Traditionelle Banken kommen nicht hinterher

Gründer ohne Leitungserfahrung

von - 30.10.2019
com! professional: Aber Leitungserfahrung fehlt vielen Gründern, oder?
Aschenbeck: Gerade Unternehmen, die aus einem jungen Team bestehen, haben meist keine Leute in den eigenen Reihen, die in der Vergangenheit bereits eine größere Verantwortung - sowohl finanzieller als auch personeller Art - hatten. Reicht die eigene Mannschaft eines FinTechs hier nicht aus, müssen sie einen externen Geschäftsleiter anstellen, der die vom Gesetz und der BaFin verlangten Anforderungen erfüllt.
com! professional: Wie lange dauert eigentlich solch ein Erlaubnisverfahren und was müssen Start-ups besonders beachten?
Aschenbeck: Ein Erlaubnisverfahren kann gut und gerne mehrere Monate dauern. Im Vorfeld eines Erlaubnisverfahrens begegnen uns jedoch nicht selten Fälle, in denen voreilig angenommen wird, das Geschäftsmodell löse gar keine Erlaubnispflicht aus. Viele Start-ups gehen zu schnell von einer Erlaubnisfreiheit ihres Geschäftsmodells aus, ohne dass sie dies - meist aus Kostengründen - zuvor einmal aufsichtsrechtlich haben prüfen lassen. Spätestens wenn ein professioneller Investor, etwa ein Venture-Capital-Fonds, dazukommt, kommen Themen wie etwaige Erlaubnispflichten aber üblicherweise auf.
com! professional: Ist die BaFin besonders streng, wenn Start-ups ohne eine Erlaubnis tätig werden?
Aschenbeck: Wenn man sich die täglichen Meldungen der BaFin ansieht, dann wird deutlich, dass sie hier wenig Spaß versteht: Sie ordnet in der Regel die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs sowie unter Umständen die Rückabwicklung vorgenommener Geschäfte an, wenn ein Unternehmen erlaubnispflichtige Geschäfte ohne Erlaubnis betrieben hat.
Insbesondere die Anordnung der Rückabwicklung kann gerade junge Unternehmen empfindlich treffen und schlimmstenfalls deren bitteres Ende zur Folge haben, also eine In­solvenz. Start-ups sollten aus diesem Grund sehr sensibel mit ihren Vorhaben sein und im Zweifel einmal mehr Rechtsrat ein­holen. Es besteht auch die Möglichkeit, der BaFin das Geschäftsmodell vorzustellen und eine verbindliche Aussage dazu zu erhalten, ob das Geschäftsmodell erlaubnisfrei oder erlaubnispflichtig ist.
com! professional: Bleiben wir beim Thema FinTech und Start-ups: Wie ist hier Ihre Erfahrung - ist die deutsche Start-up-Szene besser als ihr Ruf, oder sind wir, wie oft gesagt wird, im Hintertreffen und kopieren höchstens erfolgreiche Ideen aus dem Ausland?
Aschenbeck: Es ist ein enormer Zuwachs an FinTechs in Deutschland zu beobachten. Darunter befinden sich auch einige Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen, die durchaus weltweiter Konkurrenz standhalten können. Ein Beispiel für solch ein sehr erfolgreiches deutsches FinTech-Start-up dürfte die Bank N26 sein. Diese sammelte 2018 rund 130 Millionen Euro an Investorengeldern in einer Finanzierungsrunde ein und ist mittlerweile weit über Deutschland
hinaus tätig.
Insgesamt beobachten wir, gerade im Raum Berlin, eine starke, wachsende Start-up-Szene, was sich auch am steigenden Interesse von Venture-Capital-Investoren zeigt.
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