Die Paywall verdrängt die Gratiskultur

JavaScript und Dienstleister

von - 18.07.2019
BDZV
Überblick: Der BDZV listet alle deutschen Tageszeitungen mit Bezahlschranke, Bezahlmodell und Abrechnungsmodus auf.
(Quelle: com! professional / Screenshot )
Die technische Realisierung von Paywalls erfolgt in der Regel mit JavaScript und Modulen der eingesetzten Content-Management-Systeme. Wie viele Artikel jemand bereits gelesen hat - relevant beim Metered Payment -  wird meist mit Hilfe von JavaScript und Cookies getrackt. Nach einer Registrierung greift das jeweilige Bezahlsystem des Anbieters, das idealerweise mit der Paywall und den angeschlossenen Prozessen kompatibel ist. Möglich sind unter anderem Micropayments, Mobile Payments oder Bezahldienste wie PayPal.
In Deutschland nutzen Medienanbieter meist die Dienste etablierter Paywall-Services, die wenigsten entwickeln selbst eine Bezahlfunktion. „Die meisten Verlage arbeiten mit spezialisierten Dienstleistern zusammen, die entsprechende Lösungen zur Verfügung stellen“, sagt Holger Kansky, Leiter Digitales beim BVDZ. „Das sind beispielsweise Piano, CeleraOne, LaterPay, Vi&Va oder InterRed“.
Fullservice-Provider bieten mehr als die Verwaltung und Abrechnung von Verträgen. Sie übernehmen oft auch Aufgaben wie die Berechnung anfallender Steuern, was im Bereich Digital-Content bis zur automatischen Abführung der Steuer ans Finanzamt reichen kann. Zudem gibt es Anbieter, die eigene Payment-Gateways betreiben, also die Funktion des Payment-Service-Providers übernehmen, sowie eine auf Abo-Commerce ausgerichtete E-Commerce-Plattform bereitstellen. Dazu gehören etwa Dienstleister wie Billwerk aus Deutschland, Cleverbridge, Digital River, Recurly oder Paymentwall. Die Anbindung an die Systeme des Content-Anbieters erfolgt über eine Software-Schnittstelle, die API, oder über Bibliotheken, die eine Integration von Funktionalitäten direkt in der eigenen E-Commerce-Site ermöglichen.
Christian Hoffmeister
Christian Hoffmeister
Geschäftsführer des DCI Institute
www.dci-institute.com
Foto: DCI Institute
„Vieles spricht dafür, dass der Glaubenssatz ,Im Internet ist alles kostenlos‘, längst passé ist.“

Fazit & Ausblick

Die zentrale Frage ist: Wie lässt sich der Umstieg auf Paid Content meistern? Den klassischen Content einfach bezahlpflichtig zu machen, dürfte wenig erfolgreich sein - zumindest wenn der Anbieter kein Alleinstellungsmerkmal oder Premium-Produkt hat. „Vertriebserlöse nach dem alten Prinzip zu organisieren, ist zum Scheitern verurteilt“, meint Christian Hoffmeister vom DCI Institute. Wer erfolgreich auf Paid Content umsteigen wolle, solle das konsequent tun. Seine Empfehlung: nicht in Paywalls denken, sondern in Dienstleistungen, die für die Nutzer einen Mehrwert bringen und die dauerhaft verwendet werden können. „Sieht man sich die erfolgreichen Player am Markt bezahlter Medieninhalte an wie Spotify oder Netflix, dann verzichten diese bewusst auf die Differenzierung von kostenlosen und kostenpflichtigen Inhalten. Sie setzen ganz auf bezahlte Funktionen.“
Nutzer sollten schrittweise an Bezahlinhalte herangeführt werden. „Zuerst sollten zentrale Log-in-Modelle etabliert werden, dann Services entwickelt und getestet werden - ohne vorher schon zu glauben, man wüsste, welche Inhalte und Services funktionieren werden.“ Dazu muss man viel ausprobieren. Hoffmeisters Favorit ist das Freemium-Modell, jedoch nicht ohne Anmeldung. Erst durch eine Anmeldung könne eine zielgerichtete Konvertierung der Nutzer in Premiummodelle erfolgen.

Anbieter

Dienstleistung

Kunden (Auswahl)

Dienstleister für Verlage

CeleraOne

Fullservice-Payment-Dienstleister. Schwerpunkt: Echtzeitverarbeitung großer Datenmengen; von Springer übernommen

Bild, Welt, SZ, Zeit, Rheinische Post, NZZ

InterRed

Publishing-System mit Web Content Management und Redaktionssystem, alle Medienkanäle, alle Paywall-Modelle

Autobild, BZ, Bastei-Lübbe, Bauwelt, Heise Online, Chip, Landlust

LaterPay

Start-up; Netz-User erhalten die Opton, später zu bezahlen; Kunden haben Zugriff auf kostenpflichtige Inhalte und Services ohne vorherige Registrierung oder Zahlung

Spiegel (früher), Golem, Kidsgo, Salon, VRM

Piano

Digitale Business-Plattform mit breiter Tool-Palette wie Analytics, die es leicht macht, Inhalte über jeden beliebigen Kanal zu vermarkten und zu verkaufen

CNBC, Gatehouse Media Adage, Esquire, The Daily Beast

Vi&Va

Lösung für Anzeigen, Vertrieb und Prospektmanagement. Erlaubt es, die Produktion zu steuern, Zusatzleistungen zu verwalten oder mobile Dienste und Paid Content abzurechnen

DuMont, Leipziger Volkszeitung, Nordkurier, Ostsee-Zeitung, Donaukurier

Abo- und Fullservice-Dienstleister

Billwerk

All-in-one-Lösung für Subscription Management und Recurring Billing. Automatisiert Prozesse für Vertragsverwaltung, Rechnungsstellung und Zahlungsabwicklung

Waipu.tv, Gridscale, Shipcloud, Sevenit, Appkind

Cleverbridge

Anbieter von E-Commerce- und Abo-Lösungen zur Monetarisierung digitaler Produkte, insbesondere Download-Content. Globale Compliance- und Zahlungsoptionen

Dell, Sony, Corel, Malwarebytes, Avira, Bittorrent

Digital River

Internationaler Dienstleister für nutzungsbasierte Abrechnung und Mikrotransaktionen mit Schwerpunkt Unternehmens-Software, Unterhaltungselektronik und Games

Adobe, Logitech, Avast, Kaspersky, HTC, Microsoft

Paymentwall

Internationale Zahlungsplattform für den Verkauf von Waren und Dienstleistungen via Internet

Sega, Corel, Kakao Games, LG Electronics, Tencent

Recurly

Subscription-Management-Plattform für die Rechnungsverwaltung abonnementbasierter SaaS-, Web-2.0-, Mobil-, Content- und Publishing-Dienste

CBS, Sittercity, Canary, Advisory Cloud, AMC, Alltrails, HockeyTV

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