Wirtschaft fordert mehr Corona-Hilfen

Bezahlter Sonderurlaub für Eltern gefordert

von - 07.01.2021
Die IG BAU forderte einen bezahlten Sonderurlaub für Eltern im Lockdown. "Bauarbeiter und Reinigungskräfte können weder Homeoffice machen noch sich zu Hause um die Kinder kümmern", erklärte Gewerkschaftschef Robert Feiger am Mittwoch und verlangte eine stärkere Entlastung der betroffenen Beschäftigten. Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Susanne Ferschl, schlug eine Anhebung des Kurzarbeitergelds für Niedriglohnbeziehende auf 100 Prozent vor.
Auf Fahrgäste im Regionalverkehr wie Pendler kommen Änderungen zu. Die regionalen Verkehrsunternehmen wollen das volle Bahn- und Busangebot aber zumindest in den Stoßzeiten aufrechterhalten. Dies soll vor allem für diejenigen geschehen, "die mobil sein und zwingend zur Arbeit müssen", teilte der Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Ingo Wortmann, mit.
Die Deutsche Bahn kündigte an, das Angebot im Fernverkehr zu reduzieren: "Ab dem 7. Januar wird die DB ihren Fahrgästen bis auf Weiteres rund 85 Prozent des normalen Sitzplatzangebotes zur Verfügung stellen." Damit werde im Fernverkehr ein Grundtakt aufrechterhalten. Es werde aber Anpassungen im Angebot geben, so die Bahn.
Der Tourismusverband bezeichnete die Maßnahmen als schmerzlich, aber nachvollziehbar. "Es war ein Fehler, mit den Beschlüssen vom 28. Oktober 2020 den Deutschlandtourismus auf Null zu setzen, aber auf Maßnahmen in anderen Bereichen zu verzichten. Das rächt sich jetzt und verlängert den Lockdown", sagte DTV-Geschäftsführer Norbert Kunz.
Ökonomen halten die wirtschaftlichen Folgen einer Einschränkung des Bewegungsradius' für überschaubar. "Wenn die berufliche Mobilität weiter möglich bleibt, dürften sich die wirtschaftlichen Zusatzkosten in Grenzen halten", sagte Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW), der "Welt". Touristik, Gastronomie, Shoppingausflüge seien ohnehin nicht möglich. Auch aus Sicht von Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), ist entscheidend, dass die Fahrt zum Produktionsort möglich bleibe.

Folgen des verlängerten Lockdowns

Auch die Folgen des verlängerten Lockdowns schätzen Ökonomen als eher gering ein. Dies sei für betroffene Branchen, vor allem Einzelhandel und Gastronomie, schmerzlich, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest der "Welt". Aber man dürfe nicht übersehen, dass große Teile der Wirtschaft, vor allem Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, geöffnet blieben. Ähnlich sieht dies IW-Direktor Hüther. Entscheidend sei, dass die Industrie nicht in Mitleidenschaft gezogen werde.
Beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht man davon aus, dass die Verlängerung des harten Lockdowns nur kurzfristig auf der wirtschaftlichen Erholung lastet. "Werden die Infektionszahlen damit effektiv gedrückt, ist eine kräftige Erholung im Frühjahr möglich", sagte DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen der Zeitung. Der ehemalige Manager und Unternehmer Roland Berger erwartet, dass die deutsche Wirtschaft spätestens in zwei Jahren ihr Vorkrisenniveau wieder erreicht haben wird. Die Coronakrise habe keinen Dauereinbruch verursacht, sie führe zu einem Innovationsschub, sagte Berger der "Bild" (Mittwoch).
Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) fordert ein Mindestkurzarbeitergeld von 1.200 Euro und eine Corona-Sofortnothilfe von einmalig 1.000 Euro. "Die Löhne von Kellnern oder Köchinnen sind ohnehin niedrig - das Kurzarbeitergeld reicht da auf Dauer einfach nicht", bekräftigte NGG-Chef Guido Zeitler in den Zeitungen der "Funke Mediengruppe". Laut "Lebensmittel-Zeitung" fordert auch Verdi, das Kurzarbeitergeld auf mindestens 1.200 Euro pro Monat aufzustocken.
Kritik kam auch aus der Immobilienwirtschaft. Es sei nun besonders wichtig, dass Hilfen schnell und unbürokratisch fließen, forderte der Zentrale Immobilien-Ausschuss. "Aus den Novemberhilfen dürfen nicht erst Frühjahrshilfen werden", sagte Präsident Andreas Mattner. "Damit auf die Coronawelle keine Insolvenzwelle folgt, muss jetzt gehandelt werden, die vom Lockdown betroffenen Unternehmen stehen am Rande des Ruins, die Städte in Deutschland werden ihr Gesicht verlieren".
Neue Test-Regeln für Einreisende aus Corona-Risikogebieten stießen auf Kritik der Luftverkehrsbranche. Ihr Verband BDL verlangte ein Ende der "kaum zu kontrollierenden Quarantänebestimmungen", wenn künftig zusätzlich zu dem nach fünf Tagen fälligen Corona-Test ein weiterer unmittelbar vor der Einreise verlangt wird. Ein Festhalten an der pauschalen Quarantäne über zehn Tage sei "unverhältnismäßig".
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