6G soll die Versprechen von 5G einlösen

Terahertz-Wellen

von - 26.04.2021
Messtechnik
Drahtlose Übertragung im Terahertz-Frequenzbereich: Bis 6G in rund zehn Jahren praxistauglich sein soll, ist noch viel Forschungsarbeit im Labor notwendig.
(Quelle: Rohde & Schwarz)
Eine Herausforderung bei der Forschung rund um 6G sind die hohen Frequenzbereiche, die später einmal genutzt werden sollen. So arbeiten die Forscher an der Nutzung von Frequenzen jenseits von 100 GHz, der damit einhergehenden Weiterentwicklung der Halbleitertechnologie sowie der Miniaturisierung und Integration von Antennen und Gehäuse.
Bis zum Standard LTE/4G spielt sich die gesamte Mobilkommunika­tion im Bereich unter 6 GHz ab. 5G nutzt 26 GHz, 28 GHz und 39 GHz, also erstmals das Spektrum oberhalb von 6 GHz.
Mit 6G plant man die Nutzung des Terahertz-Bereichs (THz). Vo­raussichtlich kommt das D-Band im Bereich von 0,11 bis 0,17 THz zum Einsatz. Darüber hi­naus könnte man laut Fraunhofer IZM auch Visible Light Communication (VLC) verwenden, einen op­tischen Kommunika­tionsansatz für die Nahbereichskommunikation, bei dem sichtbares Licht zwischen etwa 400 und 800 THz genutzt wird.
Bislang gibt es aber noch keine vollständigen Lösungen für einen Funk im Terahertz-Bereich. Die Forschung befasst sich unter anderem damit, die enorme Freiraumdämpfung zu überwinden, also die Reduzierung der Leistung bei der Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen.
So verhalten sich Terahertz-Wellen ähnlich wie Licht und durchdringen so gut wie keine Mauern. Da die Wellen nicht weit reichen, kann bereits ein Baum die Übertragung stören. Das gilt auch für schlechtes Wetter wie Regen oder Nebel. Eine Lösung können Mehrantennen-Architekturen mit Hunderten Antennen pro Mobilfunk-Basisstation sein, sogenannte MIMO-Architekturen (Multiple Input Multiple Output).
Terahertz-Wellen liegen zwischen dem Infrarot- und Mi-krowellenbereich. Entsprechende Empfänger sind noch vergleichsweise komplex und damit teuer. Erste Lösungsansätze für den Mobilfunk gibt es aber bereits: Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Diodenhersteller Virginia Diodes (VDI) einen besonders einfachen und kostengünstig herzustellenden Empfänger für Terahertz-Signale entworfen. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Schottky-Diode, die sich durch hohe Geschwindigkeit auszeichnet. Mit dem neuen Empfänger erreichten die Forscher über eine Entfernung von 110 Metern und eine Frequenz von 0,3 THz eine Datenübertragungsrate von 115 GBit/s. Nach Angaben des KIT ist das die höchste Datenrate, die bislang mit drahtloser Terahertz-Übertragung über mehr als hundert Meter demonstriert wurde.

Fazit & Ausblick

Auch wenn die Spezifikationen des 6G-Mobilfunks noch unklar sind, eines dürfte sicher sein: Auch die neue Mobilfunkgeneration wird eine Menge bisher noch undenkbarer Geschäftsmodelle ermöglichen. Das Fraunhofer IZM nennt als Beispiele die Entwicklung hochminiaturisierter, tragbarer medizinischer Sensoren, in Kleidung integrierte Sensoren oder implantierbare Sensoren, die eine kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter von gesunden wie kranken Menschen ermöglichen könnten. Über 6G-Netze könnten die Sensoren diverse Werte mit extrem geringer Verzögerung an Ärzte zur durchgehenden medizinischen Fernüberwachung in Echtzeit übertragen. Gesundheitliche Schwierigkeiten ließen sich so zeitnah erkennen.
Eine Vorhersage, welche Geschäftsmodelle der 6G-Mobilfunk tatsächlich einmal erlauben wird, wäre laut Bernhard Niemann vom Fraunhofer IIS jedoch „zum jetzigen Zeitpunkt eher ein Blick in die sprichwörtliche Kristallkugel“.
Bis es so weit ist, haben die Forscher, Hardware-Hersteller, Mobilfunkbetreiber und potenziellen 6G-Nutzer ohnehin noch genügend Zeit, sich über neue Geschäftsmodelle Gedanken zu machen. „Mit der Einführung von 6G ist ab dem Jahr 2030 zu rechnen, geht man von dem üblichen Zehn­jahreszyklus aus, der in der Vergangenheit zwischen zwei Mobilfunkgenerationen zu beobachten war“, erklärt Bernhard Niemann.
Die kommenden fünf Jahre wären deshalb primär von der Grundlagenforschung an den verschiedenen Basistechnologien geprägt. „Erst ab 2025 wird damit gerechnet, dass sich die Wissenschafts-Community mit der Definition der genauen Funktionsumfänge und der Ausarbeitung der notwendigen Spezifikationen beschäftigt.“
In jedem Fall ist es gut zu sehen, dass deutsche Forschungseinrichtungen wie die Fraunhofer-Gesellschaft oder das Karlsruher Institut für Technologie bereits an 6G arbeiten, hierzulande entsprechende Expertise aufbauen und den künftigen Standard mitprägen. Auch Unternehmen wie der Münchner Messtechnik-Spezialist Rohde & Schwarz tüfteln schon an künftigen Übertragungstechniken und Mobilfunktechnologien.
Und vielleicht gelingt dann mit 6G, was mit dem aktuellen 5G-Mobilfunk nicht möglich ist: ein Mobilfunknetz mit deutscher Technologie und Technik. Denn bei 5G kommt man beim Aufbau von Mobilfunknetzen nicht um die Geräte auslän­discher Anbieter wie Ericsson, Nokia oder Huawei herum.
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