Haufe HR-Software

Wir befinden uns im Transformationsprozess

von - 10.03.2015
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Unser Interviewpartner ist Markus Reithwiesner, CEO der Haufe Gruppe, die sich vom Buchverlag zum Anbieter für Business-Software aus der Cloud wandelt.
Die Haufe Gruppe war früher für ihre Bücher und Loseblattsammlungen bekannt, in denen etwa detailliert beschrieben wurde, was die Personalabteilung beim Verfassen von rechtskonformen Arbeitszeugnissen zu beachten hat. Diese „analogen“ Produkte machen heute nur noch vier Prozent des Umsatzes aus, mehr als 80 Prozent verdient Haufe mit Software, Cloud-Lösungen und Dienstleistungen. CEO Markus Reithwiesner erläutert, wie ihm dieser Transformationsprozess gelungen ist.
Markus Reithwiesner, CEO der Haufe Gruppe
Markus Reithwiesner, CEO der Haufe Gruppe
com! professional: Das Manager Magazin hat jüngst einen Artikel über Ihr Unternehmen überschrieben mit „Kannibalen aus Freiburg“. Fühlten Sie sich dadurch richtig dargestellt?
Markus Reithwiesner: Das ist absolut ein Kompliment für uns. Ich glaube, dass wir uns heute durch das Internet und die Digitalisierung der Wirtschaft in einem enormen Transformationsprozess befinden. Gerade im Verlagsbereich sind wir dabei mit dem Risiko konfrontiert, dass sich die analogen Euro gegen digitale Cent tauschen.
Es ist eine prinzipiell schwierige Entscheidung, das bisherige hochprofitable Geschäft stückweise zu riskieren, indem man den Kunden andere Lösungen im digitalen Umfeld anbietet, die mit höheren Kosten und niedrigeren Margen verbunden sind. Wir haben schon relativ früh diesen Weg gewählt.
com!: Aber wieso ist Kannibalisierung etwas Positives?
Reithwiesner: Der Begriff Kannibalen in diesem Zusammenhang kommt eigentlich daher, dass wir selbst festgestellt haben, dass ein radikaler Umbauprozess traditionelle eigene Produkte oder Abteilungen durch digitale Angebote angreifen oder „kannibalisieren“ kann. Und da ist es besser, wenn man sich selbst teilweise Konkurrenz macht, als wenn das ein anderes Unternehmen tut. Denn dann ist das Geschäft auf jeden Fall weg.
com!: In der Verlagsbranche gehören Sie zu den wenigen, denen es jetzt besser geht als früher.
Reithwiesner: Der Umbruchprozess ist in vollem Gang, mit vielen negativen Beispielen. So haben viele überregionale Tageszeitungen früher allein mit ihrem Stellenmarkt auf Papier so viel Umsatz gemacht wie heute ihr gesamtes Unternehmen, und viele haben noch nicht den richtigen Kurs gefunden. In ähnlicher Weise tun sich heute viele IT-Anbieter schwer, in das Cloud-Geschäft zu gehen, weil das natürlich das bestehende hochprofitable Lizenzgeschäft bedrohen würde.
com!: Was hat sich denn konkret in Ihrem Unternehmen geändert?
Reithwiesner: Unser Fokus hat sich sehr viel stärker geändert, als man es vielleicht auf unserer Webseite beobachten kann. Ein gutes Beispiel sind unsere Produkte zum Thema Arbeitszeugnisse: Früher hatten wir dazu Bücher im Portfolio, einschließlich Loseblattsammlungen, in denen akkurat beschrieben wurde, was man darf und was man nicht darf, was die Rechtsprechung sagt und so weiter.
80 % des Umsatzes erwirtschaftet die Haufe Gruppe heute mit Software und Lösungen.
