Chancen & Grenzen

Wenn KI Verkaufsgespräche steuert

von - 12.07.2019
KI im Smartphone
Foto: MY stock / Shutterstock.com
Für den Umgang von KI mit Konsumenten braucht es klare Regeln. Googles Duplex-Technologie zeigt eindrucksvoll, wie leistungsstark aber auch beängstigend smarte Algorithmen sein können.
Dieser Beitrag wurde von Frank S. Jorga verfasst, Gründer und Co-CEO des Rechtsgeschäfte-Dienstleisters WebID Solutions.
Für mündige Verbraucher spielen zwei grundlegende Fragen in der Gegenwart eine wichtige Rolle: Was wird künftig technisch möglich sein? Und: Soll man den Unternehmen, die die Technik entwickeln, um da­raus Geschäftsmodelle zu bauen, das freie Spiel überlassen?
Mit der Künstlichen Intelligenz stehen wir noch ganz am Anfang. Keineswegs jedoch waren Anfänger am Werk, um für die weltbekannte Suchmaschine mit den bunten Buchstaben einen unglaublich performanten Sprachassistenten zu erschaffen. Wer die Stichwörter „Assistant Friseur Termin“ im Video-Portal sucht, kann sich ein eigenes Bild ­davon machen, wie die Duplex-Lösung mit einer weiblichen Computerstimme im Auftrag des Users in einem Friseursalon anruft und einen Termin vereinbart.
Dabei interagiert der Computer so prä­zise, dass die Angerufene nicht ­bemerkt, dass ihr Gegenüber auf der anderen Seite der Leitung nicht aus Fleisch und Blut besteht – sondern aus Bits und Bytes. Der Computer stellt sich perfekt auf die Mitarbeiterin des Salons ein, sowohl inhaltlich als auch in Wortwahl und emotionaler Stimmung.
Diese Entwicklungen begeistern zwar viele Menschen und machen zweifelsohne das Leben auch deutlich einfacher, doch sie bergen auch Missbrauchspotenzial. Die Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz wird vor keiner Branche haltmachen und in jeder Nische ihren Einsatz finden. Das bedeutet, dass sich aus der Stimme eines Menschen nicht mehr nur Inhalte herauslesen lassen.
Der Sprachcomputer kann auch erkennen, ob er mit einem Mann oder einer Frau kommuniziert, und wie deren emotionaler Zustand ist. Wirkt die Person aufgeregt oder entspannt, freudig oder niedergeschlagen? Aus den Inhalten, die durch die Leitung hin und her geschickt werden, erstellt der Computer psychologische Profile und wendet sie in gezielten Kampagnen an.

KI als allwissender Superverkäufer

Das macht im Lauf der Zeit aus dem vermeintlich harmlosen Sprachcomputer einen allwissenden Superverkäufer, der mit Kalkül und aus einem unerschöpflichen Pool von Nutzenargumentationen menschliche Entscheidungen derart stark beeinflussen kann, dass die Grenze der Manipulation schnell überschritten sein wird.
Das ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr, für die wir eine Lösung brauchen. Es ist spannend, was sich in den Bereichen der KI entwickelt – und es soll sich auch entwickeln. Doch die Technik muss für und nicht gegen die Menschen eingesetzt werden. Und dafür benötigen wir klare Spielregeln, die aus einem gesellschaftlichen Konsens abgeleitet werden sollten.
Ein letzter Gedanke dazu: Ende 2017 war in der Presse zu lesen, dass der auf KI basierende Schachcomputer Alpha Zero sich selbst das Schachspielen beibrachte – innerhalb von vier Stunden. Bei einem Turnier mit 100 Partien gelang es keinem Menschen, Alpha Zero zu bezwingen.
Verwandte Themen