Innovationstag in München

Sigmar Gabriel: Das Digitale ist auch politisch

von - 27.09.2018
Sigmar Gabriel
Foto: Serviceplan
Zum 14. Mal lud die Serviceplan Gruppe mit Partnern in München zum Innovationstag. Ex-Außenminister Sigmar Gabriel eröffnete die Veranstaltung mit einer Rede über den digitalen Zeitgeist und ein Plädoyer für eine europäische "Digitalisierungs-Avantgarde".
Seine Frau hätte ihm geraten, den Gästen des 14. Innovationstages in München doch besser Aspirin als eine Rede mitzubringen, erklärte Ex-Außenminister Sigmar Gabriel gleich zu Beginn des Events im Haus der Kommunikation von Serviceplan. Schließlich sei Oktoberfest-Zeit, da stünde allen der Sinn nach etwas anderem. Gabriel entschied sich aber gegen den Rat seiner Frau und sprach in seiner Keynote über Europas Weg in die digitale Zukunft.
Für Lacher sorgte Gabriel bereits beim Einstieg auf die Frage von Moderator Wolfram Kons, was er sich denn von der anstehenden Landtagswahl in Bayern erhoffe. "Dass Horst Seehofer danach mehr Zeit für seine Märklin-Modelleisenbahn hat", so die Antwort des SPD-Mannes. Ernst wurde es dann aber gleich darauf: "Die Verantwortlichen in Berlin beschäftigen sich nicht mit Zukunftsfragen", so der Politiker. Europa könne es sich nicht leisten auszufallen. Das gelte vor allem im Digitalbereich.

Die "digitale Schweiz"

"Das Digitale ist auch politisch", so Gabriels Aussage. Denn durch Technologien wie Blockchain oder Künstliche Intelligenz würden demokratische und soziale Fragen neu verhandelt werden. Die Verteilung von Macht ändere sich. Es profitieren die bekannten GAFA (Google, Amazon, Facebook, Apple) und die BAT (Baidu, Alibaba, Tencent) - dazwischen ist kein Platz für Europa, so scheint es.
Das Problem für Gabriel besteht hier in der Geschwindigkeit, der "Ungleichzeitigkeit". Denn Veränderungen vollziehen sich inzwischen nicht mehr wie bisher gewohnt im Generationentakt. Die Disruption bringe einen enormen Speed mit sich, die neuen Antipoden seien die USA und China. Diese kämen mit dem neuen Tempo klar, Europa und Deutschland hingegen weniger. "Europa wird im neuen Geflecht keine Rolle spielen, es besteht die Gefahr, zur 'digitalen Schweiz' zu werden. Wirtschaftlich bedeutsam, politisch irrelevant", so Gabriels Mahnung.

Europäische Digitalisierungs-Avantgarde

Mit der Digitalisierung verändere sich auch die Wertschöpfungsmodelle, so der Außenminister a.D. weiter. Ging es früher primär um das Produkt, stehen heute Ideen und Plattformen im Vordergrund. Junge Menschen würden sich beispielsweise kein Auto mehr zum 18. Geburtstag wünschen, sie beschäftigen sich vielmehr mit dem Gedanken "Mobilität" und surfen dafür im Internet nach Ideen.
Deutschland sei in Sachen Digitalisierungsstandard, also beispielsweise der Infrastruktur, noch weit abgeschlagen im internationalen Vergleich. "Wir geben viel Geld für das Heute, aber wenig für das Morgen aus", so der Politiker. Er forderte zum Abschluss seiner Keynote:
  • eine bessere digitale Kompetenz und eine
  • bessere Vermittlung von Orientierungswissen in den kommenden Jahren sowie
  • eine neue Definition von Datenschutz - Gabriel plädiert hier für "Datensouveränität".
  • Auch solle man sich nicht von Algorithmen entmündigen lassen und eine europäische "Digitalisierungs-Avantgarde" anstreben.
Der Innovationstag der Serviceplan Gruppe beschäftigt sich seit jeher mit neuartigen Zukunftsstrategien, Trends der Marketing- und Kommunikationsbranche sowie technologischen Entwicklungen. Den Event veranstaltet Serviceplan jährlich, 2018 mit den Partnern IP Deutschland, Frankfurter Allgemeine Zeitung, G+J e|MS, Antenne Bayern und Samsung. Eingeladen waren mehr als 400 Vorstände, Geschäftsführer und Markenverantwortliche aus Wirtschaft, Medien und Politik.
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