Sta­tus quo Virtual Reality

VR-Welten zwischen Hype und Praxis

von - 07.12.2017
Virtual-Reality-Brille
Foto: Foto: Shutterstock / Halfpoint
VR-Technologien werden teamfähig und verkürzen Produktionszeiten. Bis die Virtuelle Realität allerdings auf breiter Front in Industrie und Wirtschaft zum Einsatz kommt, sind noch einige Hindernisse zu meistern.
Der Virtual-Reality-Markt boomt. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte und des Branchenverbands Bitkom soll der Umsatz mit VR allein im deutschen Consumer-Markt bis 2020 auf über eine Milliarde Euro steigen, weltweit werden es nach Prognosen von Statista und Digi-Capital über 20 Milliarden Dollar sein. Bis 2021 werden laut IDC rund 67 Millionen VR-Brillen einen Käufer finden. Jeder dritte Deutsche werde 2018 eine Virtual-Reality-Brille besitzen, prognostiziert die Hamburger Initiative für die Medien- und Digitalwirtschaft NextMedia.Hamburg.
Knapp 30 Prozent der Headsets werden nach der Prognose der IDC-Marktforscher nicht in Gamer-Haushalten landen, sondern für kommerzielle Zwecke eingesetzt werden. Immer mehr Branchen entdecken das Potenzial der Technologie für Entwicklung, Projektierung, Simulation, Training und Marketing. Unternehmen aus den Bereichen Immobilienentwicklung, Tourismus und Entertainment, aber auch der produzierenden Industrie sowie aus Transport und Logistik haben das Thema adaptiert und nutzen bereits VR-Lösungen.

Das Angebot an VR-Brillen wächst

Die Hersteller von VR-Brillen, auch Head-Mounted Devices (HMDs) genannt, reagieren auf die steigende Nachfrage und erweitern ihr Angebot oder haben zumindest neue Modellvarianten angekündigt. So liefert etwa Samsung seine neueste Variante der gemeinsam mit dem VR-Pionier Oculus Rift entwickelten Gear VR auch mit einem zusätzlichen Controller aus, der die Bedienung komfortabler machen soll und erweiterte Aktionen in der virtuellen Welt ermöglicht. Mit einem empfohlenen Verkaufspreis von 129 Euro liegt das Set allerdings über der von Samsung selbst ausgerufenen psychologischen Verkaufsschwelle von 100 Euro. Etwas preisgünstiger ist die Daydream View von Google, die mit 109 Euro zu Buche schlägt und ebenfalls mit einem Controller geliefert wird. Beide Geräte benötigen zum Betrieb ein VR-fähiges Smartphone, das in die Brille eingelegt wird. Das Samsung-Modell unterstützt die unternehmenseigenen Galaxy-Modelle ab der Version S6 sowie das Galaxy Note 5, während die Google-Variante ein Smartphone voraussetzt, das mindestens Version 7.1 des Betriebssystems Android installiert hat.
Gemeinsames Arbeiten bei Audi: Im virtuellen Raum soll die Entwicklung neuer Produkte beschleunigt werden.
(Quelle: Audi AG)
Ganz unabhängig von einem Smartphone sollen Brillen funktionieren, die zwar wie die Daydream View auf Googles VR-Plattform Daydream basieren, Bildschirm und Rechner-Hardware aber bereits eingebaut haben. Bisher gibt es allerdings nur Ankündigungen. So will etwa das mittlerweile zu großen Teilen von Google übernommene Unternehmen HTC mit der Vive Standalone eine solche Brille anbieten und auch von Lenovo soll eine Daydream-Standalone-Variante kommen.
VR-Brillen auf Basis von Smartphone-Technologie eignen sich vor allem für vorgefertigte Inhalte. Sie werden in Vergnügungsparks eingesetzt, um Achterbahnfahrten noch aufregender zu machen, erlauben es im Tourismus, Hotels und Urlaubsorte vor der Reise virtuell zu besuchen, oder geben potenziellen Autokäufern einen Eindruck ihres Fahrzeugs.
Wesentlich anspruchsvoller sind dagegen Einsatzszenarien, in denen die virtuellen Inhalte in Echtzeit verändert werden sollen, oder in denen sehr vielschichtige und komplexe Welten zu sehen sind, etwa im Design von Automobilen, Schiffen oder Flugzeugen, bei der Entwicklung von Industrieanlagen oder der Simulation wissenschaftlicher Experimente. In diesen Fällen reicht die Rechenkapazität eines Smartphones nicht aus. Stattdessen muss die Brille mit einer High-End-Workstation oder zumindest einem leistungsfähigen PC verbunden werden. Brillenmodelle für diesen Einsatzzweck sind beispielsweise HTC Vive oder Oculus Rift. Sie verfügen über eigene Displays und sind nicht nur deutlich schwerer als die Smartphone-Varianten, sondern auch erheblich teurer. Das Modell Oculus Rift schlägt mit circa 450 Euro, die Alternative HTC Vive mit 700 Euro zu Buche. Von letzterer gibt es außerdem für 1150 Euro eine Business Edition HTC Vive BE, die neben der Lizenz zur kommerziellen Nutzung eine Support-Hotline für Unternehmenskunden und eine zusätzliche Gewährleistung von zwölf Monaten bietet.
Eine Sonderstellung bei den VR-Brillen nimmt die HoloLens von Microsoft ein. Sie bettet virtuelle Elemente in eine holografische Darstellung der realen Umgebung ein und stellt so eine Mischung aus beiden Welten dar, die als Mixed Reality bezeichnet wird. Möglich macht das ein in die Brille integrierter PC, der über Sensoren und Kameras Informationen aus der Umgebung und den Bewegungen des Trägers erhält. Das macht die Brille mit knapp 600 Gramm allerdings recht schwer – und hat seinen Preis. Die Developer Edition der HoloLens liegt bei knapp 3300 Euro, die Commercial Suite, die zusätzliche Funktionen für Sicherheit und Geräte­management enthält, ist für rund 5500 Euro zu haben.
Für die HoloLens hat Microsoft eine eigene Entwicklerplattform geschaffen, die ursprünglich Windows Holographic hieß, mittlerweile aber als Windows Mixed Reality vermarktet wird. Auf dieser Plattform lassen sich nicht nur Anwendungen für die HoloLens, sondern auch für eine ganze Reihe preisgünstigerer Mixed-Reality-Brillen programmieren, die von Hardware-Herstellern wie Acer, Asus, Dell, HP, Lenovo und Samsung angeboten werden. Bei diesen Headsets, die zwischen 350 und 500 Euro kosten, handelt es sich aber genau genommen nicht um Mixed-Reality-Devices, auch wenn der Name dies suggeriert, sondern um reine VR-Brillen. Sie benötigen zum Betrieb zudem einen Windows-10-PC mit aktuellem Windows-Creator-Update.
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