Vorsprung durch Künstliche Intelligenz

Wohin die KI-Reise geht

von - 02.03.2018
Schaut man sich die aktuelle Entwicklung der KI-Szene an, fällt auf, dass viel Bewegung vor allem dort herrscht, wo es um den Zugang zu KI-Algorithmen und KI-Plattformen geht. Eine zentrale Rolle dabei spielt die Cloud. Nicht nur etablierte Cloud-Provider wie AWS, Microsoft, Google und IBM stellen Entwicklungs-Kits und Cloud-Services für Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen bereit. Auch die Anbieter von Geschäfts-Software setzen auf diesen Weg, um ihre Lösungen einem breiten Nutzerkreis zuzuführen. SAP tut dies mit seiner Plattform SAP Leonardo, Salesforce vermarktet seine Einstein-Plattform als „KI für alle“, und auch Oracle setzt mit seinem AI Platform Cloud Service auf ein Cloud-Modell.
Der KI-Boom führt aber auch zu neuen Herausforderungen. Eine besonders wichtige besteht darin, ausreichend Rechenkapazitäten für die wachsenden Datenmengen bereitzustellen. Laut Janis Keuper vom Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) benötigen herkömmliche Computer mit mehreren Grafikkarten bereits für die Berechnung mittelgroßer Modelle mehrere Tage.
Helmut Scherer
Helmut Scherer
Managing Director Futurice GmbH
www.futurice.com
Foto: Futurice
„Bei KI werden nur die Unter­nehmen erfolgreich sein, die auf Intelligence Augmentation setzen (…), eine geschickte Verknüpfung menschlicher, emotionaler und künstlicher Intelligenz.“
Als ein möglicher Ausweg werden heterogene High-Performance-Computer (HPC) diskutiert. Auf ihnen werden Modelle „vortrainiert“, die etwa beim autonomen Fahren erforderlich sind. Die Rechner und KI-Systeme im Auto selbst benötigen dann nur noch eine relativ geringe Computing-Leistung. Zudem sind Verfahren erforderlich, um den Transport der Daten zu beschleunigen. Ein Mittel sind mathematische Modelle, die die Datenmengen reduzieren. Dafür arbeiten die Forscher an optimierten Kommunikationsprotokollen und spezieller Hardware.
Der nächste Schritt könnte die Kombination von Quantencomputern und Künstlicher Intelligenz sein. Solche Rechner können ihre hohe Performance vor allem bei Optimierungsaufgaben ausspielen. Und die fallen in den Bereichen KI und maschinelles Lernen in besonderem Maß an. Alltagstaugliche Quantenrechner sind allerdings erst in fünf bis zehn Jahren zu erwarten.
Deshalb arbeiten Unternehmen an Alternativen, die schneller einsatzbereit sind. Fujitsu etwa hat mit Digital Annealer eine Prozessor-Architektur entwickelt, die Quantenfunktionen bereitstellt, aber in normalen Computern verwendet werden kann. Anwendungen im Bereich Künstliche Intelligenz sind laut Fujitsu ein wichtiges Einsatzfeld von Digital-Annea­ler-Rechnern. Bei einem Test schaffte ein Prototyp mit einem solchen Quanten-Prozessor eine komplexe Berechnung in 0,5 Sekunden. Ein Server mit einer Xeon-CPU von Intel benötigte dafür mehr als zwei Stunden.
Glossar: Von ML bis KI
Begriffe wie Künstliche Intelligenz, Machine Learning (ML) und Deep Learning (DL) werden oft synonym gebraucht. Tatsächlich gibt es deutliche Unterschiede:
Künstliche Intelligenz (KI)/Artificial Intelligence (AI): Oberbegriff für Technologien wie maschinelles Lernen und Deep Learning. KI-Systeme sind fähig, Situationen zu er­kennen und zu interpretieren. Die Grundlage dafür bildet Wissen, das sie im Rahmen von Lernprozessen erworben haben. Auf dieser Basis treffen sie Entscheidungen. So sind KI-Systeme in der Lage, Bildmuster zu erkennen und Sprach­informationen zu interpretieren.
Die Komponenten sind auf spezielle Aufgaben zugeschnitten („Narrow AI“), etwa das Erkennen von Gesichtsmerkmalen oder das Klassifizieren von Bildern. Entsprechende Algorithmen verwenden Social-Media-Plattformen wie Pinterest und Facebook, aber auch Smartphone-Hersteller wie Apple (iPhone X), Samsung (Galaxy S9) und Huawei (Mate 10 Pro). Als „General AI“ werden Systeme bezeichnet, die über eine vergleichbare Intelligenz wie Menschen verfügen sowie über Sensoren, die ihnen dieselben (oder mehr) Sinneseindrücke vermitteln. Sie sind noch Zukunftsmusik.
Maschinelles Lernen (ML): ML ist eine Basistechnologie im Bereich KI. Ein Rechner lernt aus Beispieldaten, indem Algorithmen statistische Regelmäßigkeiten erkennen und in Modelle umsetzen. Anschließend kann ein ML-System vergleichbare Muster erkennen. Beim überwachten Lernen lernt ein System, indem für jede Eingabe während der Trainingsphase die richtige Ausgabe zur Verfügung gestellt wird. Ein Algorithmus wird etwa mit Daten über gutartige und bösartige menschliche Zellen gefüttert. Nach Abschluss der Trainingsphase erkennt er eigenständig Krebszellen.
Beim nicht überwachten Lernen dienen Daten als Basis, die nicht mit Etiketten wie „gutartig“ und „bösartig“ gekennzeichnet sind. Aufgabe des Algorithmus ist es, in einem Bestand von Daten Muster aufzuspüren, etwa die Verteilung bestimmter Datensätze in zwei separaten Clustern.
Deep Learning: Diese Technologie setzt auf künstliche neuronale Netze, die dem Gehirn ähneln. Ein Eingabewert passiert viele Ebenen (Layer), um einen Ausgabewert zu generieren. Die Algorithmen extrahieren dabei Muster aus Rohdaten, etwa von Bildsensoren. Die Berechnungen werden beim Durchlaufen der Layer immer weiter verfeinert. Einsatzgebiete von Deep Learning sind das Erkennen von Bildern und Handschriften und die Analyse von Audiodaten.
Intelligence Augmentation (IA): Hierbei werden Techniken wie ML genutzt, um Menschen bei Tätigkeiten zu unterstützen, etwa der Analyse von Zusammenhängen, Planungsaufgaben und der Suche nach Wissen. „Im Bereich KI werden nur die Unternehmen erfolgreich sein, die auf Intelligence Augmentation setzen“, postuliert Helmut Scherer, Managing Director der Digitalberatung Futurice GmbH. „Damit ist nicht wie bei der KI das Ersetzen der menschlichen durch künstliche Intelligenz gemeint, sondern eine geschickte Verknüpfung von menschlicher, emotionaler und künstlicher Intelligenz.“ Im Unterschied zu IA ist ML auf die Automatisierung von Aufgaben ausgelegt, ohne Beteiligung von Menschen.
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