User Experience
Das neue Microsoft 365 im Check
von
Leandra
Kerstein
Andrea
Rosenbusch - 14.08.2020
Foto: Microsoft
Mit dem Redesign von Microsoft 365 versprechen die Redmonder einen Quantensprung in der User Experience. Aber was bleibt, wenn man die vollmundigen Versprechen ohne rosarote Brille anschaut? Wir wollten es genauer wissen.
Dieser Beitrag wurde erstellt von Leandra Kerstein und Andrea Rosenbusch, User Experience Architects bei der Zürcher Agentur Zeix.
Der Fluid-Frameworks-Ansatz soll Userinnen und Usern die anwendungsübergreifende Zusammenarbeit in Echtzeit ermöglichen
(Quelle: Screenshot / Microsoft)
Funktionsübergreifendes Interface für Aufgaben-basiertes Arbeiten
Das neue fluide Interface soll sich an den Aufgaben der Mitarbeitenden und nicht an den Formaten wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation et cetera orientieren. Das ist ein vielversprechendes Konzept, welches beispielsweise bei Atlassians Confluence oder Airtable bereits angewandt wird.
Die Kollaborationsfunktionen - auch deren visuelle Umsetzung - erinnern stark an die GSuite von Google. Auch die Suche soll programmübergreifend und nahtlos ebenfalls mit dem Fluid-Frameworks-Ansatz verbunden werden. Dies ist keine bahnbrechende Erfindung, andere Anbieter setzen schon lange auf diesen. Die verfügbare Version des fluiden Frameworks ist insgesamt allerdings noch zu unausgereift für einen Test auf Alltagstauglichkeit. Insbesondere würden wir gerne mit Usern testen, ob und wie die Task-Unterstützung wirklich funktioniert und ob sie gegenüber den bisherigen Programmen wesentliche Vorteile bietet. Ebenfalls wäre es spannend zu vergleichen, ob das neue Microsoft 365 bestehende Schwächen, die auch bei der GSuite nicht gelöst sind, beheben kann - beispielsweise umständliche Menüs oder die Schnelligkeit beim Arbeiten online.
AI Planner für Termine
Über Künstliche Intelligenz (KI), die Menschen bei der Terminsuche unterstützt, wird nicht erst seit dem Google Assistant gesprochen. Auch Microsoft will ermöglichen, dass die KI beispielsweise aus einem Text die Informationen zu einem Termin erkennt und das Meeting gleich selbst plant.
Das entlastet die Nutzer definitiv - aber nur, solange sie die Kontrolle behalten. Denn wenn das System Termine erstellt, die nicht ihren Vorstellungen entsprechen, dann stresst das die User. Unter Umständen bedeutet dies dennoch einen Zusatzaufwand, weil korrigierend eingegriffen werden muss.
Knowledge Networks
Hier wird es richtig spannend: Das Wissensnetzwerk eines Unternehmens soll allen Mitarbeitenden zugänglich gemacht werden.
Das Project Cortex verwendet KI zur Analyse von Inhalten, die in Microsoft 365 erstellt und über Teams und Systeme hinweg gemeinsam genutzt werden. Auf der Grundlage dieser Daten wird ein Wissensnetzwerk erstellt, das Inhalte automatisch zu gemeinsamen Themen organisiert und aktualisiert. Diese Basis, Content-Typen erkennen und automatisch relevantes Wissen extrahieren zu können, ist die Grundlage der Weiterentwicklung von Project Cortex. Der Fokus liegt darauf, die kognitive Ermüdung der User zu lindern. Dadurch sollen sie effektiver lernen, ihren Horizont erweitern und innovativ werden.
In der Theorie klingt das sehr angenehm und praktisch. Doch auch hier stellt sich wieder die Frage: Wie weit haben die User noch die Kontrolle? Wenn das System Zusammenhänge erkennt, wo keine vorhanden sind, ist das für die User mehr störend als hilfreich.
Fazit
Insgesamt ist Microsoft in der Konzeption und Entwicklung der angekündigten Neuerungen eindeutig auf Nutzer-Bedürfnisse eingegangen. Doch bei dem, was effektiv übrig bleibt, scheiden sich die Geister. Vieles, was beschrieben wird, ist entweder nicht neu oder eher noch Zukunftsmusik. Und über langersehnte Verbesserungen bestehender Applikationen (zum Beispiel die Formatierung von Bildern und Tabellen in Word) schweigt sich der Artikel mit Ausnahme der Suche aus. Ob neue Funktionen und ein neues User Interface dies wettmachen? Wir finden; jein. Das neue User-Interface bringt richtungsweisende Aspekte, die jedoch nicht ausgereift sind und noch an konkreten Aufgaben mit Nutzern getestet werden müssen.