Keine Vertrauensgrundlage

Wer verschlüsselt, ist für die NSA verdächtig

Quelle: Foto: Shutterstock - Mopic
04.07.2014
Wer verschlüsselt, ist für die NSA verdächtig. Eines der NSA-Opfer ist Sebastian Hahn, ein Student aus Erlangen, der einen Server beim Anonymisierungs-Netzwerk Tor betreibt.
Die NSA überwacht alles was im Internet passiert. Grund genug sich vor der Spionage aus Übersee zu schützen. Das dachte sich auch Sebastian Hahn, Student am Lehrstuhl für Informatik in Erlangen. Er betreibt einen Server für das Tor-Netzwerk, das anonymes Surfen im Internet ermöglicht, und geriet dadurch ins Visier der mächtigen NSA.
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Das Tor-Netzwerk nutzen sicherheitsbewusste Surfer, weil sie es als richtig und rechtens ansehen, im Internet anonym zu sein. Für den Zugang zu diesem Anonymisierungs-Dienst eignet sich etwa das auf Firefox basierende Tor-Browser-Paket. Eine mobile Lösung für den USB-Stick bietet der FreedomStick EvilTux Edition.
Im nun bekannt gewordenen Überwachungsfall von Sebastian Hahn berichtet die ARD, dass sich die IP-Adresse seines Tor-Servers in der NSA-Software „Xkeyscore“ befindet. Mit dieser Spionage-Software versuche der Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten über Sebastian Hahn an Informationen der Tor-Nutzer zu kommen.
Durch die Funktionsweise des Tor-Netzwerks ist eine derartige Überwachung allerdings schwierig: Eingehende und ausgehende Verbindungen schickt das Tor-Netzwerk zunächst über mehrere Tor-Server, die weltweit verteilt sind. Erst dann wird der eigentliche Ziel-Server angesprochen. Dadurch wird der Datenverkehr selbst dann anonymisiert, wenn die NSA bereits einige der Tor-Server überwacht.

NSA spioniert und keiner macht was?

Im vorliegenden NSA-Fall geht es allerdings nicht nur um den Server-Betreiber Hahn. Es stellt sich vielmehr die Frage, warum die NSA überhaupt weltumspannend überwachen darf. Immerhin hat die NSA auch Bundeskanzlerin Merkel ausspioniert. Deutschland und USA sind aber weiterhin gute Freunde. Die Kanzlerin redete zwar mal von einem unabhängigen, europäischen Kommunikationsnetz, aber das wird sich wohl nicht ohne Weiteres umsetzen lassen, wenn Deutschland es sich nicht mit den USA verscherzen möchte.
Ein Grund, warum die NSA scheinbar nicht aufzuhalten ist, sind fehlende Internet-Grundrechte: Richtlinien und Gesetze, die Menschen im Internet weltweit schützen. Realistisch betrachtet, wird es diese in naher Zukunft aber nicht geben, denn dafür müsste sich die ganze Welt auf einheitliche Internet-Rechte einigen. Und derartige Versuche sind bereits mehrfach gescheitert - sei es beim Umweltschutz oder der Ächtung bestimmter Kriegswaffen.
Zudem wird die Internet-Überwachung auch von vielen Seiten gewünscht und gefördert. Staaten wollen beispielsweise Korruption aufdecken, bevor sie entsteht. Andererseits ist die Internet-Überwachung auch ein geduldeter Nebeneffekt fortschreitender Technik. Große Konzerne wie Google stoßen unter dem Namen "Smart Home" oder "Internet der Dinge" in sämtliche Lebensbereiche vor und sammeln nebenbei unzählige Nutzerdaten. Das gilt für Smartwatches, Smartphones, Autos, Hauselektrik und neuerdings auch Smartbenches.

Selbst ist der Bürger

Durch das Internet der Dinge, die NSA, Google und Co. ist es inzwischen fast unmöglich, sich einer totalen Überwachung zu entziehen. Und wenn man sich für Verschlüsselung einsetzt wie Sebastian Hahn, wird man erst Recht ausspioniert. Doch davon sollten sichg mündige Internet-Bürger nicht abschrecken lassen, denn aufgrund fehlender Internet-Grundrechte gilt weiterhin: Wer nicht ausspioniert werden will, der muss selber dafür sorgen.

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