Sicherheit

Ist Vorratsdatenspeicherung sinnvoll?

von - 31.01.2012
Ist Vorratsdatenspeicherung sinnvoll?
Der Streit um die Vorratsdatenspeicherung geht in die nächste Runde. Einer Studie des Max-Planck-Instituts zufolge hat die verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren keinen Nutzen für die Strafverfolgung.
Nach einer neuen Studie des Freiburger Max-Planck-Instituts für Strafrecht steht die Vorratsdatenspeicherung als Instrument für die Strafverfolgung erneut in Kritik. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem vom Verfassungsgericht 2010 veranlassten Wegfall der verdachtsunabhängigen Datenspeicherung, die Aufklärungsquote von Straftaten nicht messbar beeinflusst worden sei. Das höchste deutsche Gericht hatte die damalige Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und damit die anlasslose, sechs-monatige Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten für illegal erklärt.
Für die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts ist von der CDU/CSU geführte öffentliche Debatte gerade in Bezug auf Verbrechen an Kindern und alten Menschen eher ein fadenscheiniger Versuch, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Dabei handele es sich nämlich nur um eine auf Einzelfälle gegründete Argumentation, die ohne Belege als „typisch“ ausgewiesen werde. Allerdings geben die Autoren der Studie gleichzeitig zu bedenken, dass ihre Ergebnisse gegenwärtig durch eine noch sehr unsichere statistische Datengrundlage gedeckt sind. Es fehle immer noch systematisch empirischen Untersuchungen.
Die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sieht sich jedoch in ihrer Ablehnung bestätigt und tritt erneut für das sogenannte „Quick Freeze“ ein. Dieser Vorschlag sieht vor, die Daten nur im Fall eines konkreten Verdachts zu speichern. Dafür erhält sie auch Unterstützung von der Opposition. Der CDU/SU reicht das bei weitem nicht.
BKA-Chef Jörg Ziercke hält die Vorratsdatenspeicherung weiter nötig bei der Aufklärung von Straftaten. Auf einer Veranstaltung zum Europäischen Datenschutztag in Berlin erklärte er, dass in der Studie offenbar die Praktiker aus Polizei und Justiz nicht angemessen zu Wort gekommen seien. Als Beispiel nannte er die Ermittlungsarbeiten im Fall der „Zwickauer Zelle“. Ohne die Vorratsdaten kämen die Ermittlungen nur sehr zähflüssig voran. Auch argumentiert Ziercke mit Ermittlungen gegen ein großes Bot-Netz. Das BKA habe aus Luxemburg 200.000 IP-Adressen erhalten, wovon sich 195.000 nicht mehr den Anschlussinhabern zuordnen ließen.
Dem widerspricht der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Er spricht von einer „schiefen Darstellung“. Zwar gäbe es tatsächlich Schwierigkeiten bei Auskunftsmöglichkeiten in Bezug auf die Internetkennungen, aber die Vorratsdatenspeicherung dürfe laut Bundesverfassungsgericht ohnehin nicht zur Aufklärung von PC-Infektion eingesetzt werden.
Auch der Verantwortliche der Studie, Hans-Jörg Albrecht, kritisiert Zierckes Argumentation. Die „Zwickauer Zelle“ und die damit verbundenen neonazistischen Strukturen hätten sich über mehr als 12 Jahre entwickelt. Um entsprechende Hierarchien nachzuzeichnen, würde die sechs-monatige Vorratsdatenspeicherung nicht ausreichen.
Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg steht noch aus. Dort soll über die Vereinbarkeit der Vorratsdatenspeicherung mit der EU-Grundrechtecharta entschieden werden. Damit könnte die strittige EU-Richtlinie für nichtig erklärt werden.
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