar Mal beobachten.
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