New Work - arbeiten, wann und wo man will

Neue Arbeitsmodelle einführen

von - 02.06.2020
Raumkonzeepte setzen sich durch
Design-Thinking-Raum und Telefonkabinen: Solche Möglichkeiten gibt es immerhin schon in sechs beziehungsweise fünf Prozent der Unternehmen in Deutschland.
(Quelle: Bitkom Research "New Work: Wie arbeitet Deutschland?", September 2019 (n = 903) )
Doch wie sollte man als Unternehmen am besten vorgehen, wenn man sich an neue Arbeitsmodelle wagen möchte? Bei der Entwicklung neuer Arbeitsformen geht es zunächst da­rum, zu eruieren, welche Herausforderungen und Probleme die vorhandenen mit sich bringen. Möglicherweise ist die aktuelle Arbeitszeitgestaltung zu unflexibel und es gibt wenig Gestaltungsmöglichkeiten für die Beschäftigten, oder die Arbeitsaufgabe verlangt, dass die Beschäftigten in Teams oder agil zusammenarbeiten. „Wo der Schuh drückt, erfahren Betriebe am besten im Dialog mit den Beschäftigten“, erklärt IG-Metall-Spezialist Detlef Gerst.
Unternehmen rüsten sich für anstehende Veränderungen, indem sie sich verstärkt mit ihrer strategischen Ausrichtung auseinandersetzen. Hier kann das Ergebnis aber auch lauten: „Wir brauchen nichts zu verändern.“ Dann könnte es laut Gerst etwa auch falsch sein, zu digitalisieren, weil dies vermeintlich alle machen. „In den meisten Fällen wird eine Überprüfung der eigenen Produkt- und Produktionsstrategien sowie der Geschäftsmodelle allerdings ergeben, dass eine Neuausrichtung in absehbarer Zeit erforderlich wird.“
Detlef Gerst hält eine sorgfältige Analyse und Planung in Abstimmung mit allen Beteiligten für zentral. Übereilte Entscheidungen, die in der Praxis nicht funktionieren und dann wieder ersetzt werden müssten, könnten die Veränderungsbereitschaft dauerhaft schädigen. Das solle nicht heißen, dass Dinge nicht ausprobiert werden sollten - „es sollte dann aber klar kommuniziert werden, es handelt sich gerade um ein Experiment“, so Gerst.
Beduetung digitaler Technologien
(Quelle: Bitkom Research )
Jens Wiesner rät, neue Arbeitszeitmodelle nicht einfach  so auszuprobieren, aber auch, sie nicht zu lange zu planen. „Die neuen Arbeitsmodelle, die regelmäßig durch die Management-Welt getrieben werden, wurden nicht am grünen Tisch entworfen.“ Zudem hätten sie sich in den Unternehmen, die von ihren Modellen berichten, meist schon wieder weiterentwickelt. Arbeitsmodelle entstünden im Zusammenspiel aus Analyse des Bedarfs und gelebter Kultur des Unternehmens. Daher lautet sein Rat: „Ein strukturiertes Vorgehen, das Entwickeln einer individuellen Lösung sowie die Bereitschaft für die iterative Weiterentwicklung ist ein sinnvolles Herangehen.“ Unternehmen sollten  laut Wiesner den Weg in die neue Arbeitswelt als ein komplexes, gut beherrschbares Projekt betrachten, das ihnen Veränderung bringt und Möglichkeiten eröffnet.
Je klarer das Zukunftsbild sei, desto besser, denn so könnten Unternehmen und Menschen entscheiden, wo und wann welches neue Arbeitsmodell am meisten Sinn ergebe, erklärt Markus Klups. Unternehmen hätten dadurch die Möglichkeit, orientiert und sicher mit dem Wandel umgehen zu können. „Durch die Erarbeitung möglicher Zukunftsszenarien respektive Zukunftsbilder werden neue Wege und Perspektiven für die Gegenwart erarbeitet und aufgezeigt. Dies hilft Unternehmen, sich auf das Kommende vorzubereiten.“ Dafür sei ein methodischer Ansatz nötig, bei dem Veränderungen gemeinsam mit Menschen stattfinden und nicht über Menschen
hinweg.

Fazit & Ausblick

Flexibles Arbeitsmodell
(Quelle: ManpowerGroup )
Detlef Gerst von der IG Metall unterstreicht, dass heutzutage immer mehr Arbeitsprozesse digitalisiert werden. Zugleich führe die Automatisierung dazu, dass es weniger Aufgaben und Prozesse gebe, die die Anwesenheit von Beschäftigten im Betrieb erfordern - „damit steigen die Möglichkeiten, mobil und zeitlich flexibel zu arbeiten. Dies entspricht auch dem Wunsch vieler Beschäftigter.“ Auch der Bedarf an Flexibilität wird sich seiner Ansicht nach weiter erhöhen. Der Grund liege darin, dass Unternehmen ihren Kunden eine extrem flexible Auftragsbearbeitung versprechen. Daher sein Fazit: „Die Arbeit der Zukunft ist mobil und flexibel. Aber: Mobilität und Flexibilität müssen immer mit Maßnahmen verbunden werden, die ausreichend Zeit und Möglichkeiten zu Erholung und sozialer Planbarkeit beinhalten.“
Der Trend ist klar erkennbar: Für Arbeitnehmer wird das Leben neben der Arbeit immer wichtiger. „Die Karriereleiter ist dem Wunsch nach persönlicher Entfaltung gewichen“, fasst Jens Wiesner zusammen. „Ein Personalleiter erzählte mir kürzlich von einem Mitarbeiter, der sich partout nicht von der Möglichkeit locken ließ, auf die nächste Hie­rarchiestufe aufzusteigen. Er hätte dazu in eine andere Niederlassung wechseln müssen und der damit verbundene Fahrtaufwand von
30 Minuten war ihm das höhere Gehalt nicht wert.“ Arbeitnehmer würden immer mehr die für sie gelungene Gesamtlösung anstreben. Mit purem Mehrverdienst oder gar höherer Verantwortung werde man sie nicht zu einem Mehr an Leistung bewegen können.
Vor allem für viele junge Arbeitnehmer ist laut Markus Krups eine ausgeglichene Work-Life-Balance heute wichtiger als die nächste Gehaltserhöhung. „Und dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass wir Menschen alle Individuen sind: auch in Zukunft wird es mit Sicherheit Menschen geben, denen Geld, Macht und Status wichtig sind.“ Durch die Ein­führung flexibler Arbeitseinheiten könnten, so Krups, Menschen und Aufgaben passgenau zusammengebracht werden, auf diese Weise würden individuelle Karrierewege möglich und Aufgaben mit der größtmöglichen Effizienz ausgeführt.
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