Wobcom und Pure Storage

Wolfsburgs IT wird modernisiert

von - 26.10.2021
Foto: Wobcom
Die Wobcom GmbH, eine Tochter der Stadtwerke Wolfsburg, baut mithilfe von Pure Storage der VW-Stadt eine neue IT-Infrastruktur.
Im Jahr 1996 gründete die Stadt Wolfsburg die Wobcom GmbH als hundertprozentige Tochterfirma der Unternehmensgruppe Stadtwerke Wolfsburg AG. Sie gab damit der städtischen Infrastruktur eine neue Organisationsform. In „Wir über uns“ beschreibt sich die Wobcom auf ihrer Website so: „Wir versorgen seit 1996 Wolfsburg, Gifhorn und die Region mit modernen Telekommunikationsdienstleistungen aus den Bereichen Telefonie, Internet, Mobilfunk und TV und bieten mit rund 100 Mitarbeitern maßgeschneiderte Leistungen für Privat- und Geschäftskunden.“
Wolfsburg gehört zu den jüngsten Stadtgrūndungen in Deutschland. 1938 sollte sie unter dem Namen „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ als Wohnstadt für die Mitarbeiter des neuen Volkswagenwerks und seiner Rūstungs­produktion dienen. Heute ist sie mit etwa 125.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt Niedersachsens – ökonomisch noch immer geprägt vom Volkswagen-Konzern, der nach dem Weltkrieg mit dem KdF-Nachfolger VW Käfer seinen Aufstieg zum größten Autokonzern der Welt begann. Den Namen Wolfsburg erhielt die Stadt erst nach 1945. Das Volkswagenwerk beschäftigt allein in dieser Stadt heute etwa 50.000 Personen in Verwaltung und Produktion.
Hinzu kommt, dass neben VW weitere Unternehmen der Automobilindustrie die Wirtschaft Wolfsburgs bestimmen. Dazu gehören etwa Betriebe wie Sitech und Autovision, der IT-Dienstleister H&D International Group und die Schnellecke Group.
Die Bereiche der städtischen Infrastruktur wie Personennahverkehr, Energie, Telefon oder Internet sind stark von dieser Dominanz beeinflusst – ein Konzern wie VW und eine Stadt wie Wolfsburg als Hauptsitz dieses Unternehmens sind deshalb einem Qualitäts- und Modernisierungsdruck besonderer Art ausgesetzt. In Wolfsburg gibt es seit 2002 sogar eine eigene „AutoUni“ des VW-Konzerns für die Weiterbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter.

