Data-driven Commerce

Die Kunden verstehen und begeistern

Quelle: Foto: Shutterstock / Billion Photos
29.11.2021
Datenanalysen sind ein probates Mittel, um Kunden zu gewinnen und zu halten. Doch auf dem Weg zu einem datengetriebenen Handelsunternehmen liegen viele Herausforderungen.
Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchte – die Disposition von Frischeprodukten stellt für Supermarktketten eine besondere Herausforderung dar. Entscheidend ist, dass sie ihren Kunden in jeder Filiale jeweils die richtige Menge davon zur Verfügung stellen. Eine wichtige Rolle spielt hier die automatisierte Disposition auf Basis genauer Absatzprognosen. Damit lassen sich kostspielige Über- oder Unterbestände verhindern, Leerverkäufe werden vermieden und das Sortiment ist stets verfügbar. Neben unternehmensinternen Daten beziehen die Supermarktketten auch wichtige Einflussfaktoren wie Sonder­aktionen, Feiertage oder das Wetter mit ein. Denn es gilt: Je wärmer es ist, umso häufiger wird gegrillt und umso mehr Frischfleisch wird beispielsweise verkauft.
Der bedarfsgerechte Einkauf von Waren auf Basis von Datenanalysen ist ein Beispiel für Data-driven Commerce. Ein weiteres häufiges Anwendungsszenario ist Churn-Management, sprich der Versuch, die Abwanderung von Kunden zu vermeiden. KI-gestützte Datenmodelle sagen dann etwa bei Telekommunikations-Unternehmen die Kündigungswahrscheinlichkeit voraus und identifizieren Kunden mit einem potenziell höheren Abwanderungsrisiko. Vertrieb und Marketing können dann im Zusammenspiel reagieren und beispielsweise Kampagnen gezielter ausrichten oder Rabatte und andere Incentives anbieten, um die entsprechenden Kunden zu halten.

Was ist Data-driven Commerce?

Data-driven Commerce scheint derzeit eines der wichtigsten Themen im Handel zu sein. Der Begriff bedeutet viel mehr als auf Kennzahlen gestützter Handel. Denn durch die Digitalisierung sammeln Unternehmen jetzt in allen Phasen des Einkaufsprozesses (Customer-Journey) eine Unmenge an Daten. Die Kunden geben hier viele Informationen preis, die Firmen für die Kundenbindung analysieren und nutzen können.
„Data-driven Commerce ist ein Sammelbegriff für verschiedene Themen, die darauf ausgelegt sind, aus Daten Wissen zu erzeugen und Umsätze zu generieren. Ziel auf Vertriebsseite ist es, den Kunden zum richtigen Zeitpunkt das richtige und individuell passende Angebot zu unterbreiten“, erklärt Martin Böhn, Vice President of Enterprise Applications & related Services beim Analystenhaus BARC. Dazu sei Wissen über die Kunden und ihre Interessen notwendig, über das eigene Portfolio sowie die Zusammenhänge für Angebote von ergänzenden Produkten und Leistungen, so Martin Böhn.
Laut Ulrich Hatzinger, Leiter des Presales-Teams beim Datenanalyse-Spezialisten Tibco, setzt die personalisierte Ansprache der Kunden eine Auswertung der kanalübergreifend gesammelten Daten in Echtzeit voraus. „Nur dann ist es möglich, die Interaktion mit den Kunden zu optimieren und zu automatisieren mit dem Ziel, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und so den eigenen Marktanteil auszubauen. Das gilt sowohl für B2C als auch für B2B.“

