Gastbeitrag

Die Digitale Transformation des Chocolatiers Rausch

Quelle: Foto: Rausch
06.04.2016
Raus aus dem Supermarkt und hin zum Direktvertrieb. Thomas Kitlitschko, Geschäftsführer von Neofonie, beschreibt die Digitale Transformation des Berliner Chocolatiers Rausch.
Regelmäßig erlebt der Handel massive Veränderungen. Viele Unternehmen haben ECommerce strategisch im Geschäftsmodell integriert als sog. Multi-, Cross- oder Omni-Channel Vertriebsstrategie. Während reine Online-Händler, sog. Pure-Player, über keinen stationären Handel verfügen, tun sich Unternehmen mit stationärem Fokus noch relativ schwer, den richtigen Weg ins digitale Zeitalter zu finden. Ganz anders verhält es sich im mittelständischen Traditionshaus Rausch aus Berlin.
Das Unternehmen, das für seine edle Schokoladen weltweit bekannt ist, hat eine klare Strategie formuliert und setzt diese konsequent um. Damit verschwindet die Edelschokolade aus den Verkaufsregalen der Supermärkte. Eine Blaupause für die “Digitale Transformation”?

Der digitale Wandel braucht eine Strategie

Thomas Kitlitschko: Der Neofonie-Chef erläutert die Digitale Transformation des Familienunternehmens Rausch.
Quelle: (Quelle: Neofonie)
Die sog. “Digitale Transformation”, ein Trendbegriff bei dem es um die integrierte Betrachtung von Kunden, Technologien und Geschäftsprozessen geht, hat die Diskussion um eine umfassende Digitalisierung der Geschäftsbereiche und ‐modelle klassischer, traditioneller Unternehmen und ihres Angebotsportfolios neu entfacht. Mit der digitalen Transformation können neue Umsatzpotenziale erschlossen werden.
Das Damoklesschwert des möglichen Absatzrückgangs bzw. der Umsatzkannibalisierung mit anderen Vertriebswegen scheint dabei insbesondere mittelständische Unternehmen von einer klaren, vorausschauenden und weitsichtigen Formulierung ihrer Digitalisierungsstrategie abzuhalten und den Blick auf Potenziale zu versperren. Rausch geht einen mutigen Schritt, indem es eine klare Strategie formuliert und sich vom Vertrieb über den klassischen Einzelhandel zugunsten des Direktvertriebs mit Hilfe digitaler Möglichkeiten verabschiedet. Im September letzten Jahres stellte Rausch die Strategie vor und erklärte, man wolle sich komplett aus dem Lebensmitteleinzelhandel zurückziehen.

Die Digitalisierung ist nur Mittel zum Zweck

Rausch.de: Im Onlineshop werden Kunden sämtliche Produkte des Chocolatiers angeboten.
Aus dem “königlichen Hoflieferant” Fassbender und der “Privat Confiserie” Rausch entstand 1988 Fassbender & Rausch, das Schokoladen aus seltenen Edelkakaos aus aller Welt produziert. Auf dem internationalen Reisebewertungsportal Tripadvisor wird Fassbender & Rausch auf Platz 1 der Berliner Shoppingempfehlungen gelistet. Die feinen Schokoladentafeln sind über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt und waren bis vor Kurzem fast in jedem Supermarkt erhältlich. Denn seit September letzten Jahres gilt die “Tree‐to‐Door”‐Strategie, ganz im Sinne des Qualitätsanspruchs über alle Wertschöpfungsprozesse hinweg, von der Plantage bis hin zum Verkauf.
Insofern geht es Rausch vornehmlich gar nicht um die Digitalisierung um der Digitalisierung willen, sondern um die Qualitätsorientierung, die Rausch seit eh und je prägt und die unter Einsatz und Ausschöpfung digitaler Technologien und Möglichkeiten auf ein neues Niveau angehoben werden soll. Dieser Anspruch soll sich in der gesamten Wertschöpfungskette widerspiegeln, also auch in der Warenpräsentation und in der direkten Kundeninteraktion.

