Volle Vernetzung in Industrie, Smart City und Co.

IoT-Shuttle in Walldorf

von - 10.08.2017
Assistenzsysteme in der Industrie im Einsatz
IoT-Einsatz in der Industrie: Mobile Assistenzsysteme übermitteln an den Bediener einer Maschine Aufträge oder informieren ihn sofort über auftretende Probleme.
(Quelle: in-tech)
Wie sich das Internet der Dinge mit einem öffentlichen Transportsystem kombinieren lässt, zeigt das Software-Haus SAP an seinem Standort in Walldorf. Dort dient IoT dazu, den Shuttle-Service auf dem Unternehmens-Campus optimal einzusetzen. Dabei kommen hauseigene IoT-Lösungen von SAP zum Zuge, etwa IoT & DSC Operations, SAP IoT Moving Assets und SAP Logistics Center, außerdem SAP Vehicle Insights.
Den Transportservice nutzen mehr als 50.000 Mitarbeiter und Besucher pro Jahr. Mit Hilfe von IoT konnte das Unternehmen nach eigenen Angaben die Wartezeiten der Nutzer des Shuttle-Dienstes im Durchschnitt um fünf Minuten reduzieren. Dadurch spart SAP an die 2.000 Euro pro Tag und rund 400.000 Euro im Jahr.

Fehlende Standards bremsen

Das National Institute of Standards and Technology (NIST) der USA, das Pendant des Deutschen Instituts für Normung (DIN), sieht allerdings noch zwei große Hindernisse bei der Umsetzung von Smart-City-Konzepten. Zum einen sind nach Ansicht der Fachleute des NIST im Bereich IT und Telekommunikation zu viele herstellerspezifische Ansätze zu finden, die nicht zusammenarbeiten. Das gilt auch für die IoT-Plattformen, die zu den zentralen Elementen von Smart-City-Konzepten zählen.
Zum anderen bemängelt das NIST, dass Standardisierungsgremien und Konsortien inkompatible Smart-City-Frameworks entwickeln. Zu diesen Organisationen zählen die ISO/IEC, die International Telecommunication Union (ITU), das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) und die Internet Engineering Task Force (IETF). Die Folge ist, dass „sich Unsicherheit unter den Beteiligten an Projekten“ im Bereich Smart City breitgemacht hat, so das NIST. Allerdings ist auch der Lösungsvorschlag des Instituts nicht unumstritten: Das Institut hat 2017 eine Initiative mit dem Ziel gestartet, ein übergreifendes Rahmenwerk für IoT-Technologien für Smart Cities zu entwickeln.