Corona verändert die Lage

Ein wesentlicher Treiber für den Trend zu Datenanalysen im Handel war und ist die Corona-Pandemie. Die Umsätze im Internethandel gingen im vergangenen  Jahr durch die Decke, da Kunden verstärkt online einkauften. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Die Corona-Pandemie forciert die Digitalisierung und verändert damit auch die Customer-Journey, also den Weg, den ein Kunde vom ersten Kontakt über den Kauf oder Vertragsabschluss bis hin zum Service nimmt. Gerade beim Kontakt mit Kunden gilt: Die Nase haben diejenigen Firmen vorn, die über genügend Daten verfügen, die sie verwenden können. Sehr aufschlussreich sind hier die Ergebnisse zweier Studien, die während beziehungsweise nach der ersten Welle der Pandemie erstellt wurden.
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hat im Frühjahr 2020 während der ersten Corona-Welle über
250 Manager aus unterschiedlichen Branchen inklusive Handel befragt, wie sie Daten in ihren Geschäftsmodellen nutzen. Das Ergebnis zeigt, dass im Bereich Data-driven Commerce noch viel Potenzial steckt: Im Handel gaben 57 Prozent der Befragten an, im Marketing- oder Verkaufsprozess ohne externe Daten zu arbeiten. Jeder zweite Händler (50 Prozent) war sich nicht sicher, wie er datengetriebene Methoden für sein Geschäft nutzen kann. Hier ist laut BVDW der Gesetzgeber gefordert, klar zu benennen, inwieweit die Nutzung und Verdichtung nicht personenbezogener Daten tatsächlich erlaubt ist.
Ein etwas anderes Ergebnis zeigt die Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand 2020/2021“, für die Techconsult im letzten Quartal 2020 mehr als 2000 kleine und mittelständische Unternehmen befragte – das heißt nach der ersten und während der zweiten Corona-Welle. Demnach setzen viele Händler auf Daten, um Produkt­sortiment und Angebote eng an den Bedürfnissen ihrer Kunden auszurichten: 82 Prozent der Handelsunternehmen analysieren regel­mäßig Geschäftsdaten, Kundendaten sowie Produkt- und Lieferantendaten, um Portfolio und Kundenansprache zu optimieren.
Damit zählt der Handel im Branchenvergleich (durchschnittlich 76 Prozent) zu den digitalen Vorreitern. Viele Handelsunternehmen sind demnach auch in den sozialen Netzwerken präsent, um Produkte und Angebote zu präsentieren. Ein Drittel der Händler wertet daraus resultierende Daten bereits aus. 26 Prozent der Handelsbetriebe, die Datenanalysen einsetzen, nutzen deren Potenzial zum Cross- und Upselling.

Viele Einsatzszenarien

Natürlich wurden für die beiden Studien verschiedene Firmen befragt und die Ergebnisse sind nicht repräsentativ – sie zeigen aber den Trend, dass Corona auch das Thema Data-driven Commerce beflügelt. Die Analyse von Daten bietet dem Einzelhandel in der Tat viele Vorteile in mannigfaltigen Anwendungsszenarien. Ein einfaches Beispiel ist die Analyse des Verhaltens und der Verweildauer von Besuchern auf der Website: Wie lange haben sie welche Seite besucht? Welche Inhalte haben sie angeklickt? Oder haben sie sogar persönliche Daten und ihre E-Mail-Adresse hinterlassen, ein Formular ausgefüllt, einen Gutschein eingelöst oder im Online-Shop ein Produkt bestellt?
„Händler können dieses individuelle Kundenprofil mit jeder dokumentierten Interaktion Schritt für Schritt verfeinern und so auch voraussagen, was Besucher interessieren könnte. Oder ich kann dann passendes Zubehör anbieten im Sinne von ‚Dinge, die zusammen gekauft werden‘“, erklärt Ulrich Flamm, Industry Director Retail, Consumer Products & Chemicals beim Service-Management-Unternehmen ServiceNow. „Zudem lassen sich auch komplette Kundengruppen profilieren. Welche Kunden schauen sich welche Schuhe oder welches T-Shirt wie lange an? Daraus ergibt sich auch die Chance, die künftige Kollektion auf den Kundengeschmack auszurichten.“
Genauso gut ist es möglich, Kunden einen Rabatt oder einen Gutschein anzubieten, wenn sie wiederkommen, nachdem sie auf einer Website den Kauf eines Produkts abgebrochen haben. Diese personalisierte und genaue Ansprache mit individuellen Angeboten ist einer der großen Pluspunkte von Data-driven Commerce. Welcher Kunde ist für welche Leistung empfänglich? „Wenn ich weiß, dass ein Kunde ein großer Fußballfan ist, kann ich ihm etwa im Vorfeld einer EM oder WM beispielsweise ein TV-Gerät oder einen Beamer anbieten. Das ist natürlich nur ein sehr einfaches Beispiel, echte Modelle sind genauer und spannender“, sagt Martin Böhn. „Über Next Best Action lässt sich dieser Prozess gut steuern. Das System schlägt hier den nächsten Schritt für die weitere Vorgehensweise automatisiert vor. Das kann das Angebot eines bestimmten Produkts sein, ein Spezialpreis oder die Art und Weise der Kundenansprache, etwa per Mail oder Telefon.“

