Die nächste Stufe der Industrieproduktion

Kooperation mit der Industrie

von - 13.01.2021
Roboterarme
Roboterarme: Sie sind programmierbar, lassen sich mit unterschiedlichen Werkzeugen ausstatten und unterstützen Bewegungen in mehreren Achsen.
(Quelle: Bild: WBK)
Das WBK forscht nicht alleine am Thema Wertstromkinematik. Professor Fleischer und seine Mitarbeiter konnten den Siemens-Konzern sowie den Werkzeugmaschinenbauer Grob-Werke aus Mindelheim mit an Bord holen. Seit Ende der 1960er-Jahre produziert Grob sogenannte Transferstraßen. In einer solchen Fertigungsstraße durchlaufen die Werkstücke mehrere starre Maschinen in einer festen Reihenfolge.
Diese Art von Systemen wird vor allem für die vollautomatische Massenproduktion eingesetzt. Seit einiger Zeit registriert das Unternehmen aber steigende Anforderungen der Kunden an die Flexibilität ihrer Produktionsanlagen. Dafür wurden unter anderem modulare CNC-Bearbeitungszentren entwickelt, die mit fünf Achsen ausgestattet sind. Traditionelle Fertigungslinien erreichen hohe Stückzahlen. Die damit mögliche Variantenvielfalt ist aber gering. In den vergangenen Jahren wurden daher immer mehr Prozesse an spezialisierte Hersteller oder Lieferanten ausgegliedert. Das eigentliche Problem der mangelnden Flexibilität wurde damit allerdings nur verlagert. Die Wertstromkinematik kann diese Lücke schließen. Aber auch kleine und mittlere Unternehmen können von der Wertstromkinematik profitieren, indem sie den Ansatz als wandlungsfähiges Universalfertigungssystem nutzen.

Fazit & Ausblick

Die Wertstromkinematik hat die Chance, die Fertigungsprozesse zu revolutionieren und weit flexibler als bisher zu gestalten. Zudem gibt es weitere Einsatzmöglichkeiten. So denkt Professor Fleischer bereits über das Thema Remanufacturing nach, also an die Wiederaufarbeitung gebrauchter Produkte. Dadurch lassen sich nicht nur Rohstoffverbrauch und Kosten senken, sondern auch die Qualität bereits genutzter Produkte wieder verbessern. Hier kommt es aber verstärkt auf die kognitiven Eigenschaften der Kinematiken an, da zum Beispiel ein Elektromotor, der nach 100.000 Kilometern Laufleistung wieder in die Fabrik zurückkommt, nicht mehr so genau definiert ist wie das Ausgangsprodukt. Dasselbe gilt etwa für ein verrostetes Tretlager, das ausgebaut und überholt werden muss. Bei dieser Art von Prozessen steigt die Komplexität der erforderlichen Vorgänge noch einmal erheblich. Vom Prinzip eignet sich die Wertstromkinematik aber auch für solche Anwendungen. Nur der Aufwand bei der Planung ist höher.
Das Potenzial und die Anwendungsmöglichkeiten der Wertstromkinematik sind enorm. Sie gehen weit über die klassische Industrie hinaus. Denkbar ist nicht nur ein Einsatz in großen Industriebetrieben, sondern auch in kleineren Handwerksbetrieben wie Schlossereien oder Schreinereien. Außerdem eignet sich das Prinzip für bislang sehr aufwendige Tests neuer Technologien, für die spezielle Nullserien oder Prototypen benötigt werden. Auch hier sieht Professor Fleischer große Chancen für die Wertstromkinematik. Selbst bei der Skalierbarkeit der Produktion biete sie Vorteile, indem bestehende Produktionsanlagen dank der Redundanz ohne großen Aufwand erweitert werden könnten.
Bis es aber wirklich so weit ist, wird noch einige Zeit vergehen. Momentan sind das WBK, die Grob-Werke und Siemens auf der Suche nach Partnern aus der Industrie, die konkrete Anwendungsfälle einbringen wollen, die dann gemeinsam in die Praxis umgesetzt und ausführlich getestet werden können.
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