Mobile World Congress

Mobilfunk und andere Kuriositäten

26.02.2014
Der Mobile World Congress ist das große jährliche Schaulaufen der TK-Branche. Doch nicht nur spektakuläre Neuvorstellungen bestimmen das Bild der Messe, auch so manche Kuriosität gibt es zu sehen.
Es ist schon spät am Abend, und es ist nicht das erste Taxi, das vorbeifährt. Da hilft kein Winken, kein Pfeifen und kein Fluchen. Unter Missachtung jeglicher Geschwindigkeitsregeln macht der Droschkenpilot klar, dass er und seine Kollegen es sind, die momentan das Sagen haben in der Stadt – ebenso wie vielleicht noch die fidelen Tapas-Bar-Kellner, die findigen Taschendiebe und die deutlich zu sparsam bekleideten Damen, die nach Messeschluss charmant lächelnd kleine bunte Visitenkärtchen an das überwiegend männliche Publikum verteilen.
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Es ist Messezeit in Barcelona, und es geht nicht um irgendeine Messe in der „Mobile World Capital“. Wenn der Mobile World Congress Station in Katalonien macht, dann steht die Stadt Kopf. Über 75.000 Besucher sind es in diesem Jahr, die für den weltweit größten Mobilfunk-Event nach Barcelona gepilgert sind – was selbst für eine Millionenstadt kein Pappenstiel ist. Ein wahres Fest ist dies aber nicht nur für die über 10.000 heimischen Taxler, sondern vor allem auch für die Mobilfunkbranche selbst. Denn hier werden vermutlich mehr Neuheiten präsentiert, Kontakte geschlossen und Geschäfte gemacht als in den 361 anderen Tagen des Jahres.

Nicht nur Schaulaufen der Stars

Und es wird sich hübsch gemacht: Mit prunkvollen Messeständen und phantastisch aussehenden Messehostessen buhlen nicht nur Smartphone- und Tablet-Schmieden um die geschätzte Aufmerksamkeit. Was die mediale Präsenz angeht, so sieht der Mobile World Congress auf dem ersten Blick tatsächlich wie ein großes Schaulaufen der Stars aus. Produkt-Highlights wie etwa das Sony Xperia Z2 oder das Samsung Galaxy S5 (dessen Vorstellung sogar von einem klassischen Orchester in Szene gesetzt wurde) bleiben da hängen – unterstützt vielleicht auch von der Werbewelle, mit der gerade diese beiden Hersteller vor der „Fira Grand Via“ sowie in den Metro-Bahnhöfen um besondere Beachtung kämpfen.
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Doch die echten Innovationen sind manchmal eher klein und unscheinbar, zeigen sich in vielleicht nur halbfertigen Demo-Modellen, beziehen sich jedoch fast immer auf die schonungslose Vernetzung von (fast) allem. Dass die Möglichkeiten für neue Services überaus vielfältig sind, ist klar - doch sprudeln die Ideen Jahr für Jahr heftiger. „Jede Vorhersage über das ‚Internet der Dinge’ wird zu konservativ sein“, beschrieb Telekom-Vorstand Tim Höttges dieses Phänomen im Rahmen seiner Keynote.

Saubere Sache - Interaktive Zahnbürste von Oral-B

Tatsächlich gibt es offenbar keine Grenzen mehr, was die Themenvielfalt des Mobile World Congress angeht. So zeigt beispielsweise NTT Docomo nicht nur ein T-Shirt, das den Herzschlag aufzeichnet, sondern auch, wie man mit Sensoren bessere Prognosen über den Geburtszeitpunkt von Kälbern abgeben kann. Qualcomm wiederum überrascht mit einem papierlosen mobilen Patientenregister für Hebammen, das dazu beitragen soll, die hohe Mütter- und Säuglingssterblichkeit im ländlichen Nigeria zu reduzieren.
Und in der Sonderausstellung „Connect City“ wird eine interaktive Bluetooth-Zahnbürste von Oral-B vorgestellt, die automatisch das Putzverhalten protokolliert und meldet, welche Zähne noch nicht gründlich genug geschrubbt wurden. Für 219 Euro soll das intelligente Helferchen übrigens ab Mai in den Handel kommen – ein Traum für die ganz harten Cross-Selling-Fans.
Deutlich im Trend ist auf dem Mobile World Congress zudem „Hightech für den Arm“ – Beispiele hierfür sind die Gear Fit von Samsung, die Smartwatch Ibis von Croir oder das TalkBand B1 von Huawei. Letzteres ist eine Art Fitness-Armbanduhr mit Schrittzähler und Ohrstöpsel: Ein Bluetooth-Headset ist aus dem Armreif herausnehmbar und ermöglicht es beispielsweise, beim Joggen Musik zu hören. Für 99 Euro soll das sportive TalkBand noch in diesem Quartal auf den Markt kommen.
Futuristisch klingt hingegen das Armband des kanadischen Startups Nymi an: Dieses misst den Herzschlag des Trägers und identifiziert ihn (angeblich) so einwandfrei, dass es zukünftig Passwörter oder andere Sicherheitsanfragen ersetzen soll. Türschlösser ließen sich so komplett ohne Schlüssel öffnen.

