Digitalisierung im Handel

6 Beispiele für Blockchain-basierte Lösungen

Quelle: Foto: LuckyStep / Shutterstock.com
27.08.2018
Speziell für den Handel birgt die Blockchain-Technologie großes Potenzial. com! professional zeigt sechs Beispiele von Firmen, die an der Entwicklung Blockchain-basierter ­Lösungen arbeiten.
Goldgräberstimmung einerseits, vorsichtiges Abwarten andererseits - jenseits des Hypes ist längst klar: Die Blockchain-Technologie wird auch den Handel spürbar verändern. com! professional zeigt sechs Beispiele von Unternehmen, die an der Entwicklung Blockchain-basierter ­Lösungen für ihr Business von morgen arbeiten.

Wirecard: Supply-Chain-Plattform

Die Digitalisierung von Lieferketten mithilfe der Blockchain-Technologie hat sich der Payment-Technologie-Anbieter Wirecard zum Ziel ­gesetzt. Derzeit entwickelt das Aschheimer Unternehmen den Prototypen einer universell einsetzbaren Supply-Chain-Plattform, bei der die Prozesse zwischen Produzenten, Spediteuren, Lieferanten und Händlern über Smart Contracts in einer privaten Blockchain von den jeweiligen Marktteilnehmern geregelt werden. Sie soll - angepasst an die jeweiligen Märkte - den Handel von Rohstoffen wie Kaffee, Öl oder Stahl von der Vertragsgestaltung über die Qualitätssicherung und die Herkunftsgarantie bis hin zur sicheren Zahlungsabwicklung in einer dezentralen Datenbank abbilden.
Die Vorteile: Die noch weitverbreiteten langsamen und fehleranfälligen papiergestützten Prozesse werden schneller, sicherer und günstiger - auch, weil auf die bislang zur Vermittlung und Absicherung benötigten Zwischenhändler teilweise verzichtet werden kann. Der Prototyp für den Kaffeehandel soll noch im August vorgestellt werden, für weitere Plattformen laufen derzeit die Gespräche mit potenziellen Partnern. Mit einem ersten Go-live rechnet Wirecard Anfang 2019.

Gamb.io: Online-Marktplatz in Händlerhand

Mit einer "Global Alliance of Merchants on the Blockchain", kurz Gamb.io, will der Bremer Shop-Software-Hersteller Gambio in den Wettbewerb mit Marktplätzen wie Amazon, eBay oder Zalando treten. Die Idee: Viele Händler wünschen sich einen Marktplatz, dessen Regeln sie selbst bestimmen können. Das Konzept: Über eine öffentliche Blockchain werden Smart Contracts abgelegt und gesichert. In diesen Verträgen definieren die an Gamb.io teilnehmenden Händler die Strukturen, Regeln und das Preismodell des Marktplatzes. Die Händler selbst sind Teil der Blockchain, indem sie entweder beim Initial Coin Offering (ICO) oder später über eine Handelsbörse ein "GMB" erwerben, das Token der Gamb.io-Blockchain. Über dieses Token erhalten sie ein Stimmrecht für die weitere Ausgestaltung des Marktplatzes.
Der in der Cloud gehostete Marktplatz wird für alle Händler offen und alle gängigen Shopsysteme werden kompatibel sein. Im Frühjahr 2019 soll die offene Beta-Version stehen, Ende 2019 soll der Marktplatz live gehen. Angedacht ist, das Projekt später einer unabhängigen Stiftung zu übergeben.

Sendeffect & Metro

Sendeffect: Nachweisbares Double Opt-in

Wer Werbe-Mails verschickt, kennt das Problem: Bei zugekauften Adressen ist nicht immer sichergestellt, ob der E-Mail-Empfänger dem Erhalt tatsächlich über ein Double Opt-in zugestimmt hat. Mit der "Doichain" (der Name leitet sich von Doi = Double Opt-in ab) will die Webanizer AG, Anbieter der E-Mail-Lösung Sendeffect, das Problem lösen: Erteilt ein Mail-Empfänger seine Einwilligung, wird diese in der Doichain transparent und unveränderbar abgelegt, der Versender kann dies jederzeit überprüfen. Die Nutzung der gesicherten Adressen bezahlt der Versender mit "DOIs", den Token der Doichain. Diese dienen nicht als Einnahmequelle, sondern dem Schutz vor Spam und werden nach dem Bezahlvorgang vernichtet. Der Betrieb der Doichain soll im Herbst an eine unabhängige gemeinnützige Stiftung übertragen werden.
Gründungsmitglied könnte dann auch die "Certified Senders Alliance" sein, ein Projekt des Eco-Verbands für sicheren Mail-Versand, an dem die größten E-Mail-Provider beteiligt sind. Die Gespräche dafür laufen bereits.