Business-Case schon beim Start

Doch wie können sich Handelsfirmen auf Data-driven Commerce vorbereiten? Welche Vorgehensweise empfiehlt sich bei der Implementierung? Neben der technischen Infrastruktur für die effiziente Analyse von Daten geht es zunächst darum, die eigenen Anforderungen zu klären mit Fragen wie: Was will ich erreichen? Welche Daten, welche Prozesse sind betroffen? Welche Datenquellen müssen wir integrieren? Wie soll die Architektur aussehen?
Martin Böhn von BARC rät Firmen hier, zunächst strategische Ziele zu definieren (zum Beispiel 20 Prozent mehr Umsatz) und mit einem einfacheren Anwendungsfall zu beginnen: „Der Use-Case muss klar beschrieben sein, um sich nicht zu verzetteln. Der Fall sollte so gestaltet sein, dass Firmen nicht zu viele Systeme wie Webshop, ERP- oder CRM-Lösung miteinander koppeln müssen. Zudem sollten die notwendigen Daten und Informationen bereits vorhanden sein. Es empfiehlt sich, klein anzufangen und dann in den Folgeprojekten tiefer und breiter zu werden, sprich mehr Kanäle, Produkte oder Kundengruppen einzubeziehen.“
Laut Ulrich Hatzinger von Tibco sollte bei jedem Projekt von Anfang an ein Business-Case stehen mit Zielen wie Kundenzufriedenheit steigern oder Umsatz oder Marktanteile erhöhen: „Sind diese Ziele klar definiert, ist es einfacher, die richtigen und passenden Daten für den jeweiligen Anwendungsfall auszuwählen.“ Hintergrund: Die Daten stammen aus verschiedenen Quellen wie dem CRM- oder ERP-System, Payback, Zufriedenheitsumfragen oder Social Media. Firmen benötigen nicht alle Datentöpfe, sollten aber möglichst schnell und mit möglichst geringem Aufwand auf die Daten zugreifen können.
„Der Zugriff auf die Daten stellt die erste große Herausforderung beim Data-driven Commerce dar, weil die Daten aus unterschiedlichen Quellen stammen und für jeden Use-Case entsprechend zusammengeführt werden müssen. Für die schnelle Bereitstellung ist eine agile Datenarchitektur notwendig. Hier gibt es verschiedene Ansätze mit Data Warehouses, Data Lakes oder auch Datenvirtualisierung beziehungsweise einem Mix aus diesen Methoden“, erklärt Ulrich Hatzinger.
Viele Datenpunkte: Die Informationen über Kunden fließen aus verschiedenen Quellen zusammen und lassen sich in Datengruppen zusammenfassen.
Quelle: (Quelle: BDVW )

Data Lake vs. Data Warehouse

Kurze Begriffsklärung: Ein Data Lake (Datensee) speichert und verwaltet als zentrales Repository sämtliche Daten aus verschiedenen Quellen in ihrem ursprünglichen Rohformat. Die Daten können strukturiert oder unstrukturiert sein; neben text- oder zahlenbasierten Daten kann der Data Lake auch Bilder, Videos oder andere Datenformate aufnehmen. Roh bedeutet, dass die Daten nicht bereinigt, validiert oder transformiert werden. Es handelt sich wirklich um die Originaldaten im Originalformat.
Dazu Ulrich Hatzinger: „Der zentrale Speicherort erleichtert zwar die Erfassung von Daten und bietet eine hohe Rechenleistung, aber die Herausforderungen an Verfügbarkeit, Aufbereitung und Integration der Daten bleiben. Denn es reicht nicht, Daten in ihrer Rohform zu speichern. Firmen müssen ihre Daten validieren, mit Metadaten ver­sehen, normalisieren oder verknüpfen, um sie in möglichst optimaler Qualität für analytische Aufgaben einsetzen zu können.“
Anders verhält es sich mit dem Data Warehouse, in dem die gespeicherten Daten bereinigt, transformiert, standardisiert, integriert und angepasst werden, um sie meist in SQL-Tabellen zu speichern. Letzteres eignet sich daher auch als Basis für Analysen durch klassische Business-Anwender – nicht nur für Data Scientists. Die Daten sollten na­türlich alle Kriterien für hohe Qualität erfüllen wie Korrektheit, Konsistenz, Vollständigkeit, Aktualität oder Einheitlichkeit. Das kostet viel Zeit und Geld, da es komplexer wird, je mehr Daten integriert werden.
Traditionelle Ansätze wie ETL (Extract, Transform, Load) auf Basis von Data Warehouses oder Data Lakes, bei denen Daten für Analysen zunächst gespeichert und transformiert werden müssen, gelangen mit der wachsenden Anzahl an Datenquellen, Big Data und Cloud-Applikationen sowie den Anforderungen an hohe Agilität und möglichst geringen Zeitaufwand zunehmend an Grenzen.

