Der Trend zur Plattformökonomie ist ungebrochen

Plattform-Benchmark Amazon

von - 21.06.2019
Den Wettbewerb der großen E-Commerce-Plattformen machen in Deutschland heute vor allem Amazon, Ebay, Otto und vielleicht noch About You unter sich aus. Amazon liegt dabei mit seinem 2018 hierzulande erzielten Umsatz von 16,8 Milliarden Euro klar an erster Stelle – inklusive Marketplace-Händlern dürfte das Handelsvolumen sogar rund doppelt so hoch ausfallen.
Doch nicht nur die ­Umsatzgröße lässt Amazon unter den E-Commerce-Plattformen herausstechen, sondern auch die Konsequenz, mit der das Unternehmen seine Strategie verfolgt: Neben dem Handelsgeschäft hat der Online-Gigant auch seine Logistik (Fulfillment by Amazon), IT-In­frastruktur (Amazon Web Services) und seinen Bestand an Premiumkunden (Prime Now, Prime Video et cetera) für Partner geöffnet.
Sport Scheck: Weil der Online-Umsatz von geschätzt 85 Millionen Euro zu klein ist, muss sich die Otto-Tochter für ihre Plattformstrategie etwas einfallen lassen.
(Quelle: com! professional / Screenshot)
Eine ähnlich breit angelegte Plattformstrategie verfolgt in Deutschland nur ­Zalando, das neben einem Online-Marktplatz auch Fulfillment-Dienste, Marketinglösungen und Technologie­kapazitäten für Dritte anbietet und zudem ­stationäre Stores an seinen Online-Shop anbindet.
Um die Transparenz bei der Entwicklung der Zalando-Plattform zu ­erhöhen, gibt das Unternehmen seit ­Anfang dieses Jahres vierteljährlich über die Entwicklung des inklusive Marktplatzangeboten erzielten Gross Merchandise Volume (GMV) Auskunft. Zum 2018 ­erzielten GMV von 6,6 Milliarden Euro trugen die Zalando-Partner bereits rund 10 Prozent bei. Bis 2023/24 soll dieser Anteil auf bis zu 40 Prozent steigen, erklärt Co-CEO David Schneider: „Wir unterstützen Marken dabei, digital erfolgreich zu sein, indem wir ihnen Zugang zu Kunden in ganz Europa verschaffen. Marken profitieren von unserer Expertise und können so in ihr eigenes Wachstum investieren.“

Ebay und Otto greifen an

Die starke Entwicklung des Plattformgeschäfts von Amazon und Zalando hat den Marktplatzpionier Ebay zuletzt in die Defensive gedrängt, doch wie Plentymarkets-CEO Griesel meint, hat das ­Unternehmen die Zeichen der Zeit wahrgenommen: „Mit dem Ende 2018 gestarteten Ebay Fulfillment hat Ebay endlich erkannt, dass Logistikservices ein wichtiger Treiber sind.“ Ähnlich wie Amazon beginne der Konzern, den Plattformgedanken über das reine Marktplatzgeschäft hi­naus zu denken, und habe gute Chancen, bei Händlern und Kunden verlorenen Boden gutzumachen.
Vorteile einer Marktpräsenz
Pro & Contra: Trotz Bedenken sehen Online-Händler klar die Vorteile einer Marktpräsenz.
(Quelle: com! professional 7/19 )
Auch der deutsche Versandhandelsvorreiter Otto setzt auf eine breit aufgestellte Plattformstrategie. „Letztendlich geht es um mehr als ein großes Angebot: Als Plattform bieten wir Kunden und Partnern einfache und schnelle Lösungen, Services und Verlässlichkeit sowie Orientierung im Angebots­dschungel“, erklärt Tim Buchholz, Principal Platform Business bei Otto.
Zu den Plattformservices, die Otto bereits aufgebaut habe, gehörten neben dem 2017 gestarteten Online-Marktplatz auch der Mietservice Otto Now, das Premiumprogramm Otto Up und die Logistikservices der Konzerntochter Hermes. „Anhand der bisherigen Reaktionen im Markt sehen wir, dass eine Alternative zu bestehenden Plattform­anbietern gerade sehr gefragt ist“, berichtet Buchholz. Otto habe bereits 400 neue Partner angebunden. Bis zum Jahr 2020 soll diese Zahl noch um 3000 Partner wachsen. Im laufenden Geschäftsjahr will Otto ­deshalb zusätzlich 100 Millionen ­Euro in die Weiterentwicklung zur Plattform ­investieren.

Chancen: Nischen und B2B

Man sieht: Die Großen werden Plattform-New­comern den Einstieg nicht leicht ­machen. Diese Einschätzung teilt auch ­Felix Kühl, Country Manager beim Marktplatz-Dienstleister Channeladvisor: „Die Konsumenten sind durch die großen ­Player wie Amazon, Ebay und Otto verwöhnt. Die gleiche operative Exzellenz und Auswahl mit einem General-Interest-Angebot im B2C-Bereich zu erreichen, wird schwer.“ Für alle, die dennoch im ­exklusiven Kreis der Plattformbetreiber mitspielen wollen, hat Kühl zwei Tipps: „Die Erfolgsaussichten sind gut, wenn sich Anbieter spitz auf ein Segment oder eine Branche spezialisieren. Daneben gibt es im Bereich B2B noch extrem viel ungenutztes Potenzial.“
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