Im sechsten Gang mit Vollgas durchs Netz
Weiter ausgereizt: Wi-Fi 6
von Rüdiger Sellin - 14.05.2020
802.11ax erhöht die spektrale Effizienz und damit den maximal möglichen Datendurchsatz weiter. Jeder einzelne Stream wird beim Sender mit Orthogonal Frequency Division Multiple Access (OFDMA) „gemultiplext“. Bei dieser Modulationsart wird jeder Kanal in Dutzende oder gar Hunderte kleinerer Unterkanäle unterteilt, jeder mit einer etwas anderen Frequenz. Indem man diese Signale dann rechtwinklig dreht (orthogonal), kann man sie näher aneinander stapeln und beim Empfänger dank ausgeklügelter Algorithmen trotzdem schnell „demultiplexen“.
Ergebnis dieser Maßnahmen: Mit 160 MHz Kanalbreite, vier parallel genutzten Streams (MIMO) und 1024-Quadrature-Amplitude-Modulation (QAM) erreicht man theoretisch eine maximale Übertragungsrate von 4,8 GBit/s (brutto). Diese klare Verbesserung spiegelt sich in einer weiteren Erhöhung des flächenbezogenen Durchsatzes in Bits pro Quadratmeter (Bit/s/m2) wider. Bildlich gesprochen packt 1024-QAM die Bits pro Quadrant doppelt so eng wie 512-QAM.
Und die Packungsdichte nimmt weiter zu: Bereits definiert sind 2048- und 4096-QAM, wobei es lediglich eine Frage der Zeit sein dürfte, bis es passende Chips dazu gibt.
Labortests haben gezeigt, dass allein das verbesserte OFDMA die spektrale Effizienz um das Zehnfache erhöht. Theoretisch könnte man also von einer Verzehnfachung der maximalen Bandbreite sprechen, wobei sich die effektive Funkkapazität gegenüber Wi-Fi 5 etwa vervierfacht hat. OFDMA ähnelt übrigens dem beim Mobilfunkstandard 4G/LTE verwendeten Modulationsverfahren stark und ermöglicht hier wie dort einen effizienteren Umgang mit den knappen Funkfrequenzen sowie deutlich mehr Anwender im gleichen Netz.
Der Vorteil: OFDMA kann den Frequenzbereich eines WLAN-Kanals pro Zeiteinheit in mehrere Frequenzblöcke unterteilen. Die auf diese Weise entstandenen Sub-Carrier werden Resource Unit (RU) genannt und dürfen gemäß Standard bis zu 2 MHz schmal sein, was besonders für die zahlreichen Endgeräte des Internets of Things (IoT) völlig ausreicht.
Diese schmalen Unterkanäle blockieren im Gegensatz zu allen früheren Wi-Fi-Generationen während Datenübertragungen keine kompletten 20 MHz, 40 MHz oder gar 80 MHz breiten Kanäle mehr für sich allein, was eine Mehrfachnutzung der begehrten Frequenzen erlaubt.
Wi-Fi 6 kann je nach Bedarf aber auch mehrere 2-MHz-Kanäle zu breiteren Datenstraßen zusammenfassen. Überdies können die kompatiblen Endgeräte gleichzeitig senden und empfangen – auch das ist ein Novum in der WLAN-Geschichte. Doch was ist mit der Sicherheit, wenn Hunderte IoT-Endgeräte im WLAN funken?
Höhere Sicherheit dank WPA3
Dazu bietet der kürzlich vorgestellte Sicherheitsstandard WPA3-Enterprise verbesserte Authentifizierungsmechanismen und eine nochmals stärkere Verschlüsselung. WLAN-Spezialisten sind überzeugt, dass sich WPA3 trotz seiner Komplexität in Business-Umgebungen mit 802.11ax mit zentraler Authentifizierung schnell durchsetzen wird.
Gegenüber dem Oldie WPA2 dürfte WPA3 im Geschäftsbereich für Wi-Fi 6 nach Expertenmeinung schnell obligatorisch werden. Aber auch WPA3-Personal als Variante für den privaten Massenmarkt bringt Verbesserungen in Form von mehr Sicherheit und mehr Komfort und dürfte sich in den nächsten Jahren durchsetzen.
Eine weitere Neuentwicklung im Bereich WLAN-Sicherheit trägt den Namen Opportunistic Wireless Encryption (OWE). OWE soll die Sicherheit besonders in PWLANs erhöhen, also in öffentlichen Netzwerken in Bahnhöfen und an Flughäfen. OWE bietet vollautomatische Verschlüsselung, ohne dass ein Benutzereingriff notwendig ist. Zwar sind weder OWE noch WPA3-Personal Voraussetzungen für IEEE 802.11ax, Experten nehmen jedoch an, dass beide Verfahren gemeinsam entwickelt und künftig in Wi-Fi-6-basierten WLANs integriert werden.