Haufe HR-Software
Wir befinden uns im Transformationsprozess
von
Hartmut
Wiehr - 10.03.2015
Foto: Shutterstock.com / Login
Unser Interviewpartner ist Markus Reithwiesner, CEO der Haufe Gruppe, die sich vom Buchverlag zum Anbieter für Business-Software aus der Cloud wandelt.
Die Haufe Gruppe war früher für ihre Bücher und Loseblattsammlungen bekannt, in denen etwa detailliert beschrieben wurde, was die Personalabteilung beim Verfassen von rechtskonformen Arbeitszeugnissen zu beachten hat. Diese „analogen“ Produkte machen heute nur noch vier Prozent des Umsatzes aus, mehr als 80 Prozent verdient Haufe mit Software, Cloud-Lösungen und Dienstleistungen. CEO Markus Reithwiesner erläutert, wie ihm dieser Transformationsprozess gelungen ist.
Markus Reithwiesner, CEO der Haufe Gruppe
Markus Reithwiesner: Das ist absolut ein Kompliment für uns. Ich glaube, dass wir uns heute durch das Internet und die Digitalisierung der Wirtschaft in einem enormen Transformationsprozess befinden. Gerade im Verlagsbereich sind wir dabei mit dem Risiko konfrontiert, dass sich die analogen Euro gegen digitale Cent tauschen.
Es ist eine prinzipiell schwierige Entscheidung, das bisherige hochprofitable Geschäft stückweise zu riskieren, indem man den Kunden andere Lösungen im digitalen Umfeld anbietet, die mit höheren Kosten und niedrigeren Margen verbunden sind. Wir haben schon relativ früh diesen Weg gewählt.
com!: Aber wieso ist Kannibalisierung etwas Positives?
Reithwiesner: Der Begriff Kannibalen in diesem Zusammenhang kommt eigentlich daher, dass wir selbst festgestellt haben, dass ein radikaler Umbauprozess traditionelle eigene Produkte oder Abteilungen durch digitale Angebote angreifen oder „kannibalisieren“ kann. Und da ist es besser, wenn man sich selbst teilweise Konkurrenz macht, als wenn das ein anderes Unternehmen tut. Denn dann ist das Geschäft auf jeden Fall weg.
com!: In der Verlagsbranche gehören Sie zu den wenigen, denen es jetzt besser geht als früher.
Reithwiesner: Der Umbruchprozess ist in vollem Gang, mit vielen negativen Beispielen. So haben viele überregionale Tageszeitungen früher allein mit ihrem Stellenmarkt auf Papier so viel Umsatz gemacht wie heute ihr gesamtes Unternehmen, und viele haben noch nicht den richtigen Kurs gefunden. In ähnlicher Weise tun sich heute viele IT-Anbieter schwer, in das Cloud-Geschäft zu gehen, weil das natürlich das bestehende hochprofitable Lizenzgeschäft bedrohen würde.
com!: Was hat sich denn konkret in Ihrem Unternehmen geändert?
Reithwiesner: Unser Fokus hat sich sehr viel stärker geändert, als man es vielleicht auf unserer Webseite beobachten kann. Ein gutes Beispiel sind unsere Produkte zum Thema Arbeitszeugnisse: Früher hatten wir dazu Bücher im Portfolio, einschließlich Loseblattsammlungen, in denen akkurat beschrieben wurde, was man darf und was man nicht darf, was die Rechtsprechung sagt und so weiter.
com!: Wie sieht es jetzt mit der Aktualität des Produkts aus?
Reithwiesner: Gibt es neue Vorschriften und Gesetze, muss man nicht neue Kompendien anschaffen, sondern wir aktualisieren entsprechende Einträge in unserer Cloud-Software, sodass der Workflow immer auf aktualisierter Basis stattfindet. Kunden sparen so Zeit und Geld – und sind vor eventuellen Fehlern gefeit.
Wir sind einen langen Weg gegangen vom Buch und seinem begrenzten Nutzen zum webbasierten Tool, das neben der Vermittlung der notwendigen Informationen den Arbeits- und Koordinationsprozess der Mitarbeiter organisiert.
com!: Funktionieren alle Ihre Softwareprodukte nach diesem Schema?
com!: Wo kann jetzt eine Software genau helfen und zum Beispiel bei Einstellungsgesprächen für mehr Objektivität sorgen?
Reithwiesner: Man muss zwei Ebenen unterscheiden. Wo kann eine Software wirklich dem einstellenden Unternehmen helfen, solche Prozesse transparenter, effektiver und kontrollierbarer zu gestalten. Ein Stück weit sind wir ja heute schon verpflichtet, solche Dinge auch zu dokumentieren. Es kann zum Beispiel sichergestellt werden, dass Termine nicht verschleppt werden oder dass das Feedback mehrerer Interviewpartner des Bewerbers dokumentiert wird. Was das System nicht machen kann, sind Ebenen wie persönliche, subjektive Eindrücke auf Seiten der Entscheidungsträger bei Einstellungsgesprächen völlig auszuschließen. Der „Human Factor“ kann allerdings durch eine stringente Organisation – gerade in größeren Unternehmen – in gewisser Weise eingedämmt werden. Durch eine von der Softwarenutzung herbeigeführte Versachlichung und Protokollierung zeigt sich unter Umständen auch, dass ein Bewerber sehr gut zu einem anderen Posten passen würde.
Derartige Tools sind weniger geeignet für Firmen mit 50 bis 100 Mitarbeitern, sondern spielen ihre Vorteile ab 2000 und mehr Mitarbeitern aus, wo solche Arbeitsprozesse prinzipiell straffer und transparenter organisiert sein müssen.