Auto-Premiere auf dem Mobile World Congress

Gesundheit (neudeutsch: Healthcare) und Kleidung (neudeutsch: Wearable Electronics) sind aber nur zwei Säulen der neuen mobilen Welt, die sich in Barcelona präsentiert. Ein ganz heißes Thema ist das Auto, oder besser: das „Connected Car“. Von den traditionellen Autoherstellern haben unter anderem BMW, Volvo und Ford den Weg zum Mobile World Congress gefunden. Ford nutzt seinen Auftritt sogar, um theatralisch den neuen Focus zu enthüllen, zeigt aber darüber hinaus auch ein in mit (mobiler) Elektronik vollgepfropftes, selbst fahrendes Auto.
Volvo wiederum stellt den Dienst „Volvo on Call“ vor – hierzu gehören Features wie das Vorheizen des Autos mit dem Smartphone, oder aber auch das Prüfen des Tankinhalts oder den aktuellen Standort des Wagens aus der Ferne. Aber da so etwas für das Jahr 2014 eigentlich schon wieder zu banal ist, haben die Schweden noch eine weitere Idee im Köcher: Online gekaufte Waren soll der Paketdienst zukünftig an das Auto zustellen können; hierfür bekommt der Bote einen einmalig gültigen „digitalen Schlüssel“ sowie den aktuellen Ort des Fahrzeugs übermittelt. Ein entsprechendes Pilotprojekt sei bereits erfolgreich verlaufen, heißt es.
Auch Tesla fehlt auf dem Mobile World Congress nicht; der Automotive-Newcomer zeigt seinen Elektro-Boliden auf dem Stand von Telefónica. Und ein sportlicher AMG-Mercedes wiederum demonstriert bei Qualcomm, was Vernetzung bei einem Fahrzeug in Zukunft tatsächlich bedeuten mag.
Wie das Fahrverhalten überwacht werden kann, macht ein Pilotprojekt von Telefónica deutlich. „Remote Car Diagnostics“ heißt das Konzept, bei dem ein kleines unscheinbares Kästchen, in dem eine SIM-Karte integriert ist, an die OBD-Schnittstelle des Autos gestöpselt wird. Auf dem Smartphone gibt es dann jederzeit Infos über die Fahrtroute, über Geschwindigkeitsüberschreitungen – oder auch einen Warnhinweis, wenn ein zuvor festgelegtes Gebiet verlassen wird. Um eine Überwachung von Berufskraftfahrern ginge es bei diesen Ideen nicht, sondern lediglich um eine private Nutzung, heißt es – die volljährige Tochter des Autobesitzers dürfte sich dennoch kaum dafür begeistern lassen.

Straßenlaternen mit Mobilfunkantenne

Und wenn wir schon beim Verkehr sind: Auch Straßenlaternen sind mittlerweile ein heißes Thema auf dem Mobile World Congress. So zeigt Ericsson zusammen mit Philips die Nutzung der Lichtanlagen als Mobilfunkmasten; hiermit könnte in den Städten eine bessere Funkversorgung realisiert werden, ohne dass hässliche Antennen auf den Dächern für Proteste bei den Bürgern sorgen. „Lightning as a service“ heißt das Konzept, bei dem der Anbieter sich auch um den Betrieb der Lampen kümmert, die Kommune hingegen nur den Standort bereitstellt – und die Stromrechnung zahlt.
Sollte sich auch die „Mobile World Capital“ Barcelona für diese Idee begeistern, so hat man zukünftig immerhin ein hervorragendes Mobilfunknetz mit bestem, gut beleuchtendem Blick auf das Handy – was macht es da schon, wenn wieder alle Taxen vorbeirasen.

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