Unternehmens-Software wird intelligent

Im Gespräch mit Aljoscha Niazi Shahabi, Culsultant bei BTC

von - 09.12.2019
Aljoscha Niazi-Shahabi
Aljoscha Niazi-Shahabi: Consultant bei BTC
(Quelle: BTC )
Aljoscha Niazi-Shahabi, Consultant beim Technologieberater BTC, erklärt im Interview, welchen Nutzen Künstliche Intelligenz für Unternehmen haben kann - und welche Risiken lauern.
com! professional: Ist KI mehr als die Summe von Big Data und Machine Learning?
Aljoscha Niazi-Shahabi: Im Marketing und im unternehmerischen Jargon werden die Begriffe KI und Machine Learning häufig – und fälschlicherweise – synonym verwendet. Eigentlich ist Machine Learning ein Teilbereich der KI und bezeichnet einfach gesagt Algorithmen, die aus Daten lernen. KI bezeichnet Software, die Probleme selbstständig lösen kann, ist also deutlich weiter gefasst. Big Data ist in diesem Fall ein Hebel, der viele Potenziale von KI erschließt. In Unternehmen fallen sehr viele Daten an, die durch Big-Data- Technologie nutzbar und damit für KI-Ansätze verwertbar gemacht werden können.
Ich möchte aber erwähnen, dass man nicht zwangsläufig gigantische Datenmengen braucht, um Künstliche Intelligenz gewinnbringend einzusetzen. Je nach Anwendungsfall können auch schon aus kleineren Datenmengen wichtige Erkenntnisse gewonnen werden.
com! professional: Was kann KI in Business-Anwendungen leisten, und wo liegen die Grenzen?
Niazi-Shahabi: Da eine Maschine eine große Menge an Daten viel schneller verarbeiten kann als ein Mensch, entstehen prin­zipiell erst einmal große Potenziale – nicht nur, um Prozesse zu automatisieren und effizienter zu gestalten, sondern auch, um Mitarbeiter zu entlasten, weil die KI ihnen ständig wiederkehrende Aufgaben abnimmt. Auch die Qualität von Entscheidungen kann verbessert werden, wenn diese zusätzlich durch intelligente Systeme abgesichert werden.
Die Grenzen sehe ich vor allem in einer Vollautomatisierung. Das Ziel des KI-Einsatzes ist nicht, jeden Menschen zu ersetzen. KI kann eher eine Art Vorauswahl treffen und Menschen unterstützen. KI hat jedoch kein Konzept von Recht, Moral und sozialen Implikationen und damit auch kein korrektes Verständnis von der wirklichen Welt. Das bleibt selbstverständlich uns Menschen überlassen. Hierzu finden auf politischer Ebene aktuell an vielen Orten Diskussionen statt.
com! professional: Was sind die größten Herausforderungen bei der Integration von KI in bestehende Business-Prozesse?
Niazi-Shahabi: Die Herausforderungen sind tatsächlich vielfältig. Ein Problem ist beispielsweise die Integration heterogener Datenquellen. Daten existieren in Unternehmen in vielen unterschiedlichen Formaten und Quellsystemen und in unterschiedlicher Qualität. Diese so zu harmonisieren, dass sie von einem KI-Modell verarbeitet werden können, ist ein sehr aufwendiger und zeitintensiver Prozess.
Aber auch auf der Ebene Mensch gibt es noch viele Herausforderungen. Oft herrscht eine gewisse Skepsis gegenüber KI aufseiten der Mitarbeiter, unter anderem aus Angst, ersetzt zu werden. Hier ist gezielte Aufklärungsarbeit und Weiterbildung der Mitarbeiter ein wichtiger Schritt zur Integration von KI in das alltägliche Geschäft.
com! professional: Wie beurteilen Sie die Risiken einer Technik wie KI, welche Kontrollmöglichkeiten gibt es?
Niazi-Shahabi: Die Palette möglicher Anwendungen ist breit gefächert und reicht von medizinischer Diagnostik über autonom fahrende Autos bis hin zur Vorhersage von Störungen in indus­triellen Anlagen, um Probleme bereits im Vorfeld zu erkennen und zu verhindern. Damit einhergehend entstehen Risiken, die wir nicht außer Acht lassen dürfen.
Ein Beispiel dafür ist die Gefahr einer fehlenden Nachvollziehbarkeit maschineller Entscheidungen. Bei sehr komplexen KI-Modellen, die viele verschiedene Daten als Input bekommen, ist es für den Menschen sehr schwer zu verstehen, wie die Künst­liche Intelligenz zu einer Entscheidung gelangt. In einem automatisierten Kreditvergabeprozess dürfen Personengruppen nicht benachteiligt werden, ohne dass wir diese Entscheidung nachvollziehen können.
Ich bin sehr froh darüber, dass Europa im Gegensatz zu den USA oder China aktuell strenge ethische Regeln entwickelt, die sicherstellen, dass Systeme für die Künstliche Intelligenz zur Stärkung der Grundrechte beitragen und die Unabhängigkeit der Menschen nicht einschränken. Das ist ein wichtiger Grundstein für die sichere Integration von Künstlicher Intelligenz in unsere Gesellschaft.
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