Agil durch Datenvirtualisierung

Hier kommt die Datenvirtualisierung ins Spiel. Sie bündelt als eine Art Middleware über Konnektoren Daten aus verschiedenen Quellen in einem virtuellen Datenmodell und stellt diese direkt bei der Abfrage zur Analyse bereit. Die Daten werden dabei nicht physisch bewegt und kopiert, sondern bleiben an ihrem ursprünglichen Speicherort, sei es in der Cloud oder auf einer lokalen Storage-Lösung. Das System im Hintergrund kann dabei auch ein Data Lake oder ein Data Warehouse sein.  
Bei der Datenvirtualisierung werden Informationen nicht als physische Kopie gespeichert, sondern stehen virtuell zur Verfügung. Wenn die Datenquelle die Daten nicht schnell genug zur Verfügung stellen kann, dann lässt sich der Zugriff mit einem leistungsfähigen Cache optimieren. In vielen Fällen ist das nicht notwendig, da der Query- Optimizer den effizienten Umgang mit Ressourcen gewährleistet. Die Integration der Daten, also das Laden aus den Zielsystemen und die Aufbereitung, erfolgt zum Zeitpunkt der Abfrage. Das sorgt für die schnelle Verfügbarkeit der Daten und eine agile Datenarchitektur. Neue virtuelle Sichten können innerhalb weniger Minuten zur Verfügung gestellt werden.
„Durch Datenvirtualisierung ist es möglich, relevante Informationen aus verschiedenen Quellen mehr oder weniger in Echtzeit zu integrieren. Die Anwender finden Daten selbst für spezielle Fragestellungen oder Auswertungen für bestimmte Regionen ohne aufwendige Suche, können binnen weniger Minuten die benötigte Sicht auf Daten erstellen und die Ergebnisse visualisieren“, sagt Tibco-Mann Ulrich Hatzinger. Die Datenexperten arbeiten zudem viel effizienter, da sie weniger Zeit für die Aufbereitung der Daten benötigen.
Ein weiterer Effekt: Datenvirtualisierung überwindet Datensilos und schafft eine einheitliche Schnittstelle für alle benötigten Datenquellen. Für die Anwender sieht es so aus wie eine einzelne, einheitliche Datenbank, sie wissen nicht, aus welchem Topf die Informationen stammen. „Es sind keine Datenkopien für die Analyse mehr notwendig, der Bedarf an Speicherplatz sowie der Administrationsaufwand sinken und die Data Governance vereinfacht sich mit der einheitlichen Datenzugriffsschicht für unterschiedliche Systeme“, betont Ulrich Hatzinger.

Erkenntnisse operativ umsetzen

Neben der Datenqualität, der Datenintegration sowie dem schnellen Zugriff auf Daten aus unterschiedlichsten Quellen gibt es beim Thema Data-driven Commerce noch weitere Fallstricke. Häufig werden die Datenquellen unrealistisch eingeschätzt. „Firmen wählen zu viele Datenquellen aus, die nicht zueinander passen; die Quelle ist zu klein für das, was ich haben will. Oder die Daten sind nicht verlässlich, unvollständig oder veraltet“, sagt Martin Böhn.  
Im nächsten Schritt fließen die vorbereiteten Daten in das Datenmodell ein. Hier ist zu beachten: Es gibt viele unterschiedliche Ansätze und Modelle, um aus Daten etwa Prognosen zum Kaufverhalten abzuleiten. Die Palette reicht von klassischen Data-Mining-Methoden wie Clustering oder Regressionsanalyse über Elemente der Spieltheorie bis hin zum maschinellen Lernen. Dazu Martin Böhn: „Welche Methode oder welcher Algorithmus am besten funktioniert, hängt von vielen Faktoren ab, etwa vom Ziel, den Fragestellungen und auch von den Datenmerkmalen. Dann geht es darum, die Modelle, die Datenanalyse und das Training der Modelle in einem immerwährenden Prozess stetig zu verfeinern.“
Am Ende sollten Unternehmen die gewonnenen Erkenntnisse erfolgreich in die Geschäftspraxis übertragen. Führungskräfte treffen auf Basis der automatisierten Prognosen Entscheidungen, die eine bestimmte Zielgröße im Unternehmen verbessern und einen Mehrwert für das Unternehmen stiften. Die Maschine liefert Handlungsemp­fehlungen und beantwortet die Frage: Wie müssen wir handeln, damit ein zukünftiges Ereignis (nicht) eintritt? Ein Beispiel: Ein Supermarkt kann dank der besseren Absatzvorhersage die Warendisposition effizienter gestalten und seine Lager rechtzeitig auffüllen, Fehlmengen senken oder vermeiden – und dadurch im Ergebnis seine Umsätze erhöhen.
„Die verantwortlichen Manager im Unternehmen sollten sich natürlich nicht blind auf die Ergebnisse der Maschine verlassen, sondern die Empfehlung auch mit ihrem Fachwissen und ihrem gesunden Menschenverstand überprüfen und bewerten. Gibt es Sondereffekte? Ein unerwarteter Erfolg etwa bei der Fußball-EM kann den Bierkonsum schnell steigern und die Prognosen übertreffen“, gibt Martin Böhn zu bedenken.  

