Interview

„Ich orientiere mich an Eigenschaften“

von - 22.01.2024
Foto: Oracle
Andreas Kießling, Deutschland-Chef von Oracle, über die Cloud, das Laster einer ständigen Erreichbarkeit und Borussia Dortmund.
Small Talk, das etwas andere Interview: com! professional fragt Unternehmenslenker und IT-Führungskräfte – und nicht nur nach strikt professionellen Erfahrungen, sondern darüber hinaus nach Aspekten persönlicherer Natur und privaten Vorlieben. In dieser Ausgabe stellt sich Andreas Kießling, Deutschland-Chef von Oracle, den Fragen der Redaktion.
com! professional: Herr Kießling, Sie haben vor Kurzem das Ruder bei Oracle in Deutschland übernommen, Welche Herausforderungen warten auf Sie?
Andreas Kießling: Nach der Corona-Pandemie besteht eine große Herausforderung darin, der Belegschaft die Rückkehr aus dem Homeoffice ins Büro schmackhaft zu machen. Daher müssen wir deutlich zeigen, dass das Büro einen Mehrwert bietet.
com! professional: Oracle gilt als ziemlich zentral aufgestelltes Unternehmen. Wie viele Freiheiten hat man da als Deutschland-Chef?
Kießling: Zentral aufgestellt sein bedeutet nicht, dass alles zentral gesteuert wird, ohne wertvollen Input aus den Regionen einzuholen. Gerade Deutschland als großes Land ist wichtig für Oracle und selbstverständlich nehmen wir unsere Möglichkeiten wahr, Einfluss zu nehmen. Denn letztlich ist es an uns, uns Gehör zu verschaffen – und genau das tun wir auch.
com! professional: Oracle ist vergleichsweise spät ins Cloud-Geschäft eingestiegen. Wie wichtig ist die Cloud und welche Rolle spielt noch On-Premise?
Kießling: Unser Einstieg ins Cloud-Geschäft ist inzwischen schon lange her. Seither sind wir mit einem breiten und gut auf die Kundenanforderungen zugeschnittenen Cloud-Angebot am Markt. Cloud und On Premise haben beide eine lebendige Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – und wir sind in allen Belangen als verlässlicher Partner gut aufgestellt.
com! professional: In den Tag starten Sie…
Kießling: …immer mit einem Frühstück – am liebsten Müsli, denn mit leerem Magen lässt sich schlecht denken.
com! professional: Zur Arbeit fahren Sie am liebsten mit dem Auto oder dem öffentlichen Nahverkehr?
Kießling: In der Regel schwinge ich mich aufs Fahrrad und radle ins Büro. Mit dem E-Bike meistere ich die elf Kilometer lange Strecke ganz gut.
„Suchen Sie sich etwas, bei dem Sie alle beruflichen Alltagsgedanken abschalten können.“
com! professional: Ihr Arbeitsmotto lautet…
Kießling: Das Wichtigste: Behandle die Menschen so, wie Du auch selbst behandelt werden möchtest. Und das Zweitwichtigste: Ich bin nur erfolgreich, wenn mein Team erfolgreich sein kann. Meine Aufgabe ist es, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.
com! professional: Auf welchen sozialen Netzwerken sind Sie aktiv?
Kießling: Wirklich aktiv nutze ich nur LinkedIn.
com! professional: Ihr Tipp für eine Auszeit?
Kießling: Suchen Sie sich etwas, bei dem Sie alle beruflichen Alltagsgedanken abschalten können. Das gelingt uns allen während der Arbeitswoche immer seltener, weil wir durch moderne Kommunikationstechnologien immer erreichbar sind. Möglichkeiten, auf andere Gedanken zu kommen, gibt es viele – von einer anstrengenden Wanderung über eine handwerklich herausfordernde Tätigkeit bis hin zu einem fesselnden Buch oder einer Reise in einen anderen Kulturkreis. Abschalten heißt nämlich nicht, sich mal kurz hinzulegen, sondern den Kopf wirklich frei zu kriegen. Denn nur dann kann man sich tatsächlich erholen.
com! professional: Wer ist Ihr Vorbild?
Kießling: Ich habe keine Person als Vorbild, sondern Eigenschaften, an denen ich mich orientiere. Mich inspirieren Menschen, die Verantwortung übernehmen, auf die man sich blind verlassen kann, die zu ihrem Wort stehen und nicht „standpunktflexibel“ agieren.