Metro: Gesicherte Massendatenspeicherung

Beim Handelskonzern Metro fallen täglich riesige Mengen von Kassendaten (gekaufter Artikel, Menge, Preis usw.) an, die laut Gesetz zehn Jahre lang sicher archiviert werden müssen. Dafür werden bislang häufig sogenannte Worm-Speicher verwendet (Worm = write once read more), in denen die einmal gesicherten Daten nicht mehr verändert, sondern nur noch in der bestehenden Form ausgelesen werden können. Damit sind die Daten aber nicht mehr für tiefgehende Analysen nutzbar. Das Hamburger IT-Unternehmen Deepshore arbeitet daher an einer neuen Lösung: Über eine private Blockchain werden die Daten verschlüsselt und gegen Veränderungen gesichert. Anschließend werden sie statt in Worm-Speichern flexibel und kostengünstig in einer Cloud abgelegt. Zudem sind die so verschlüsselten Rohdaten damit zeitnah für umfassende Analysen verfügbar. So lässt sich beispielsweise überprüfen, ob eine Werbeaktion den Verkauf eines bestimmten Produkts angekurbelt hat.
Deepshore entwickelt dieses Blockchain-Projekt derzeit als Prototyp für Metro, bis zum Jahres­ende soll es marktreif sein. Prinzipiell ist die Lösung branchenunabhängig auch für Unternehmen der Finanz-, der Versicherungs- oder der Logistik-Branche einsetzbar.

Kodak & Utrust

Kodak: Gesicherte und bezahlte Bildrechte

Das Traditionsunternehmen Kodak sorgte Anfang des Jahres für Schlagzeilen: "Kodak One", eine Blockchain-basierte Bildrechte-Plattform, und "Kodak Coin", die dazugehörige Kryptowährung, sollen Fotografen künftig weltweit bei der Durchsetzung ihres Urheberrechts helfen. Dahinter steht eine Lizenzvereinbarung mit dem Berliner Start-up Ryde, das die Plattform entwickelt, Kodak stellt seinen Marken­namen zur Verfügung. Das Ziel: Fotografen, Medien und Publisher sollen über die Plattform Bildrechte handeln können - direkt und ohne Zwischenhändler, gesichert über die öffentliche Blockchain, in der alle Rechteübertragungen fälschungssicher festgehalten werden. Bezahlt werden die Urheber sofort in "Kodak Coins". Der Plattform-Betreiber erhält eine Transaktionsgebühr.
Im Mai erfolgte der Startschuss für den Initial Coin Offering (ICO), der insgesamt 20 bis 40 Millionen US-Dollar einbringen soll. Es können sich allerdings nur Investoren beteiligen. Diese sollen später eine regelmäßige Gewinnausschüttung erhalten. Für 2019 ist der Live-Betrieb geplant.

Utrust: Kryptowährungen ohne Risiko

Noch ist die Akzeptanz von Kryptowährungen wie Bitcoins im Online Shop eher ein Marketing-Gag denn ein weitverbreitetes Bezahlverfahren. Das möchte das Start-up Utrust ändern: Das junge Unternehmen entwickelt derzeit eine Payment-Lösung, über die Händler jede beliebige Kryptowährung akzeptieren können. Bei vielen Kryptowährungen schwanken die Kurse jedoch enorm. Daher tauscht Utrust das virtuelle Geld sofort in eine reale Währung und zahlt den Händler aus. Utrust setzt selbst auch auf die Blockchain: Die Payment-Lösung bietet wie Paypal einen umfassenden Verkäufer- und Käuferschutz - gesichert durch eine öffentliche Blockchain. Die Anbindung erfolgt direkt über ein Plug-in oder über einen Payment Service Provider.
Überzeugen sollen die Shop-Betreiber die Kosten: Die Transaktionsgebühr beträgt ein Prozent und liegt damit deutlich unter der des Platzhirschen Paypal, dem Utrust Marktanteile streitig machen will. Als Partner ist der auf die Blockchain-Technologie spezialisierte Whitelabel-Lösungsanbieter UMT United Mobility Technology mit im Boot und auch Gamb.io steht auf der Liste der Kooperationspartner.

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