Die Schokoladen gibt es nur noch im Direktvertrieb

Ziel der neuen Vertriebsstrategie soll es sein, “die Premiummarke von der Straße zu holen und ihr zu geben, was ihr zusteht: Eine eigene digitale Bühne, um dort die Geschichten erzählen zu können, die hinter der Marke stehen“, wie es Robert Rausch formuliert, der seit 2014 neben seinem Vater, Jürgen Rausch, die Geschäftsleitung des Unternehmens ausübt.
Der Direktvertrieb unter Einsatz eines Online‐Shops stellt für Rausch die beste Möglichkeit dar, diesem Anspruch gerecht zu werden. Zukünftig werden sämtliche Rausch‐Produkte nur noch im Schokoladenhaus am Gendarmenmarkt und per Direktvertrieb angeboten. Auf diese Weise stellt Rausch sicher, in den direkten Kontakt mit dem Kunden zu kommen. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft hat das Unternehmen unter www.rausch.de die neue Website und den Online‐Shop präsentiert, die vom Berliner IT‐Spezialisten Neofonie entwickelt wurden.

Das Nutzererlebnis entscheidet

Rausch setzt die Messlatte an das Nutzererlebnis hoch. Dabei unterscheidet sich das Nutzererlebnis fundamental von klassischen E‐Commerce‐Shops. Der Kunde soll im Online‐Shop “flanieren“, wie er es im eigenen Rausch‐Schokoladenhaus tun würde ‐ ganz gleich auf welchem Endgerät.
Für den Kunden eröffnen sich auf der Webseite zahlreiche multimediale Geschichten, die Rausch selbst “Erlebniswelten” nennt, rund um Edelkakaos. So kann man sich Videos über den Kakaoanbau auf den Plantagen, über das Familienunternehmen Rausch oder über die Pralinen‐Herstellung in der Rausch Manufaktur anschauen. Der Kunde kann sich über Rausch Schokoladen informieren und erhält über den smarten Produktgenerator eine Sortimentspräsentation. Rausch hat den digitalen Wandel als Chance begriffen und frühzeitig erkannt. Der neue Webauftritt spricht auch eine neue Zielgruppe an.
Ganz im Sinne der digitalen Transformation stehen der Kunde und weniger die Prozesse und die Technologien im Mittelpunkt, weshalb Rausch mit dem jetzigen Online‐Shop Endverbraucher adressiert und parallel an einem dedizierten businessorientierten B2B‐Shop arbeitet, dessen Livegang im laufenden Jahr erfolgen wird. Obwohl sich viele Merkmale und die Bedürfnisstruktur von Privatkunden und Businesskunden ähneln, überwiegen die Unterschiede. Rausch hat sich entschieden, diesem Umstand mit einem eigenen B2B‐Shop mit entsprechenden Funktionalitäten Rechnung zu tragen.

Der digitale Wandel fängt erst jetzt so richtig an

Die digitale Transformation bringt substanzielle Veränderung im Unternehmen und die Unternehmenskultur, gerade dem Mittelstand und kleineren Unternehmen bieten sich hiermit bisher nie da gewesene Chancen. Die Digitalisierung der Prozesse schreitet nicht nur im Kontext von Marketing und Vertrieb voran, sondern betrifft alle Fachbereiche im Unternehmen. Gerade Traditionsunternehmen dürfen sich nicht zurücklehnen und sich auf ihre erfolgreiche Historie verlassen, sondern müssen sich schnell und flexibel auf sich verändernde Kundenanforderungen, zunehmende Angebotsvielfalt, Transparenz und eine sich an eine massiv verändernde Technologielandschaft anpassen. Die Digitalisierung ist jedoch nur Mittel zum Zweck.

Ziel, Strategie und Machbares ausloten

Im Vordergrund steht die Frage nach dem Ziel, der Strategie und dem Machbaren, die in enger Zusammenarbeit mit IT und Technologieexperten beantwortet werden muss. Kundenbedürfnisse und Geschäftsprozesse stehen hierbei im Einklang. Digitale Technologien bilden das entsprechende Bindeglied und müssen stetig, langfristig und kontinuierlich angepasst und überdacht werden. Der Edelschokoladenhersteller Rausch hat Ziele definiert, eine mutige Strategie formuliert und setzt diese mit seinen Partnern um.

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