Ikea setzt beim E-Commerce auf Virtual Reality

Mit VR-Brille die Wohnung virtuell einrichten

von - 20.04.2018
com! professional: Sehen Sie VR eher als Erlebnis für den stationären Handel oder glauben Sie, dass die Menschen irgendwann tatsächlich virtuell einkaufen?
Möhring: Sowohl als auch. Wir sind dabei, die VR-Anwendung auch online im Oculus-Store verfügbar zu machen. Dort kann man die Anwendung kostenlos herunterladen und dann mit dem eigenen VR-Device zu Hause die gleiche Experience erleben wie im Einrichtungshaus. Natürlich behalten wir auch die neuen Möglichkeiten mit Web-VR im Auge. Denn uns ist sehr daran gelegen, dieses Erlebnis möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Das ist einfach Teil unserer DNA.
com! professional: Aber noch kann man nicht in den VR-Anwendungen einkaufen.
Möhring: Wir können in der aktuellen VR-Anwendung, die wir im Einrichtungshaus einsetzen, Produkte auf einen Merkzettel setzen und dieser Merkzettel kann dann von der VR-Anwendung auf die Website
Ikea App
Digitaler Helfer: Die Ikea-Store-App begleitet den Kunden durch das Geschäft.
(Quelle: André Grohe)
übertragen und dort weiter verändert oder tatsächlich gekauft werden. VR wird in Zukunft eine wichtige Rolle im Alltag vieler Menschen spielen und ist aus diesem Grund wie gemacht für Ikea.
com! professional: Kommen wir noch mal zurück zum Online-Shop. Wer es nicht gut mit Ihnen meint, mäkelt, dass Ikea im Web mit einem veralteten Shop, extrem hohen Liefergebühren und extrem kundenunfreundlichen Lieferzeitfenstern aufwartet. Was antworten Sie darauf?
Möhring: Wir entwickeln uns sukzessive und bereichsübergreifend weiter. E-Commerce wird immer mehr Teil unseres Gesamtunternehmens und nicht als separater Vertriebskanal betrachtet. Es ist kein Geheimnis, dass wir aktuell noch auf einer technologischen Plattform unterwegs sind, die veraltet ist, und wir hier Veränderungen planen. Sie sprechen unser Versandkostenmodell an. Es gibt verschiedene Modelle, anhand derer man Versandkosten berechnen kann, alle haben ihre Vor- und Nachteile. Mögliche Kriterien sind zum Beispiel das Raumvolumen, die Fahrtstrecke oder der Warenwert. Wir haben uns für eine Berechnung der Versandkosten auf Grundlage des Warenwerts entschieden, da dies aus Kundenperspektive die transparenteste Art und Weise ist. Grundsätzlich überprüfen wir dies aber in regelmäßigen Abständen. Sollten wir zu dem Ergebnis kommen, dass eine andere Option aus Kundenperspektive geeigneter ist, würden wir das System umstellen.
Unser Ziel ist aber auch, dass die Preise für ­eine Lieferung bei Online-Bestellung analog zu den Transportkosten bei einer Lieferung aus dem Einrichtungshaus sind.
com! professional: Aber sind Sie da wirklich konkurrenzfähig mit Anbietern wie Home24 oder wie Amazon, das ja durchaus auch Möbel-Ambitionen hegt und da mit einer anderen Preisstruktur angreift?
Möhring: Aktuell sind wir mit diesem Modell sehr erfolgreich. Aber natürlich machen wir uns Gedanken, wie wir in Zukunft noch besser werden können. Und wir nehmen natürlich auch wahr, was die Kunden erwarten. Von daher sind wir immer bemüht, Store-Erlebnis und Erlebnis auf der Webseite gleichermaßen zu entwickeln und zu verbessern.
Dass wir ein Multichannel-Retailer sind, sehen wir als große Stärke gegenüber unseren Mitbewerbern an, die reine Online-Händler sind. Wir kennen unsere Herausforderungen, blicken jedoch sehr optimistisch in die Zukunft.
com! professional: Schaffen Sie es, über den Online-Shop die Frequenz auf der Fläche zu steigern?
Möhring: Ja. Ikea.de spielt eine sehr wichtige Rolle in der Einkaufsvorbereitung. Neben klassischen Services wie dem Zugang zu unserem Sortiment oder einer Online-Verfügbarkeitsabfrage bieten wir mittlerweile auch Multichannel-Services wie Click & Collect.
com! professional: Im vergangenen Jahr wuchs Ikea im digitalen Handel in Deutschland um 30 Prozent. Was war denn da der Hebel?
Möhring: Unser Ziel ist es, den Kunden überall dort zu begegnen, wo sie uns treffen möchten: Das kann im Einrichtungshaus sein, das kann aber auch der Katalog oder das Smartphone sein. Die Kombination aus Online- und stationärem Handel, unterstützt durch unterschiedlichste Informations- und Serviceangebote, hilft uns, dieses Ziel zu erreichen. Wir sind noch nicht in allen Bereichen da, wo wir sein möchten, aber wir haben unsere Website und die Möglichkeit, bei Ikea online einzukaufen, kontinuierlich verbessert.
com! professional: Wie viel von Ikeas Digitalstrategie kommt aus Deutschland und wie viel wird zentral über Schweden gesteuert?
Möhring: Was die generelle Strategie angeht, gibt es eine globale Richtung. Das ist letztendlich unsere Multichannel-Strategie. Aber alles andere, wie wir lokal die Webseite weiterentwickeln und wie wir mit lokalen Erlebnissen im Einrichtungshaus umgehen bis hin zur digitalen Kommuni­ka­tion und den Maßnahmen, ist in lokaler Hand. Hier schauen wir uns genau an, was die Bedürfnisse unserer Kunden sind und welche Möglichkeiten die digitale Entwicklung für Ikea in Deutschland beinhaltet.
com! professional: Wie nutzen Sie Digitalisierung in den Stores?
Möhring: Aktuell liegt der Fokus auf unserer Ikea-Store-App, die als digitaler Begleiter durchs Einrichtungshaus fungiert. Da sind einige neue Features hinzugekommen. Der klassische Zettel und Bleistift, den jeder von Ikea kennt, wurde ergänzt durch eine Ikea-App. Und natürlich wird auch unsere Web­seite auch im Store verwendet. Das komplette mobile Erlebnis, wie Auffindbarkeit von Produkten, Planungs-Tools zur Einkaufsvorbereitung oder einfach die Info, in welchem Regalfach ich ein Produkt im Store finde, wird inzwischen über ­digitale Touchpoints gelöst. Zusätzlich gibt es stationäre digitale Touchpoints wie Produktfinder, die klassischen Planer, die auch dort verfügbar sind.
com! professional: Was sind Ihre größten Herausforderungen?
Möhring: Ikea bei den Gegebenheiten der digitalen Transformation zu begleiten und dabei die Mitarbeiter in den vielen Ikea-Einrichtungshäusern mitzunehmen und nicht auf der Reise zu verlieren. Das ist die größte Herausforderung, die wir haben. Ziel ist, dass jeder Mitarbeiter ein aktiver Teil der Veränderung ist.
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