Für Business-Kunden geöffnet

Insofern ist Wolfsburg keine normale Stadt wie andere deutsche Städte. Giovanni Coppa, Head of Data Center and Cloud Innovation bei der Wobcom, ist Informatiker und arbeitet seit drei Jahren bei der Wobcom – ganz in der Nähe von VW. Coppa leitet Netzwerk und Infrastruktur, und zu seinen aktuellen Aufgaben gehören die Entwicklung der Open Data Platform, der Datenplattform der Stadt Wolfsburg, und das Projekt 5G für die Region Braunschweig und Wolfsburg.
Coppa berichtet: „Die Wobcom spielt eine starke Rolle in der Region, was frūher nicht der Fall war. Sie war sehr auf das frühere Kerngeschäft mit Privatkunden orientiert. Jetzt haben wir uns auch für Business-Kunden geöffnet. Wir haben ein großes eigenes Rechenzentrum für diesen Zweck aufgebaut, und damit verfügen wir über die geeignete Infrastruktur, um weitere Geschäftsmodelle zu entwickeln.“
Wie Coppa erläutert, war die Wobcom frūher sehr auf Telefonie konzentriert, doch seit ein paar Jahren habe die Digitalisierung auch die Stadtwerke erreicht, sodass sich das Betätigungsfeld stark ausgeweitet habe. Sein Bereich der Stadtwerke sei auch der Betreiber einer neuen Internetplattform innerhalb der Stadt, die sich von anderen Plattformen wie etwa der Telekom deutlich unterscheide. Man betreibe eine moderne Punkt-zu-Punkt-Verbindung auf der Basis einer reinen Glasfaser-Infra­struktur, die ohne die Komplexität früherer Netzwerke funktioniere.
Giovanni Coppa
Head of Data Center and Cloud Innovation bei der Wobcom GmbH
Foto: Wobcom
„Auf diesem technologischen Fundament können wir die zukünftigen Herausforderungen der Wobcom angehen (…) Mehr Win-Win für alle Beteiligten geht gar nicht.“
Aktuell gehe es darum, alle bisherigen aktiven Komponenten der städtischen Internetinfrastruktur umzuschalten, womit man fast jeden Punkt in der Stadt mit einer hohen Geschwindigkeit erreichen könne. Das Glasfasernetz werde jetzt in der ganzen Stadt verteilt und im Wobcom-Zentrum im Wolfsburger Nordkopf Tower verfüge man über sieben Stockwerke mit sieben Brandabschnitten für das neue Rechenzentrum, von wo aus auch dieses neue Netzwerk verwaltet werde.
Coppa hebt den Unterschied zu anderen Stadtwerken hervor: „Die Stadtwerke in Wolfsburg gehören noch zu den wenigen in Deutschland, die innerhalb der Stadt eine starke Präsenz haben. Wir verwalten viele unserer Gebäude und unsere Infrastruktur in Eigenregie. Deswegen arbeiten wir hier nicht mit eventuellen Partnerunternehmen zusammen. Die Wobcom und der öffentliche Nahverkehr (WVG) sind hundertprozentige Tochterunternehmen der Stadt.“
Zur neuartigen Ausrichtung der Wobcom gehört auch, dass sie, anders als andere Zweige der Stadtwerke in Wolfsburg, als GmbH organisiert und auf Gewinn hin orientiert ist. Für die praktische Umsetzung der komplexen Struktur dūrfen andere Abteilungen der Stadtwerke wie die Gebäude- oder Personalverwaltung genutzt werden. Auch mit Volkswagen gebe es Kooperationen, zum Beispiel bei dem 5G-Projekt. Business-Kunden spielen in einer Stadt wie Wolfsburg mit VW und den vielen um den Konzern herum angesiedelten speziellen Dienstleistern eine größere Rolle, weshalb die Stadtwerke nicht überwiegend auf Privatkunden ausgerichtet sein könnten, wie es in vielen deutschen Städten nach wie vor der Fall sei, berichtet Coppa. Fabriken und Zulieferer in der Stadt Wolfsburg benötigen leistungsstarke Internetleitungen.
Gartner platzierte Pure Storage im November 2020 bei den „Primary Storage Arrays“ ganz an der Spitze der „Leaders“.
(Quelle: Quelle: Gartner „Magic Quadrant for Primary Storage Arrays (Nov. 2020) )
Coppa illustriert dies anhand der aktuellen Situation: „Während der Corona-Pandemie haben viele unserer Kunden ihre Internetleitungen nach außen verdoppelt und verdreifacht. Und sie haben noch mehr Bandbreite bei uns bestellt. Warum? Viele Mitarbeiter aus der Industrie sowie Autohersteller und Lieferanten mussten zu Hause bleiben, und der Bedarf an Bandbreite ist gestiegen, um die vielen neuen parallelen Zugriffe zu bewältigen. Dafür braucht es aber auch mehr Bandbreite nach innen. Geradezu zeitlich und technisch passend hat die Wobcom 2016 mit dem Bau des neuen Rechenzentrums begonnen, Ende 2017 war es fertig. 2019 haben wir dann ein sehr großes Projekt gestartet, bei dem wir unsere Core-Switches neu aufgebaut und komplett automatisiert haben. Wir merkten bereits damals, dass die Internetnutzung allgemein exponentiell ansteigt. Insofern waren wir gut auf die Pandemie und ihre Folgen vorbereitet. Und wir können jetzt weiterwachsen, ohne dass wir auf Beschränkungen stoßen.“
Zufall oder Absicht? Man sollte vorsichtig damit sein, jetzt im Nachhinein der Wobcom und anderen Marktplayern mit ähnlichen Erfolgen so etwas wie weit ausholende Voraussicht zu attestieren. Realistischer ist es wohl, von einem Zusammenspiel von Technologie und zufälligem Zeitpunkt auszugehen. So gesehen haben viele Technologieanbieter und ein Teil ihrer Kunden von den – noch immer anhaltenden – Folgen der weltweiten Pandemiekrise profitiert. Die Wobcom war demnach in der glücklichen Lage, ziemlich genau zu einem unglūcklichen Zeitpunkt bei sich selbst neue technische Voraussetzungen geschaffen zu haben, mit denen man auf einmal als so etwas wie ein (unfreiwilliger) „Krisengewinnler“ erscheinen konnte.
Wie Coppa ausführt, befand sich sein Arbeitgeber Wobcom Mitte des Jahres 2020 in der Lage, im Wolfsburger Raum extrem gūnstige technische Bedingungen anbieten zu können: „Während des ersten Lockdowns im Sommer 2020 waren wir der einzige Rechenzentrums- und Internetbetreiber in Wolfsburg, der seine Leitungen nicht gedrosselt hat. Wir haben sogar für alle Fiber-to-the-Home-Kunden (FTTH) die Bandbreite auf 1 GBit/s erhöht, egal welchen Tarif sie gekauft hatten. Wir waren wohl der einzige Anbieter in ganz Deutschland, der die Qualität gehalten oder sogar erhöht hat.“
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