Die Personalabteilungen und weitere Mitarbeiter mussten sich das alles aneignen, um rechtskonforme Arbeitszeugnisse zu schreiben. Heute verkaufen wir nur noch selten ein Buch oder ein Loseblattwerk dazu, sondern bieten mit dem Haufe Zeugnis-Manager eine Cloud-Lösung an: In einem abgestimmten Workflow im Unternehmen tragen Personalabteilung und Fachvorgesetzte Beiträge für ein Zeugnis zusammen. Dies soll interaktiv und intuitiv geschehen, um ein rechtssicheres Zeugnis schreiben zu können. Wer als zuständiger Manager eine Zwei oder Drei vergeben möchte, dem werden in diesem Workflow zum Beispiel geeignete Formulierungen vorgeschlagen.
com!: Wie sieht es jetzt mit der Aktualität des Produkts aus?
Reithwiesner: Gibt es neue Vorschriften und Gesetze, muss man nicht neue Kompendien anschaffen, sondern wir aktualisieren entsprechende Einträge in unserer Cloud-Software, sodass der Workflow immer auf aktualisierter Basis statt­findet. Kunden sparen so Zeit und Geld – und sind vor eventuellen Fehlern gefeit.
Wir sind einen langen Weg gegangen vom Buch und seinem begrenzten Nutzen zum webbasierten Tool, das neben der Vermittlung der notwendigen Informationen den Arbeits- und Ko­ordinationsprozess der Mitarbeiter organisiert.
com!: Funktionieren alle Ihre Softwareprodukte nach diesem Schema?
„In Deutschland ist man häufig vorsichtiger, als das in anderen Ländern der Fall ist.“
Reithwiesner: Ein klares Jein. Bei den Arbeitszeugnissen geht es um Prozesse und Kontrolle aller notwendigen Schritte, die es auch den Nicht-Fachleuten im Personalwesen erlauben, aufgrund der Programmschritte und -vorschläge mitzuarbeiten und Entscheidungen zu treffen. Bei anderen Softwarelösungen zum Beispiel im Bereich Human Resources (HR) wie Umantis Talent Management geht es um komplette Arbeitsprozesse, die dort abgebildet werden: Beim Bewerber-Management in der HR-Abteilung kann man die Bewerber klassifizieren und strukturieren bis hin zu den Briefings derjenigen, die die Interviews durchführen und die später ihr Feedback in das Programm eingeben können. Oder man kann die Bewertungskriterien hinterlegen und auswerten – alles richtige Workflow-Tools, die hier dahinterstecken. Je nachdem welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten, wird die Software entsprechend angepasst.
com!: Wo kann jetzt eine Software genau helfen und zum Beispiel bei Einstellungsgesprächen für mehr Objektivität sorgen?
Reithwiesner: Man muss zwei Ebenen unterscheiden. Wo kann eine Software wirklich dem einstellenden Unternehmen helfen, solche Prozesse transparenter, effektiver und kontrollierbarer zu gestalten. Ein Stück weit sind wir ja heute schon verpflichtet, solche Dinge auch zu dokumentieren. Es kann zum Beispiel sichergestellt werden, dass Termine nicht verschleppt werden oder dass das Feedback mehrerer Interviewpartner des Bewerbers dokumentiert wird. Was das System nicht machen kann, sind Ebenen wie persönliche, subjektive Eindrücke auf Seiten der Entscheidungsträger bei Einstellungsgesprächen völlig auszuschließen. Der „Human Factor“ kann allerdings durch eine stringente Organisation – gerade in größeren Unternehmen – in gewisser Weise eingedämmt werden. Durch eine von der Softwarenutzung herbeigeführte Versach­lichung und Protokollierung zeigt sich unter Umständen auch, dass ein Bewerber sehr gut zu einem anderen Posten passen würde.
Derartige Tools sind weniger geeignet für Firmen mit 50 bis 100 Mitarbeitern, sondern spielen ihre Vorteile ab 2000 und  mehr Mitarbeitern aus, wo solche Arbeitsprozesse prinzipiell straffer und transparenter organisiert sein müssen.
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