Die Frachtlogistik von morgen ist digital

Digitale Speditionen sind im Kommen

von - 21.10.2016
Mit dieser Auffassung steht Heilemann, der vor Jahren gemeinsam mit seinem Bruder den Groupon-Clon Daily Deal gegründet und dann erfolgreich an Google verkauft hat, nicht allein da. Eine Vielzahl von Unternehmensgründern wittert derzeit die Chance, mit digitalen Geschäftsmodellen in der Logistik Geld zu verdienen. So zum Beispiel das auch in Berlin ­gegründete Start-up Instafreight, das ebenfalls als digitale Spedition antritt, sich im Gegensatz zu Freighthub aber auf den Landtransport konzentriert. Auch hier fragt der Kunde über die Plattform einen Transport an, indem er seine Sendungs­daten eingibt. Anschließend bekommt er einen Festpreis genannt, zu dem er den Transport direkt bei Instafreight online ­buchen kann. Die Abwicklung übernehmen von Instafreight geprüfte Speditionen.  
Ähnliche Dienste bieten das Erkrather Unternehmen Timocom sowie die US-Firmen Flexport und Haven an. Beide haben auch den europäischen Markt im Blick, Flexport hat schon ein Büro in Amsterdam eröffnet, Haven ist in Basel vertreten.

Den Auslandsversand vereinfachen

Ein anderes Geschäftsmodell verfolgt Parcelone, ein Start-up, das gerade unter dem Dach des Anbieters Awiwe Solutions entsteht. Ziel von Parcelone ist, kleinen und mittelgroßen Händlern den Versand ins Ausland zu erleichtern. Hat ein Händler beispielsweise an einem Tag zwei Sendungen nach Italien, fünf nach Österreich und drei in die USA, ist der Aufwand für ihn meist so groß, dass sich das Geschäft kaum lohnt. 
Das Konzept hier: Der Händler schickt die Pakete, die ins Ausland gehen sollen, gebündelt an Parcelone. Das Start-up sammelt die Sendungen im eigenen Lager in der Nähe von Frankfurt und übergibt sie dann an den entsprechenden Paketdienstleister für das jeweilige Land. Mit 25 Carriern arbeitet Parcelone bereits zusammen, darunter United States Postal Service, die Australia und die New Zea­land Post, Japan Post Service und die spanische Post Correos. Bis zum Jahresende sollen Verträge mit 30 Paketdienstleistern stehen. Der Versand ist weltweit möglich. 

Grenzüberschreitende Sendungsverfolgung

Die Vorteile für den Händler: Er erstellt nur ein einheitliches Versandlabel, egal wohin die Sendung geht, und erhält eine einheitliche Tracking-Nummer, über die das Paket lückenlos nachverfolgt werden kann. Zudem kann er frei wählen, in welche Länder er selbst liefern möchte und für welche er Parcelone nutzt. 
Die Liefergeschwindigkeit ist vergleichbar mit der von Wettbewerbern: "Fast alle Carrier bündeln die Auslandssendungen erst in einem zentralen Lager, etwa in Süddeutschland für den Versand nach Frankreich und Spanien oder im Norden der Republik für den Versand nach Skandinavien. Die angegebene Versandlaufzeit gilt immer ab diesen Ausgangsdepots", erklärt Evgenij Bazenov, Mitgründer und Geschäftsführer von Parcelone. Für Sendungen außerhalb der EU sei Parcelone oftmals sogar schneller, da beispielsweise Pakete in die USA ­direkt an die US-Post übergeben würden. "Wir liefern im Schnitt in sieben bis acht Tagen in die USA, egal ob Ost- oder Westküste. Bei anderen großen Carriern liegt das eher bei 14 Tagen", freut sich Bazenov. 

Anbindung über eine API erleichtert die Integration

Auch bei den Kosten hält er Parcelone für konkurrenzfähig: Ein 1-Kilo-Paket kostet zum Beispiel nach Österreich sechs Euro, nach Großbritannien sieben, in die USA zwölf. Der Händler bezahlt außer dem Porto nichts, es gibt keine Grundgebühr. Parcelone finanziert sich über die Differenz zwischen seinem Einkaufspreis als Großkunde bei den Carriern und dem Porto, das der Händler zahlt. Der Service wird über eine offene API an das IT-System des Shops angeschlossen. 
Diese Beispiele zeigen, wohin sich die Branche in den kommenden Jahren entwickeln wird: Ähnlich wie in anderen Branchen, zum Beispiel der Finanzwirtschaft, werden viele Start-ups entstehen, die mit neuen Services die Digitalisierung vorantreiben. Etablierte Player werden reagieren und ihre Services anpassen müssen. Und auch sie werden mit den Start-ups ­kooperieren oder deren Technologien und Know-how aufkaufen. Zumal die Start-ups untereinander auch keine Berührungsängste haben. So betrachtet Freighthub-Gründer Heilemann Instafreight mehr als komplementäres Angebot denn als Wettbewerber - Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen.
Verwandte Themen