Rechtssicherheit?

Störerhaftung: Hemmnis für Hotspots

von - 29.06.2016
Hotspot auf dem Tablet
Foto: Rawpixel_com shutterstock
Einige Netzwerkhersteller glauben, das Thema Störerhaftung sei mit den Beschlüssen von Bundesrat und Bundestag vom Tisch - andere kritisieren, dass die Rechtssprechung noch immer Fragen offen lässt.
Anfang Juni hatte die Große Koalition im Bundestag eine Änderung des ­Telemediengesetzes beschlossen, die eine Reform der Störerhaftung und damit mehr Rechtssicherheit für Hotspot-Betreiber zum Ziel hatte. Zwei Wochen später stimmte auch der Bundesrat dem Gesetz zu, trotz einiger Zweifel – auch innerhalb der eigenen Reihen: Denn der Wirtschafts- und Rechtsausschuss hatte im Vorfeld der Abstimmung einen Entschließungsantrag gestellt, in dem er die Rechtsunsicherheit des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung kritisierte.
Jan Koch, Technical Presales Consultant bei TP-Link
Jan Koch, Technical Presales Consultant bei TP-Link
(Quelle: TP-Link)
Der Rechtsausschuss ist mit seiner Meinung nicht allein, schon nach Bekanntgabe des Gesetzesentwurfs hagelte es Kritik von mehreren Seiten. Doch worum geht es dabei konkret? Dreh- und Angelpunkt der Diskussion ist die sogenannte Störerhaftung: Betreiber eines WLAN – gleichgültig ob privat oder betrieblich – können demnach in Haftung genommen werden, wenn Gäste über ihren Breitbandanschluss gegen das Urheberrecht verstoßen und beispielsweise Filme und Musik illegal ins Internet hochladen. Ausgenommen von dieser Regelung sind Netzbetreiber wie etwa die Telekom, Vodafone und Co. Für sie gilt das sogenannte „Providerprivileg“, das sie von der Haftung für Rechtsverstöße Dritter befreit. Festgelegt ist dies im Telemediengesetz (TMG). Der Beschluss sieht nun vor, dass § 8 des Telemediengesetzes um einen dritten Absatz ergänzt werden soll. In ihm wird festgelegt, dass das Providerprivileg auch für Anbieter freier Hotspots gelten soll. 
Wer nun glaubt, Hotspot-Betreiber seien vor Abmahnungen geschützt, der irrt. Denn die Anbieter offener Netze sind dank dem Providerprivileg zwar zum ­Beispiel vor Schadenersatzforderungen sicher, aber nicht vor Unterlassungsansprüchen. Und diese bilden die Grundlage für das Geschäftsmodell der Abmahnindus­trie. „Wichtige Punkte, die wirklich offene Netze ohne rechtliche Folgen ermöglichen, fehlen leider in der neuen Formulierung der Gesetze. Man findet sie nur in den Erläuterungen der Gesetzestexte, die aber leider für Gerichte nicht bindend sind“, erklärt dazu Jan Koch, Technical Presales Consultant bei TP-Link Deutschland. Und Norbert Roller, Senior Director Business bei Zyxel, ergänzt: „Wenn diese Lücken nicht in in letzter Sekunde geschlossen werden, dann sind nach wie vor Tür und Tor für die Rechtsanwälte und ihre Abmahnungen weit offen.“
Michael Himmels, VP Business Solutions bei Devolo
Michael Himmels, VP Business Solutions bei Devolo
(Quelle: Devolo)
Kritisch sieht man die geplante Neu­regelung auch bei Devolo. Der Vice President Business Solutions, Michael Himmels, begrüßt zwar die Absicht, mehr Rechtssicherheit für Hotspot-Betreiber zu schaffen und damit auch den Ausbau von öffentlichen WLAN-Zugängen zu forcieren – schließlich gilt Deutschland im internationalen Vergleich als Hotspot-Wüste. „Aber bei aller Freude über die vom Bundestag beschlossene Änderung der Störerhaftung: Das Problem von Urheberrechtsansprüchen lässt sich nicht so einfach aus der Welt schaffen“, betont er. 
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