Die dunkle Seite der digitalen Werbung

Im Gespräch mit Andreas Hamdorf von BVDW

von - 20.12.2019
Andreas Hamdorf
Andreas Hamdorf: Stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Digital Marketing Quaity im Bundesverband Digitale Wirtschaft
(Quelle: BVDW )
Andreas Hamdorf, stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Digital Marketing Quality im Bundesverband Digitale Wirtschaft, sieht kein großes Malvertising-Pro­blem im deutschen digitalen Werbemarkt.
com! professional: Wie häufig kommt Malvertising im deutschen digitalen Werbemarkt vor?
Andreas Hamdorf: Malvertising-Attacken werden nicht erfasst. Ich kenne ­keine Zahlen dazu. Meiner Erfahrung nach ist Malvertising in Deutschland sehr selten. Digital-Vermarkter haben Schutzmechanismen eingerichtet, um Malver­tising zu verhindern. Viele prüfen beispielsweise mit einer Lösung von Maanto, was nachgeladen wird, wenn ein Werbemittel lädt. Auch die Adserver-Anbieter selbst bieten Schutzmechanismen an. Adform prüft zum Beispiel den Quellcode bei Werbemitteln und ob Anfragen an ein externes System gestartet werden.
com! professional: Begünstigt Programmatic Advertising das Ausliefern von Werbekampagnen mit verstecktem Schadcode? Schließlich sind dabei viele Intermediäre beteiligt und alles ist recht unübersichtlich.
Hamdorf: Der deutsche Markt funktioniert anders als der amerikanische. Der Anteil von Programmatic Advertising ist im deutschen digitalen Werbemarkt insgesamt niedriger als in den USA. Im amerikanischen Markt kommt es vor, dass infizierte Werbe-Scripts in ein Werbenetzwerk hochgeladen und mit der Kreditkarte bezahlt werden. Werbekampagnen per Kreditkarte einzubuchen, ist hier doch sehr unüblich und oft nicht möglich. 
In Deutschland werden Werbekampagnen meist per Rechnung bezahlt, sodass ersichtlich ist, wer der Auftrag­geber einer Kampagne ist. Sobald so ­eine Eins-zu-eins-Beziehung besteht, ist das Risiko für Malvertising geringer.
Eine weitere Hürde für potenzielle ­Täter sind Mindestbuchungsvolumen bei Demand-Side-Plattformen. Ein Betrüger müsste bereit sein, hohe Beträge zu ­investieren, um Malvertising-Kampagnen zu verbreiten.
com! professional: In den USA gibt es eine Anti-Malware-Gruppe innerhalb der Trustworthy Accountability Group (TAG). Die TAG ist sehr rührig und geht kritische Themen sehr direkt an. Gibt es beim BVDW oder auf europäischer Ebene eine vergleichbare Initiative gegen die Verbreitung von Malware über digitale Werbung?
Hamdorf: Die Fokusgruppe Digital Marketing Quality bedient die gleichen Themen wie die Trustworthy Accountability Group. Deren Initiativen färben auch auf den deutschen Markt ab, weil viele amerikanische Adtech-Anbieter, die sich dort engagieren, hier aktiv sind.
Verwandte Themen