Changemanagement

Dabei ist auch Changemanagement gefragt. Beim Data-driven Commerce müssen sich etwa Produktentwickler, Vertriebs- oder Marketingmitarbeiter von ihrer herkömmlichen Arbeitsweise zum Teil verabschieden oder sich selbst hinterfragen. „Wenn die Maschine sagt, mit dieser Methodik verkaufen wir 10 Prozent mehr Produkte, sollten die Mitarbeiter das nicht als Kritik an ihrer Person wahrnehmen. Hier entsteht eine neue Art der Interaktion. Entscheidend ist hier Transparenz, damit die Menschen verstehen, wie die Maschine zu dieser automatisierten Entscheidung kommt“, so Martin Böhn weiter.
Ulrich Flamm von ServiceNow sieht als weitere Herausforderung das Thema Data Governance. Da die Daten und Datenquellen immer heterogener werden, sollten Firmen seiner Meinung nach Organisationsstrukturen und Regelwerke aufbauen, die den Umgang mit diesen Daten regeln. „Hier werden neue Rollen ausgeprägt, etwa die des Data Stewards, der sich um die Pflege und die Qualität all dieser Daten kümmert. Außerdem sollten Unternehmen Silos in der Organisation auflösen und Schnittstellen zwischen den einzelnen Abteilungen schaffen, zum einen technisch für den Austausch von Daten, zum anderen personell zum Aufbau übergreifender Omnichannel-Teams“, erläutert Ulrich Flamm.
Noch besser sei der Aufbau eines eigenen Kompetenzzentrums oder einer eigenen Abteilung für das Thema Data- driven mit Mitgliedern aus der IT, den Fachabteilungen und Analytics-Spezialisten wie Data Scientists, so Ulrich Flamm. „Die Leitung dieser Abteilung sollte am besten eine Verbindung zum Business-C-Level aufweisen. Sie brauchen eine übergeordnete Instanz, um Veränderungen beziehungsweise einen Change durchdrücken zu können.“

Fazit & Ausblick

Data-driven Commerce bietet viele Potenziale zur besseren Kundenansprache und zur Stärkung von Umsatz und Kundenbindung. Der Erfolg von Unternehmen wie Amazon oder Zalando beruht auf der Auswertung von Daten. Die beiden Online-Händler wissen, was ihre Kunden wollen, können ihr Sortiment optimieren und ihren Kunden die richtigen Produkte anbieten. Es ist davon auszugehen, dass künftig diejenigen Händler den Markt dominieren beziehungsweise im Wettbewerb bestehen, die das Potenzial der Datenanalyse ausschöpfen und daraus die richtigen Schlüsse für ihr Geschäft ziehen.
Auf dem Software-Markt gibt es natürlich eine sehr große Anzahl an Lösungen, die Firmen beim Aufbau von Data-driven Commerce unterstützen. Das Problem: Die Software-Landschaft ist überaus vielfältig.
Entsprechend schwer fällt die Auswahl. Die Palette reicht dabei von umfangreichen CRM-Tools wie Microsoft Dynamics 365, SAP oder Salesforce bis hin zu Speziallösungen, etwa von Acquia oder Pegasystems, und Software zur Datenvirtualisierung wie Tibco oder Informatica mit Funktionen für Advanced Analytics, die Kundendaten aus unterschiedlichen Quellen aggregieren und analysieren – eine Grundvoraussetzung für funktionierenden Data-driven Commerce.
Für den Start gilt folgende Empfehlung: Firmen sollten mit einem konkreten, überschaubaren Anwendungsszenario anfangen und dann einen Schritt nach dem anderen machen. Wichtig sind zudem die Unterstützung durch das Management und ein passender organisatorischer Rahmen mit einem abteilungsübergreifenden, interdisziplinären Kompetenzteam.

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