Achillesferse Sicherheit

Trotz der teilweise fast schon euphorischen Bekundungen vieler Anbieter von IoT-Lösungen ist beim Internet der Dinge nicht alles Gold, was glänzt. Ein zentraler Schwachpunkt ist die Sicherheit. „Angriffe, die sich entweder gegen das IoT richten oder die sich kompromittierte IoT-Devices zunutze machen, werden in Zukunft sowohl immer häufiger auftreten als auch immer schwerwiegendere Folgen haben“, betont beispielsweise Chris Petersen, Chief Technology Officer und Mitbegründer des IT-Sicherheitsunternehmens LogRhythm.
Stefan Ebener NetApp
Dr. Stefan Ebener
Strategy & Innovation
Manager Automotive &
Manufacturing bei NetApp
www.netapp.com/de
Foto: NetApp
„Eine IoT-Initiative beginnt nicht mit den Daten, sondern mit Zettel und Bleistift.“
Als Beispiel führt Petersen eine massive DDoS-Attacke (Distributed Denial of Service) in der zweiten Jahreshälfte 2016 an. Dabei verschafften sich Hacker Zugang zu Zehntausenden von privaten Geräten wie Babyphones. Das Ziel des Angriffs war die vom Unternehmen Dyn verwaltete DNS-Infrastruktur (Domain Name Service), quasi das Adressbuch des Internets. Große Teile des Internets in Europa und Nordamerika wurden durch die Attacke stundenlang praktisch lahmgelegt.
„Um IoT-Projekte abzusichern, genügt es nicht, klassische IT-Security-Systeme auf die vernetzten Geräte auszuweiten. Gefragt ist ein umfassendes Sicherheitskonzept, das den kompletten IoT-Prozess abdeckt“, so Stefan Ebener, Strategy & Innovation Manager Automotive & Manufacturing bei NetApp. Dazu zählt die Sicherheit der Hardware des vernetzten Geräts und seiner Sensoren, die Absicherung am Gateway während der Übertragung und die Sicherheit der Daten auf dem Speicher – ob in der Cloud oder im firmeneigenen Rechenzentrum.
Unternehmen sollten bei den eingesetzten Produkten auf „Security by Design“ achten – das heißt Sicherheit muss bereits im Gerät und in der Software integriert sein.
Auch die Europäische Union hat die Brisanz des Themas erkannt und fördert Projekte, die IoT-Umgebungen sicherer machen sollen. Dazu gehört Anastacia. „Das Projekt zielt darauf ab, eine integrierte Plattform zu entwickeln, um sichere Services für IoT-basierte Architekturen bereitzustellen und kommende Herausforderungen zu überwinden“, erläutert Rodrigo Diaz, Leiter des Labors für Cyber-Sicherheit in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Atos, einem Anbieter von IoT-Plattformen. „Anastacia umfasst Mechanismen, welche die Sicherheit von IoT-Services in allen Lebenszyklusphasen garantieren: von der Entwicklung, basierend auf dem Security-by-Design-Prinzip, bis hin zur Bewertung von Risiken und Bedrohungen und der Reaktion darauf anhand der Geräteüberwachung“, so Diaz weiter.
Erschwert wird ein effektiver Schutz von IoT-Umgebungen durch die große Menge an Daten, die über unterschiedliche Kanäle transportiert werden. „Die stetig wachsende transferierte Datenmenge ist eindeutig das größte Problem bei IoT, mit dem wir uns in den nächsten Jahren konfrontiert sehen“, bestätigt Christoph Lietz, Senior Sales Director Central Europe bei Gigamon, einem Anbieter von Netzwerk-Monitoring-Systemen. Daher sei eine detaillierte Überwachung des Netzwerkverkehrs in IoT-Infrastrukturen unumgänglich. „IoT darf nicht für Intransparenz und Verschleierung des Traffics stehen“, mahnt Lietz.
Internet of Things versus Industrial IoT
Die unterschiedlichen Anforderungen von IoT-Anwendungen lassen sich nicht mit Lösungen von der Stange erfüllen. Deshalb haben sich zwei Sparten im Bereich Internet der Dinge herausgebildet: neben IoT für den Heim- und Consumer-Bereich das Industrial Internet of Things (IIoT).
Es ist für die speziellen Anforderungen in Bereichen wie Fertigung, Telematik, Energie- und Wasserversorgung sowie Gesundheitswesen konzipiert. IIoT-Umgebungen erfordern eine schnelle, hoch zuverlässige und abgesicherte Kommunikation. Dies ist nachvollziehbar. So ist nicht überlebenswichtig oder geschäftskritisch, wenn der Bewohner in einem Smart Home die Heizung einen Tag lang manuell bedienen muss, weil die intelligente Steuerung ausgefallen ist.
Laufen dagegen Fertigungsprozesse in einer Fabrik aus dem Ruder oder kommt es zu Störungen in einem Kraftwerk, dann kann das massive Folgen haben. IIoT-Plattformen müssen außerdem berücksichtigen, dass Maschinen und Steuerungssysteme im industriellen Umfeld häufig mehr als zehn Jahre im Einsatz sind. Daher spielen Standards eine wichtigere Rolle als bei vernetzten Konsumprodukten, die oft nach zwei bis drei Jahren ersetzt werden.

IoT und IIoT im Vergleich

IoT

IIoT

Zielrichtung

Vernetzung von Dingen

Austausch von Daten und Befehlen

Einsatzbeispiele

Wearables, Vernetzung von Haushaltssystemen,
TV-Geräten, Smart Home

Systeme in der Fertigung, der Logistik, dem Gesundheitswesen, Fahrzeuge, Verkehrs­leitsysteme

Kommunikation

Ad-hoc-Verbindungen

strukturierte Kommunikation

Bedeutung für Nutzer und
Unternehmen

wichtig, aber nicht geschäfts­kritisch

geschäftskritisch in folgenden Punkten: Sicherheit, Datenintegrität, Analyse und Antwortzeiten

Verfügbarkeit und Skalierbarkeit

geringe bis mittlere Bedeutung

sehr wichtig

Sicherheit

mittlere Bedeutung

sehr wichtig

Standardisierung

proprietäre Lösungen

Lösungen auf Basis von Standards

Quelle: Genpact, Profinet North America, eigene Recherche
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