IMHO

Schafft doch endlich den Datenschutz ab

von - 19.03.2014
Der amerikanische Geheimdienst NSA kann weltweit alle Telefonate Ziellandes mitschneiden. Na und? Verabschiedet Euch doch endlich vom Datenschutz!
Foto: Fotolia - Freshidea
Der amerikanische Geheimdienst NSA kann weltweit alle Telefongespräche mitschneiden. Na und? Verabschiedet Euch doch endlich vom Datenschutz!
Friedensnobelpreisträger Barack Obama braucht Ruhe an der Datenfront. Deshalb bekräftigte er noch im Januar 2014 anlässlich der Mini-NSA-Reform, „dass die Vereinigten Staaten nicht normale Leute ausspionieren, die unsere nationale Sicherheit nicht gefährden.“ Gerade einmal zwei Monate später berichtet nun die „Washington Post“, dass der amerikanische Geheimdienst NSA sämtliche Telefonanrufe eines Ziellandes mitschneiden kann. Um das Ganze mal mit George Orwells Neusprech zu kommentieren: Doppelplusungut!

„Verabschiedet Euch endlich vom Datenschutz!“ - Stefan Kuhn, com! Magazin.
„Verabschiedet Euch endlich vom Datenschutz!“ - Stefan Kuhn, com! Magazin.
Die Aufregung hierzulande ist verständlich, doch im Grunde geheuchelt. Während die zahlreichen Datenkraken im Internet das große Geschäft wittern, halten es unsere Regierungen mit den Datenschutzbeauftragten längst wie Könige mit ihren Hofnarren. Sich verabschieden vom Datenschutz, statt neue Datenschutzgesetze zu verabschieden - das scheint unter der Hand die große Maxime der Mächtigen zu sein.

Wen verwundert es da, dass die längst überfällige EU-Datenschutzreform kaum Fortschritte macht. Inzwischen erwarten EU-Diplomaten, dass die Überarbeitung einer Uralt-Richtlinie aus der Internetsteinzeit – wenn überhaupt – erst im nächsten Jahr stehen wird. Und Deutschland bremst kräftig mit! Die deutschen Spitzenbeamten wollen schließlich den öffentlichen Sektor weitgehend aus der Verordnung ausklammern.

Das ist aus ihrer Sicht vielleicht auch gar nicht mal eine so schlechte Idee. In Zeiten, da das BKA private Firmen nach Kinderpornos suchen lässt, Meldeämter Adressen verkaufen und beispielsweise Briefe an die Arbeitsagenturen von der Deutschen Post (ausgezeichnet mit dem Big Brother Award 2013) geöffnet und einscannt werden, sollte man Bußgelder für öffentliche Institutionen besser schon bei der Gesetzgebung vermeiden.

Und was ist nun mit den normalen Leuten, die die nationale Sicherheit nicht gefährden? Die wären vielleicht am besten dran, wenn die Heuchelei aufhört. Sagt den Menschen, dass ihre Daten nicht sicher sind. Nirgendwo. Weder bei Google oder Facebook noch beim Staat.

Öffnet den Datenschutzmarkt und lasst das ohnehin nicht mehr existierende Staatsmonopol endlich fallen. Das Erheben, Verarbeiten und Nutzen privater Daten wird in einer global vernetzten Welt ohnehin kein Gesetz verhindern können.
Eines ist doch klar: Der mündige Bürger muss künftig selbst für einen akzeptablen Datenschutz-Mindeststandard sorgen. Er muss seine Online-Dienste gezielt auswählen und seine Kommunikation mit geeigneter Hard- und Software absichern. Was wir brauchen, das sind abhörsichere Smartphones und andere innovative Produkte, doch der scheinheilige Datenschutz von Staats wegen behindert deren Entwicklung.
Verwandte Themen