Payment-Modelle

Die Paywall verdrängt die Gratiskultur

von - 18.07.2019
Tablet, Smartphone und Zeitung mit News
Foto: Oleksiy Mark / shutterstock.com
Anbietern stehen im Internet eine Reihe unterschiedlicher Bezahlmodelle zur Verfügung. Die Bandbreite reicht von komplett kostenpflichtigen Angeboten bis hin zu spendenbasierten Modellen.
Paid-Content-Modelle
Zeitungsportale Deutschland 2019: Die überwiegende Zahl bevorzugen das Freemium-Modell für Paid Content, bei dem die Redaktionen entscheiden, welche Artikel kostenlos oder kostenpflichtig gelesen werden können.
(Quelle: Statista (Februar 2019) *zum Beispiel Spenden-Modelle )
Für Internet-Content zu bezahlen wird alltäglich. War es bis vor wenigen Jahren kaum üblich, für Netz-Services Geld auszugeben, hat sich der Wind inzwischen gedreht. Streaming-Dienste wie Netflix und Spotify und App-Stores wie die von Apple und Google haben Internetnutzer an das Bezahlen von Digitalinhalten herangeführt. Die kleinen Beträge für Musik, Filme oder Software aus dem Netz fallen nicht groß ins Gewicht und schmälern den Geldbeutel kaum. Entsprechend bereitwillig fällt die Entscheidung für einen kostenpflichtigen Download oder ein Abonnement - und entsprechend selbstverständlich wird das Bezahlen für Content.
Solche Subscription-Modelle stehen laut der Studie „Paid Content in Deutschland“ der Hochschule Fresenius und des Hamburger DCI Institute „hoch im Kurs“: Die Dominanz dieser Plattformen - die insgesamt zu den beliebtesten Paid-Content-Anbietern auf dem deutschen Markt zählen - sorgt allgemein für eine höhere Akzeptanz der Subscription-Modelle und hat einen regelrechten Netflix- und Spotify-Effekt ausgelöst, heißt es in der Studie.
Spotify als Pionier beim Abonnement von Musik-Streaming hat bereits 85 Millionen Abonnenten. Die Netflix-Zahlen boomen ebenfalls. Aber nicht nur Netflix und Spotify agieren mit Subscription-Services sehr erfolgreich. Ähnliches gilt für Amazon und Adobe. Amazon führte vor einigen Jahren den Prime Delivery Service ein, bei dem Kunden zu einem festen Betrag das ganze Jahr über kostenfreie und bevorzugte Lieferungen in Anspruch nehmen können.
Adobe konnte 2012 mit der Umstellung vom CD-Verkauf auf Abo-Services seinen Umsatzrückgang abfangen. Mit der Transformation in ein Abo-Modell beziehen Nutzer Adobe-Programme wie Photoshop nun per Jahresabo über die Cloud. Dieser Wechsel zu einem Subscription-Modell war für Adobe ein Durchbruch. Der Nettogewinn des Unternehmens stieg in den letzten fünf Jahren deutlich.

Hoffnungsträger

Von diesen Payment-Vorreitern profitieren allmählich auch die traditionellen Medienhäuser und Verlage - bis dato eher Verlierer als Gewinner der digitalen Umwälzung. Sie kämpfen schon seit zwei Jahrzehnten mit der verbreiteten Gratis-Kultur und dem Problem der Finanzierung von Online-Inhalten: „Der Aufstieg der Online-Medien in den frühen Nullerjahren hat eine Unkultur des kostenfreien Medienkonsums mit sich gebracht. Darunter leiden die klassischen Zeitungs- und Magazinverlage bis heute“, sagt Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC Deutschland. PwC hat jüngst  eine Umfrage zu dem Thema veröffentlicht.
Werner Ballhaus
Werner Ballhaus
Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC
www.pwc.de
Foto: PwC
„Wer ein Streaming-Abo hat, findet es womöglich ganz normal, sich auch ein digitales Magazin-Abo zu leisten oder per App einzelne Artikel kostenpflichtig herunterzuladen.“
Ursprünglich verkauften die Redaktionen Anzeigenflächen, um ihre aufwendige Arbeit zu finanzieren. Das funktionierte anfangs, wurde mit der Zeit aber immer schwieriger. Das Überangebot an Werbeträgern im Internet führte dazu, dass Anzeigen in Online-Medien zunehmend günstiger wurden - die Einnahmen bröckelten. Programme und Plug-ins wie Adblocker taten ihr Übriges: Damit konnten immer mehr Nutzer unerwünschte Werbung blockieren - ein Desaster für werbefinanzierte Inhalte.
Seit einiger Zeit nun experimentieren die Verlage mit Bezahlmodellen. Mit guten Aussichten. Fast 40 Prozent der 18- bis 29-Jährigen haben für Online-Inhalte von Zeitungen oder Magazinen schon einmal Geld ausgegeben, heißt es in der erwähnten PwC-Umfrage. Weitere 20 Prozent sind zumindest grundsätzlich bereit dazu. Besonders hoch ist die Zahlungsbereitschaft unter den 30- bis 39-Jährigen.
Den Grund für diese Entwicklung sieht PwC-Experte Ballhaus darin, dass jüngere Leser mit der Erkenntnis aufwachsen, guter Journalismus sei eben nicht kostenlos zu haben. Ein weiterer Faktor: Die Generation Smartphone ist anders als die Generation Internet daran gewöhnt, für nicht physische Produkte zu bezahlen. „Wer ein Streaming-Abo hat, findet es womöglich ganz normal, sich auch ein digitales Magazin-Abo zu leisten oder per App einzelne Artikel kostenpflichtig herunterzuladen“, so Werner Ballhaus.
Ähnliche Trends hat auch die Studie „Paid Content in Deutschland“ festgestellt. Ihr zufolge haben bereits 17,6 Prozent der Deutschen für digitale Inhalte und Services bezahlt. Anders als die PwC-Umfrage attestiert das DCI Institute auch älteren Nutzergruppen eine hohe Zahlungsbereitschaft - allerdings nur für Fachinformationen. Jüngere sind hingegen eher bereit, für Musik, Filme und Games Geld auszugeben.
Doch ganz gleich, welche Nutzergruppe für welche Dienste bezahlen will: „Die Zahlungsbereitschaft und die tatsächliche Nutzung von Paid Services wird weiter steigen“, erklärt Christian Hoffmeister, Geschäftsführer des DCI Institute. „Die Barrieren, Inhalte zu kaufen, sinken - sowohl die psychologischen als auch die technischen. Es gibt nicht mehr wirklich Vor­behalte gegen Bezahlmodelle.“ Der Glaubenssatz, im Internet sei alles kostenlos, ist längst passé, meint Hoffmeister.
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