Datenanalysen schlagen das Bauchgefühl

Trends in der BI

von - 01.07.2019
Umsatzpotenzial von Business Intelligence
Gute Aussichten für Anbieter: Das Umsatzpotenzial von Business Intelligence soll bis 2022 stetig auf 260 Milliarden Dollar anwachsen.
(Quelle: Statista / IDC *Prognose )
Ein nicht ganz neuer, aber sich ausweitender Trend in der Business Intelligence ist Selfservice BI. Dabei geht es darum, dass mehr Mitarbeiter Zugang zu den Daten haben und über Werkzeuge verfügen, um sie zu verarbeiten. Das Analysieren von Daten soll nicht mehr ausschließlich eine Angelegenheit der IT-Abteilungen sein. Vielmehr sollen auch die Fachabteilungen Daten auswerten können, immerhin kennen sie sich am besten mit der jeweiligen Materie aus. Die Anwender in den Fachabteilungen können Daten aus den angeschlossenen Business-Applikationen wie CRM-Anwendungen, aus IoT-Systemen oder aus Datensilos in der Cloud beziehen. Selfservice BI soll es auch Nutzern, die wenig von Statistik wissen, ermöglichen, die gewonnenen Daten zu analysieren. Mit Data-Preparation-Tools lassen sich diese Daten automatisiert und ohne Programmierkenntnisse aufbereiten, um sie schließlich an die BI-Systeme für eine Auswertung weiterzuleiten.
Dies alles erledigen Mitarbeiter von ihrem Arbeitsplatz aus und ohne Hilfe der IT- oder Entwicklungsabteilung. Das spart Zeit und entlastet die Technikexperten. Zudem ist der Schulungsaufwand vergleichsweise gering. Ein Beispiel: Das Sales-Team eines Eisproduzenten analysiert frei verfügbare interne Daten und externe Daten wie demografische Angaben, regionale Vorlieben oder Wetterdaten, um Absatzpotenziale zu identifizieren und das Angebot und damit den Umsatz zu optimieren.
„Auf technologischer Seite benötigt ein Unternehmen zudem ein Data-Catalog-Werkzeug“, betont Jan Wetzke, Director Sales DACH bei Talend, einem Anbieter von Dateninte­grationslösungen. Damit erkennen Mitarbeiter, welche Datenquellen innerhalb eines Unternehmens vorhanden sind, und können diese im Selfservice-Verfahren nutzen.
Jan Wetzke
Jan Wetzke
Director Sales DACH bei Talend
https://de.talend.com
Foto: Talend
 „Auch auf BI-Ebene gilt die Weisheit: Garbage in, Garbage out.“
Peter Walker, Vice President EMEA North beim Software-Haus Information Builders, beobachtet bei Selfservice BI einen interessanten Wandel: „In der Vergangenheit haben viele Unternehmen reine Selfservice-Tools gekauft, den Fachabteilungen zur Verfügung gestellt und die Nutzer dann damit alleingelassen. Heute wollen die Unternehmen dieses Chaos wieder in den Griff bekommen. Viele entscheiden sich daher für den Einsatz einer unternehmensweiten BI-Plattform. Diese kombiniert leistungsstarke BI-Architekturen mit agilen Selfservice-Analysen, die allen Entscheidern zur Verfügung stehen.“ Mindbreeze-Geschäftsführer Fallmann wiederum konstatiert, dass Fachexperten aus Finanzabteilung, Vertrieb oder Marketing immer mehr Informationen in immer kürzerer Zeit analysieren müssen. Dabei verändert sich die Art und Weise, wie sie diese Informationen verarbeiten können, gerade sehr stark. „Besonders von den Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz profitieren die Anwender, denn es existieren mittlerweile Lösungen, die eine rasche themenspezifische Abfrage von Unternehmensdaten ermöglichen“, so Fallmann. Auch Machine-Learning-, Natural-Language-Processing- und Blockchain-Techniken kommen seiner Beobachtung nach in begrenzten Anwendungsszenarien bereits zum Einsatz.
Bastian Nominacher
Bastian Nominacher
Mitgründer und Co-CEO von Celonis
www.celonis.de
Foto: Celonis
„Ich glaube, dass in ein paar Jahren jedes größere Unternehmen Process-Mining-Technologie einsetzen wird.“
Ein zunehmend populäres Szenario ist Embedded Analytics. Dabei handelt es sich um Funktionen, die eng in bestehende Lösungen wie CRM-, ERP- oder Finanzsysteme inte­griert sind, um Entscheidungen im Zusammenhang mit sehr spezifischen Aufgaben zu unterstützen. Die Analysefunktionen wandern also in die Unternehmensanwendungen selbst. Auch die Auswertung ist dann direkt dort möglich. Anstatt statische Berichte für Kunden bereitzustellen, können Unternehmen interaktive Echtzeit-Analysen anbieten, auf die Kunden jederzeit, überall und auf jedem angeschlossenen Gerät zugreifen können - eine Art Analytics as a Service.
Process Mining
Eine noch recht neue analytische Disziplin nennt sich Process Mining. Dabei geht es darum, reale Prozesse zu erkennen, zu überwachen und zu verbessern, indem Wissen aus Ereignisprotokollen extrahiert wird, die in heutigen Informationssystemen leicht verfügbar sind.
Die theoretische Grundlage hierfür entwickelte Wil van der Aalst an der TU Eindhoven. Process Mining verwendet Datenspuren aus IT-Systemen wie SAP, Salesforce und anderen ERP- und CRM-Systemen, um den echten Geschäftsprozess zu rekonstruieren. Unternehmen sehen damit auf einen Blick und in Echtzeit, wie die Prozesse ablaufen. Das ist die Basis, um Prozessoptimierung zu starten.
Während Systemmodellierungs-Tools wie ARIS (Architektur integrierter Informationssysteme) den Soll-Prozess abbilden, stellt Process Mining den Ist-Prozess dar. Process Mining ist für Unternehmen auch deshalb attraktiv, weil es nicht nur zur Effizienzsteigerung, sondern auch im Bereich Compliance und bei Systemmigrationen und -transformationen eingesetzt werden kann, etwa beim Umstieg von SAP R3 auf S4/HANA.
Process Mining nutzt die in IT-Systemen gespeicherten Daten, um Ist-Prozesse in Echtzeit zu rekonstruieren und zu visualisieren. So lassen sich Abweichungen und Engpässe schnell identifizieren. „Ich glaube, dass in ein paar Jahren jedes größere Unternehmen Process-Mining-Technologie einsetzen wird“, ist Bastian Nominacher überzeugt, Mitgründer und Co-CEO von Celonis. Das Münchner Start-up ist auf Process Mining spezialisiert.
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