Cloud-Sourcing
Der steinige Weg zum Multi-Cloud-Management
von
Oliver
Schonschek - 23.07.2019

Foto: Bild: Shutterstock / dny3d
Der Einsatz mehrerer Dienste erhöht die Flexibilität, erschwert aber auch das Management. Im Detail unterscheiden sich die Dienste oft zu sehr, um eine übergreifende Verwaltung zu erlauben.
Wenn es um Cloud-Computing geht, stehen gegenwärtig zwei Konzepte im Mittelpunkt: die Hybrid Cloud als Nutzung von Cloud-Diensten in Verbindung mit On-Premise und die Multi-Cloud. Bei Multi-Cloud ist allerdings gar nicht so klar, was man sich darunter vorzustellen hat, wie das Marktforschungsinstitut IDC erklärt: „Die Mehrheit der Unternehmen versteht unter der Multi-Cloud die Nutzung der Cloud-Services-Angebote unterschiedlicher externer Cloud-Provider, eine Nutzung verschiedener Cloud-Deployment-Modelle, das heißt Public und Private Cloud, oder die Bereitstellung von Infrastruktur-Kapazitäten aus einem definierten Private-Cloud-Pool in einen Public-Cloud-Pool.“
Während die meisten Cloud-Nutzer eine Form von Hybrid-Cloud-Computing einsetzen, ist der Multi-Cloud-Ansatz nicht so weit in die Unternehmenspraxis eingeführt, wie manche Studien der letzten Jahre erwarten ließen. Doch das soll sich ändern. „Wir gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2020 75 Prozent der Unternehmen ein Multi-Cloud- oder Hybrid-Cloud-Modell für ihre IT-Anforderungen implementiert haben werden“, erklärt René Büst, Senior Director und Analyst bei Gartner. „Die Cloud-Landschaft ist bereits sehr stark von Multi- und Hybrid Clouds geprägt. Hier sehen wir ebenfalls ein steigendes Interesse deutscher Unternehmen an Multi-Cloud-Umgebungen.“
Unabhängig und flexibel
Für dieses wachsende Interesse an Multi-Cloud gibt es mehrere Gründe. „Mittelständler stellen zunehmend fest, dass es kaum möglich ist, alle benötigten Cloud-Lösungen aus einer Hand zu beziehen. Viele Unternehmen möchten sich auch nicht von einem einzigen Anbieter abhängig machen“, kommentiert zum Beispiel Andreas Weiss, Direktor EuroCloud Deutschland_eco e. V. Und Ralf Sydekum, Technical Manager DACH beim Netzwerkausrüster F5 Networks, berichtet, dass Multi-Clouds vor allem eingesetzt werden, „um die Flexibilität von Prozessen zu erhöhen und sie damit zu beschleunigen“.
Doch die unbestreitbaren Vorteile der Multi-Cloud sollten nicht allzu euphorisch gesehen werden. „Das Thema wird im Moment sehr gehypt. Darin liegt auch eine Gefahr“, warnt Ralf Sürken, CEO Europe beim Systemhaus Freudenberg IT. „Es wird der Eindruck vermittelt, dass Multi-Cloud-Szenarien grundsätzlich flexibler und insbesondere Public-Cloud-Angebote der großen Hyperscaler wie Azure oder AWS wesentlich günstiger sind als herkömmliche Private-Cloud-Möglichkeiten. Das ist sicher der Fall, wenn man die reinen Plattformkosten der Public Cloud betrachtet. Allerdings müssen die standardmäßig bereitgestellten Platform Services in der Regel noch umfangreich veredelt werden.“
Herausforderungen
Dem Beratungskonzern Teknowlogy zufolge sehen 80 Prozent der mittelständischen und großen Unternehmen, die eine Multi-Cloud-Architektur betreiben, in der technologischen Komplexität die größte Herausforderung dieses Infrastruktur-Konzepts. Mit knapp 70 Prozent folgt die kaufmännische Komplexität, so Wolfgang Schwab, Principal Consultant bei der Teknowlogy-Tochter PAC. Die Datenintegration über verschiedene Cloud-Modelle hinweg sowie das Sicherstellen von Ende-zu-Ende-Security nennen jeweils
60 Prozent der von Teknowlogy Befragten.
60 Prozent der von Teknowlogy Befragten.
„Um ihre IT-Architektur nicht zu komplex werden zu lassen, sollten Unternehmen ihren Best-of-Breed-Ansatz nicht überstrapazieren“, empfiehlt Wolfgang Schwab. „Im IaaS-Bereich ist eine Dual-Vendor-Strategie schon aus Verfügbarkeitsgründen sicher sinnvoll, es müssen aber nur in Ausnahmefällen drei oder vier Anbieter parallel genutzt werden. Bei PaaS kann eine etwas höhere Zahl sinnvoll sein, wenn die benötigten Funktionen bei einzelnen Anbietern tatsächlich deutliche Vorteile liefern können. Hier ist eine Einzelfallbetrachtung notwendig.“
Weitere Herausforderungen nennt Philipp Kleinmanns, Leiter Portfolio-Management beim IT-Dienstleister Materna: „Ein zentraler Aspekt ist die Kostenkontrolle. Hier geht es darum, die tatsächlichen Kosten der zahlreichen Cloud-Services zu ermitteln und zu steuern. Vor allem das Controlling bereitet in der Praxis Schwierigkeiten.“
Die Abrechnung der unterschiedlichen Cloud-Anbieter, so Kleinmanns, ist nicht trivial. „Kostenvergleiche sind schwierig, vor allem bei Anwendungen. Hier gibt es zwei Ansätze, um die Kosten transparent zu machen. Zum einen können die Cloud-Services auf Business-Services gemappt werden, um den Nutzen eines Dienstes und damit seinen Wertbeitrag zum Unternehmen zu ermitteln. Zum anderen erlauben es viele aktuelle Cloud-Management-Lösungen, den Workload einer Anwendung bei verschiedenen Anbietern zu simulieren und so Aussagen zu den möglichen Kosten zu treffen.“