ERP-Systeme lernen mit KI dazu

Produktion und Absatz

von - 24.09.2019
„Mit KI lassen sich vor allem Produktionsprozesse genauer steuern, indem etwa die durch gezielte Auswertung der Auftragseingänge zu erwartenden Produktionsmengen präzise bestimmt werden“, erklärt Oliver Henrich. Verantwortliche in Logistik und Einkauf erhalten damit wichtige Handlungsempfehlungen zu Bestellmengen für Bauteile und Komponenten, die sie bei ihren Zulieferern in Auftrag geben oder dies auch automatisiert durch das System erledigen lassen. „Darüber hinaus ist es auf Basis entsprechender Informationen möglich, erforderliche Kapazitäten bei Mitarbeitern und Maschinen präziser zu bestimmen.“
KI kann im Zusammenspiel mit ERP auch zuverlässige Absatzprognosen erlernen. Die Software analysiert dafür Verkaufsdaten aus der Vergangenheit und errechnet unter Berücksichtigung bestimmter Parameter, welche Absatzmengen am wahrscheinlichsten sind. Aus diesen Daten lassen sich dann wieder Rückschlüsse auf anstehende Produktionsmengen und die dafür notwendigen Ressourcen ziehen. Selbstlernende Systeme können ihre Prognosen zudem von Jahr zu Jahr automatisch präzisieren und folglich immer genauere Handlungsempfehlungen abgeben. Denn sie können auf stetig wachsende Datenmengen und einen konstant wachsenden Erfahrungsschatz zurückgreifen.
Dirk Thomas Wagner
Sales Development Leader ERP Cloud bei Oracle
www.oracle.de
Foto: Oracle
„Unternehmer-Spirit ist nicht durch Künstliche Intelligenz zu ersetzen.“
Michael Finkler teilt die Entwicklung von ERP in Phasen ein. „Momentan befinden wir uns in einem Übergang vom klassischen ERP hin zum intelligenten ERP. Die nächste Phase stellt dann ein mehr oder weniger hoch automatisiertes ERP dar.“ Fast alle Anbieter haben angefangen, mit Künstlicher Intelligenz Erfahrungen zu sammeln. Es gibt jedoch noch kaum fertige Lösungen, abgesehen von Teilbereichen wie der automatischen Eingangsrechnungsverarbeitung oder Spracheingaben.
Die Bandbreite möglicher segenbringender Anwendungen für Unternehmen ist groß. Davon ist auch Finkler überzeugt. „Zum einen entlasten selbststeuernde und -optimierende Prozesse, KI-gestützte Analytik, neue Interaktionsmöglichkeiten mit Text- und Sprach-Recognition und auch Robot Process Automation den Menschen vor der Tastatur deutlich“. Zum anderen schaffe KI die Basis für neue, digitale Service-Angebote bis hin zu neuen Geschäftsmodellen. „So bauen Unternehmen letztlich die eigene Position auf dem Markt weiter aus, indem sie KI sowohl für die Smart Factory einsetzen als auch in Richtung des eigenen Marktes in intelligenten Produkten und Services.“
Ein weiteres Beispiel: Dank einer KI-basierten Bilderkennung lassen sich fehlerhafte Teile in der Fertigung automatisiert erkennen und damit Beschwerden und Reklamationen vermeiden. Zudem sind in einem ERP-System üblicherweise viele Artikel und Produkte gelistet, die sich mit Bilderkennung automatisiert einer Warengruppe zuordnen und mit Produktbeschreibungen versehen lassen. Voraussagen lässt sich auch die Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsverzögerung. Dabei ermittelt KI anhand des Zahlungsverhaltens eines Kunden einen Index, wodurch sich mögliche Säumnisse besser absehen lassen. So haben Unternehmen ihre Liquidität und den Cashflow besser unter Kontrolle.
Die Integration von KI in das ERP-System ist für die Unternehmen allerdings kein Kinderspiel. Oft fehlt schlichtweg die Expertise, um KI-Szenarien in der Unter­nehmens­praxis umzusetzen. Doch auch die Hersteller stehen vor Herausforderungen. Oliver Henrich bringt die Grundvoraussetzungen auf den Punkt: „Wer als Hersteller KI und Machine Learning in seine Systeme einbinden will, braucht als wichtige Voraussetzung auch ein inte­griertes ERP-System in seinem Portfolio, welches alle relevanten Geschäftsbereiche eines Unternehmens mit Hilfe einer einheitlichen Datenbank verwaltet.“ Wer als Anwender mittels KI und Machine Learning seine ERP-Prozesse optimieren wolle, sollte ebenfalls ein integriertes ERP-System implementiert haben. Nur so könne sichergestellt werden, dass entsprechende Applikationen für ihre Analysen auf konsolidierte Datensätze zurückgreifen können, die alle relevanten Unternehmensbereiche umfassen. „Etliche große Machine-Learning- und Künstliche-Intelligenz-Projekte am Markt waren nicht unbedingt von Erfolg gekrönt“, kommentiert Oracle-Manager Dirk Thomas Wagner.
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