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Stärkerer Jugendschutz im Internet

von - 20.04.2021
Online Gambling
Foto: Marko Aliaksandr / shutterstock.com
Eine Reform des Jugendschutzgesetzes verschärft die Vorschriften für die Alterseinstufung. Beispielsweise sollen Medieninhalte stärker überprüft werden.
Der Bundestag hat am 5. März das Jugendschutzgesetz geändert. Verbände wie Bitkom und VAUNET hatten das Reformvorhaben bis zuletzt kritisiert. Sie bemängelten, dass die Zuständigkeiten nur unklar geregelt seien und die Anbieter von Telemedien durch das komplexe Zusammenspiel von Jugendschutzgesetz, Jugendmedienschutzstaatsvertrag, Netz­werkdurchsetzungsgesetz und Telemediengesetz überfordert würden. Inhaltlich will die Reform den Jugendschutz bei digitalen Angeboten effektiver ausgestalten. 
Eine zentrale Neuheit dabei ist, dass die Bewertung der Alterseinstufung von Medien nun auch „außerhalb der medieninhaltlichen Wirkung liegende Umstände“ berücksichtigen soll. Hinter dieser komplexen Formulierung steckt eine starke Erweiterung der Bewertungsgrundlagen. So soll bei der Prüfung von Medien neben dem Inhalt verstärkt untersucht werden, ob sie eine exzessive Nutzungsweise fördern, ob uneingeschränkte Kaufmöglichkeiten eröffnet werden oder ob personenbezogene Daten an Dritte übermittelt werden.

In-Game-Käufe und Chats

Die Regelung zielt damit ausdrücklich auf Suchtpotenziale und Glücksspielelemente in Spielen für Jugendliche ab. Videospielanbieter erzielten in Deutschland mit Kaufmöglichkeiten in Spielen vorletztes Jahr 2,25 Milliarden Euro Umsatz. Der Markt könnte sich durch die neuen Regeln also erheblich verändern. Neben In-Game-Käufen sollen auch „uneingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten“ eine höhere Alterseinstufung rechtfertigen. Gemeint sind damit etwa Chat-Funktionen in Spielen, da über solche Kanäle nicht nur Cybermobbing, sondern auch Cybergrooming möglich wäre, also das gezielte Ansprechen von Jugendlichen, um sexuelle Kontakte anzubahnen.
Auch mit den neuen Regeln wird es jedoch maßgeblich darauf ankommen, wie diese von den Behörden durchgesetzt werden. Bereits jetzt klaffen in Teilen der digitalen Welt gesetzliche Bestimmungen und Praxis im Jugendschutz oft weit auseinander. So haben Webseiten mit potenziell jugendgefährdenden Inhalten oft nur eine Checkbox, mit der der Nutzer sein Alter bestätigt. Dass solche Bestätigungen keine sichere Zugangskontrolle darstellen, ist schon lange bekannt und gerichtlich geklärt. Einige Landesmedienanstalten hatten bereits Mitte letzten Jahres angekündigt, verstärkt gegen Internetangebote ohne effektive Zugriffsschranken vorgehen zu wollen. Schlimmstenfalls drohen Betreibern solcher Angebote Zugriffssperren. Die Host-Provider sind Aufforderungen zur Sperrung diverser Angebote aus Gründen des Jugendschutzes bislang aber nicht nachgekommen. Sie begründen dies damit, dass die Landesmedienanstalten vor einem solchen Sperrverlangen zunächst alle anderen Mittel ausschöpfen müssten.
Auch jenseits der Netzsperren bestehen jedoch Durchsetzungsmöglichkeiten. So können mit dem neuen Jugendschutzgesetz bei Verstößen künftig Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro verhängt werden. Anbieter mit Unternehmenssitz außerhalb Deutschlands müssen zudem einen Empfangsbevollmächtigten in Deutschland benennen, über den die Kommunikation mit den Behörden abgewickelt werden kann.
Die neuen Regelungen sind zum 1. April 2021 in Kraft getreten. Das heißt für betroffene Unternehmen, Inhalte und Geschäftsmodelle alsbald zu überprüfen. Allgemein ist zu empfehlen, bereits bei der Konzeption neuer Apps auf jugendschutzrechtliche Vorgaben zu achten. Die nachträgliche Anpassung kann zu vermeidbaren Verzögerungen und Kosten führen.
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