„Das Wichtigste: Behandle die Menschen so, wie Du auch selbst behandelt werden möchtest.“
com! professional: Ihr Lieblingsessen ist…
Kießling: …eine Suppe. Dafür lasse ich fast alles stehen.
com! professional: Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Kießling: „The Rule of Laws: A 4000-Year Quest to Order the World”. Autorin ist die Anthropologin Fernanda Pirie. Darin wird spannend nachgezeichnet, wie sich Rechtssysteme bereits vor tausenden Jahren entwickelt und je nach Kulturkreis zu ihrer heutigen Form gefunden haben.
com! professional: Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen?
Kießling: Der letzte Film war „Für immer Adaline“. In unserer Familie ist es Tradition, jeden Samstag gemeinsam einen Film anzuschauen, den ein Familienmitglied im Wechsel aussucht – queerbeet von Action bis Romantik.
com! professional: An der Bar bestellen Sie…
Kießling: …erst einmal ein Bier als Durstlöscher, dann einen Gin Tonic und später am Abend vielleicht einen guten Whisky, aber nebenbei immer viel Wasser.
com! professional: Mit welcher berühmten Person würden Sie sich gerne einmal unterhalten?
Kießling: Ganz klar Helmut Schmidt – nicht nur, weil ich selbst Hamburger bin, sondern vor allem, weil ich seine geradlinige, strukturierte Art einfach mag.
com! professional: Zuletzt verblüfft hat Sie,…
Kießling: …dass Borussia Dortmund am letzten Spieltag der Fußballbundesliga der Herren den Titel noch aus der Hand gegeben hat.
com! professional: Was sind die Top 3 Ihrer Bucket List?
Kießling: Ich würde sehr gern China bereisen, um Land und Leute kennenzulernen und nicht nur touristische Highlights anzuschauen. Für mich ist es immer wichtig, einen Einblick in die Perspektiven meines Gegenübers zu erhalten. Das heißt nicht, dass ich jede Perspektive teile, aber ich möchte verstehen, wieso Menschen auf eine bestimmte Weise agieren. Und den chinesischen Kulturkreis finde ich unglaublich faszinierend. Zweitens würde ich gern einmal Polarlichter sehen. Außerdem möchte ich später nach meinem Ausstieg aus dem aktiven Berufsleben gern Geschichte studieren, um aus der Vergangenheit zu lernen, wie Menschen früher in einem bestimmten Kontext agiert und Situationen bewertet haben.
com! professional: Ihre größte Tugend ist…
Kießling: …Demut. Denn wir sollten uns immer wieder verdeutlichen, dass es uns verdammt gut geht.
com! professional: Und was ist Ihr größtes Laster?
Kießling: Ich kann meine Meinung manchmal nur schlecht für mich behalten. Daher bin ich auf ein Umfeld angewiesen, das damit umgehen kann, wenn ich mal nicht so zurückhaltend bin, wie ich es vielleicht gerne wäre.
com! professional: An IT fasziniert Sie,…
Kießling: …dass es unser Leben in unfassbarer Geschwindigkeit signifikant verändert hat und längst nicht mehr wegzudenken ist. Ich weiß noch, wie es früher war, eine fünfwöchige Reise durch die USA ohne Internet zu organisieren. Im Gegensatz dazu ist es erstaunlich zu sehen, wie Digital Natives in einer Welt aufwachsen, die von IT geprägt ist – ob ChatGPT oder andere KI-Anwendungen, die rasend schnell zu unserer Lebenswelt gehören. Dazu beizutragen und einen Teil davon aktiv zu gestalten, finde ich überaus faszinierend.
Zur Person
Andreas Kießling ist Deutschland-Chef von Oracle. Er über­nahm die Positionen des Country Leaders von Oracle Deutschland und des Vice President Technology Software Sales im Dezember 2022. Andreas Kießling startete seine Karriere bei Oracle im Jahr 2015 als Sales Director und hatte seitdem verschie­dene Positionen im Ver­trieb inne. Zuletzt war er für das Software-Lizenz­geschäft in Deutsch­land verant­wortlich. Kießling verfügt über 25 Jahre Berufserfahrung in der IT-Industrie und hatte führende Positionen bei namhaften Technologie­unternehmen wie SAS und IBM Deutschland inne.
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