Deep Learning - Königsdisziplin der Künstlichen Intelligenz

Im Gespräch mit Yosi Taguri, Gründer von MissingLink.ai

von - 21.12.2018
Yosi Taguri
Yosi Taguri: Gründer von MissingLink.ai
(Quelle: MissingLink )
Yosi Taguri ist Gründer und Head von MissingLink.ai, einem israe­lischen Anbieter von Deep-Learning-Plattformen. MissingLink startete im Tel Aviv unter dem Dach von Samsung NEXT, dem Investment-Arm des Mischkonzerns aus Südkorea. Heute ist das Unternehmen Teil des Samsung-NEXT-Produktteams.MissingLink wird mittlerweile unter anderem von Datenexperten der israelischen KI-Start-ups Aidoc, Nanit und Way2VAT eingesetzt.
Im Gespräch mit com! professional äußert sich Yosi Taguri zu den gegenwärtigen Möglichkeiten und Grenzen von Deep Learning.
com! professional: Wie beurteilen Sie das Potenzial von Deep Learning?
Yosi Taguri: In den letzten 20 Jahren haben Unternehmen eine Vielzahl von Daten erfasst. Ebenso haben wir im gleichen Zeitraum eine massive Zunahme der Rechenleistung erreicht. Mit diesen Zutaten wird die KI in den nächsten Jahren endlich wirklich intelligent. Und das Potenzial von Deep Learning ist schon jetzt groß und wächst. Die gute Nachricht ist, dass unsere Technologie beginnt, dieses Potenzial auszuschöpfen.
com! professional: Was ist für Sie ein herausragender Deep-Learning-Use-Case?
Taguri: Deep-Learning-Anwendungen können heute schon Krankheiten durch verbesserte Algorithmen schneller und genauer als der Arzt erkennen und diagnostizieren. Einer der Kunden von MissingLink.ai - Aidoc.com - hat ein Deep-Learning-Modell entwickelt, das medizinische Bilder analysiert, um Anomalien im gesamten Körper zu erkennen, Radiologen dabei zu unterstützen und lebensbedrohliche Fälle zu priorisieren.
com! professional: Welches weitere Beispiel würden Sie hervorheben wollen?
Taguri: Ein weiteres Beispiel ist das Google Deep Learning System, dem 10 Millionen Bilder aus Youtube-Videos gezeigt wurden. Das Lernsystem hat sich fast als doppelt so gut erwiesen wie alle bisherigen Verfahren zur Bilderkennung. Google hat die Technologie auch dafür genutzt, um die Fehlerquote bei der Sprach­erkennung in seiner neuesten mobilen Android-Software zu senken.
Und apropos Potenzial: Wussten Sie, dass in Amerika durch autonome Fahrzeuge 300.000 Menschenleben pro Jahrzehnt gerettet werden könnten?
com! professional: Welche Branchen und Anwendungen werden vom Deep Learning am meisten profitieren?
Taguri: Daten und Rechenleistung sind die beiden Dinge, die Sie benötigen, um ein Deep-Learning-Modell zu trainieren. Stand heute wird es deshalb am häufigsten in der Gesundheits- und Automobilindustrie eingesetzt. Die Gesundheitsbranche ist in der glücklichen Lage, über eine Fülle von Daten von Regierungsstellen, Krankenhäusern und Gesundheits­organisationen zu verfügen. Es gibt Milliarden von Datensätzen, die viele Jahrzehnte zurückreichen und noch nicht vollständig analysiert wurden. Diese können für die zukünftige Prävention und Versorgung von Krankheiten genutzt werden.
Die Automobilbranche ist der zweite wichtige Pfeiler: Autokonzerne in den Vereinigten Staaten sind mit ihrer Technologie bald so weit, dass Fahrzeuge autonom von Küste zu Küste navigieren können. In den nächsten Jahren werden Autos wahrscheinlich auch durch KI-gesteuerte Sprachtechnologien in natürlicher Sprache gesteuert werden können. Und nicht zuletzt sind Cybersicherheit, E-Commerce und Kundensupport weitere Bereiche, in denen die KI in den nächsten Jahren schnell wachsen und sich verbessern wird. KI und Deep Learning werden künftig in sämtlichen Branchen genutzt– das ist nur eine Frage der Zeit.
com! professional: Wo sehen Sie die größten Barrieren bei der Einführung von Deep-Learning-Netzwerken?
Taguri: Es gibt aus meiner Sicht drei Haupthindernisse für die breite Akzeptanz von KI und Deep Learning. Das fängt schon beim fehlenden Datenzugriff an. Daten sind neben Rechen­power eine der Säulen für jede erfolgreiche Deep-Learning-Anwendung. Der Zugriff auf Daten, die Kennzeichnung dieser Daten und deren effektive Verwaltung ist ein Muss für einen erfolgreichen und präzisen Deep-Learning-Algorithmus. Das ist in der Praxis oft nicht gegeben.
Hinzu kommen mangelnde Standardisierung und ineffiziente Methoden. Um die Entwicklung von Deep-Learning-Modellen zu beschleunigen und die Qualität zu verbessern, brauchen wir mehr Standardisierung und effizientere Methoden.
Und schließlich sehe ich eine Qualifikationslücke. Mit das größte Hindernis für den erfolgreichen Einsatz von KI- und Deep-Learning-Tools ist der Mangel an Fachleuten. Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, qualifizierte Fachkräfte zu finden oder ihre Mitarbeiter mit entsprechenden Fähigkeiten und Wissen auszustatten, um das volle Potenzial von Deep Learning und KI auszuschöpfen.
com! professional: Welche Art von Tools würden Sie den Anwendern empfehlen?
Taguri: Für einen Datenwissenschaftler, der Deep-Learning-Algorithmen entwickelt, brauchen Sie drei Dinge. Erstens Experiment-Management, also Tools zur Durchführung, Verfolgung, Reproduktion, Verwaltung und Analyse von Experimenten. Zweitens Daten-Management, das heißt, der Datenwissenschaftler muss seine Daten streamen, bearbeiten, untersuchen und versionieren können. Und drittens Ressourcen-Management, da die Unternehmen Rechenleistung benötigen, um Hunderte Experimente pro Tag durchführen zu können.
Die Verwaltung der Infrastruktur hat sich als kostspielig und zeitaufwendig erwiesen. MissingLink DeepOps - eine neue Kategorie für Deep Learning plus Ops-Tools -  haben geholfen, den Schmerz zu lindern und das Deep-Learning- Training zu beschleunigen.
com! professional: Welche Hardware empfehlen Sie für Deep-Learning-Apps?
Taguri: Die benötigte Hardware hängt stark von der Größe des Netzes und der Menge und dem Umfang der Daten ab. Im Allgemeinen - wenn Sie komplexe Modelle auf großen Datensätzen trainieren möchten - sollten Sie GPUs verwenden, um sowohl das Training als auch den produktiven Einsatz zu optimieren. Bei sehr großen Datensätzen sollten Sie eine stärkere Maschine verwenden. Auch mehrere GPUs beschleunigen das Training und die Auswertung.
Wir haben viele Kunden, die Maschinen lokal im Unternehmen einsetzen, um die Kosten für Schulungen zu senken. Diese „Schulungsmaschinen“ werden oft durch ein Cloud-Konto ergänzt. Das ermöglicht eine größere Flexibilität bei der Berechnung von Ressourcen, falls diese steigen.
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