KI schafft Chancen für den Mittelstand
Chancen und Potenziale
von Anna Kobylinska - 12.12.2019
KI-Chancen: Experten zufolge dürfen sich KMUs am meisten von Prozessoptimierungen durch KI erhoffen, am wenigsten in puncto IS-Sicherheit und Personalaufwand.
(Quelle: Begleitforschung Mittelstand-Digital, WIK GmbH (n = 33) )
An der Umfrage haben zwischen November 2018 und Februar 2019 40 ausgewählte Experten aus Forschungs- und Transferinstitutionen sowie Verbänden teilgenommen, insbesondere aus Bereichen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Implementierung in der Praxis. Zu nennen sind hier etwa das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt, das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen, das Institut für Neuro- und Bioinformatik (INB) der Universität Lübeck sowie mehrere Fraunhofer-Institute (IGP, IPA, IGCV).
Zentrale Erkenntnisse der Studie lauten: 77 Prozent der Experten stufen KI als „bedeutend“ für die Zukunft des deutschen Mittelstands ein, 70 Prozent sehen in der internationalen KI-Entwicklung eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands. Und als wesentliche Aufgabe wurde der Transfer von der Forschung in die Anwendung identifiziert.
„Der Mittelstand hat eine große Chance, durch eine intensive Betrachtung seines Geschäfts und seiner Prozesse in Hinblick auf mögliche KI-Anwendungen zu innovieren und zu optimieren“, resümiert denn auch Thomas Martinetz, Direktor des Instituts für Neuro- und Bioinformatik an der Universität Lübeck. Die Erwartungen an KI seien mittlerweile zwar sehr hoch, da werde es Enttäuschungen geben, aber es würden auch „viele solide Anwendungen mit großem Mehrwert dabei herauskommen“, führt er aus.
Auch Martin Ruskowski, Leitung Forschungsbereich Innovative Fabriksysteme am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) Kaiserslautern, sieht in Künstlicher Intelligenz „eine große Chance“ für den Mittelstand. Man dürfe sich KI jedoch nicht als ein großes, kompliziertes System vorstellen. Vielmehr gehe es um „verschiedene kleine Bausteine, die gewisse Problemaspekte adressieren und lösen“. KI könne somit dem Menschen in Büro und Produktion zur Seite stehen. Sie könne große Datenmengen auswerten, aufbereiten und den Menschen mit daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen unterstützen. Auch könne sie Bilder analysieren, den Mitarbeitern viele manuelle Eingaben abnehmen oder das Ergebnis bestimmter Bewegungsabläufe überprüfen.
Am Scheideweg
Die Verbreitung von KI-Lösungen im Mittelstand könne grundsätzlich auf zwei Wegen geschehen, so die Experten in der Befragung des WIK. Zum einen sei die Implementierung von KI in die eigenen Prozesse, Produkte oder Services in Form von proprietären Entwicklungen denkbar. Zum anderen könnten Unternehmen auf KI-Dienste von Drittanbietern, zum Beispiel auf KI-as-a-Service-Angebote in der Cloud, zugreifen. Den befragten Experten zufolge wird der Mittelstand vorrangig den zweiten Weg einschlagen. Als Grund dafür nannten sie die niedrigeren Anforderungen an das IT-Know-how im eigenen Unternehmen (im Vergleich zur proprietären Entwicklung einer eigenen KI-Lösung), geringere Anfangsinvestitionen durch nutzungsbezogene Abrechnungsmodelle und überschaubare finanzielle Risiken. Die Implementierungsphase von KI lasse sich zudem durch Standardlösungen deutlich verkürzen (Time-to-Value).
Oft dürfte für KMUs die Nutzung von KI-Diensten von Drittanbietern auch die einzige Möglichkeit der Einbindung von KI-Lösungen darstellen, denn gerade in kleinen Unternehmen fehlt vielfach die Infrastruktur für proprietäre KI-Lösungen wie Rechenkapazitäten, Fachkräfte und Daten. „KI-as-a-Service-Angebote sollten von den KMUs als eine Art kreative Toolbox gesehen werden“, argumentiert deshalb Martin Ruskowski. Aus diesen KI-Bausteinen könnten KMUs je nach individuellem Bedarf die passenden Services auswählen. „Gerade die flexiblen mittelständischen Unternehmen können diese Lösungen nutzen und sie für ihre Produktion oder ihre Produkte einsetzen“, erklärt Ruskowski.