Der Trend zur Plattformökonomie ist ungebrochen

Beispiel Real

von - 21.06.2019
Die Plattformstrategie der Metro-Tochter Real ist dagegen ganz auf das Thema Marktplatz fokussiert. Die Handelskette hatte sich 2016 durch die Übernahme der Plattform Hitmeister.de Zugang zum Marktplatzgeschäft verschafft. Heute bieten auf Real.de mehr als 5000 Händler rund 12 Millionen Produkte aus über 5000 Kategorien an. ­
„Einen Marktplatz zu übernehmen, der bereits existiert, war von Real ein sehr ­guter Move“, findet Plentymarkets-Chef Griesel. Mehr als 400 Plentymarkets-Händler seien inzwischen auf dem Marktplatz von Real aktiv und hätten ihre dort erzielten Umsatzanteile im vergangenen Jahr auf mehr als 3 Prozent vervierfacht. „Auch der Traffic und die Conver­sion steigen weiter an. Ich glaube deshalb, dass Real weiter an Relevanz zulegen wird“, erklärt Griesel.
Jan Griesel
Gründer und CEO von Plentymarkets
www.plentymarkets.de
Foto: Plentymarkets
„Für die Relevanz einer Plattform ist die Nachfrage der Händler entscheidend.“
Das unterstreichen auch die Geschäftszahlen der Metro AG, die für 2017/18 bei Real eine Online-Umsatzsteigerung von 35 Prozent ausweisen – allerdings auf einem eher niedrigem Niveau: Der Online-Anteil bei der Handelskette liegt erst bei 2 Prozent und damit gerade einmal bei rund 140 Millionen Euro.

Wer taugt als Plattformbetreiber?

Das Umsatzpotenzial für Marktplatzanbieter ist somit schon bei (Online-)Händlern der Größenordnung wie Sport Scheck oder Real recht überschaubar. Dennoch führt der Trend zur Plattformökonomie dazu, dass sich auch noch kleinere Händler für Drittanbieter öffnen. Beispiele ­dafür aus jüngerer Zeit sind die Buchhandelskette Weltbild, die 2016 einen eigenen Marktplatz startete, Karstadt, das 2017 den Online-Marktplatz Hood.de aufkaufte, ­sowie der Restpostenhändler Outlet46, der sich auf der Suche nach günstigen Sourcing-Möglichkeiten ebenfalls für Dritthändler öffnete.
Alle drei Marktplatzbetreiber liegen im Internet noch unter der Umsatzschwelle von 100 Millionen Euro, zum Teil sogar deutlich. „Bei den kleineren Marktplätzen stellt sich die ­Frage, ob die Anbindungskosten noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den ­erwartbaren Umsätzen stehen“, meint ­dazu Deltatecc-Geschäftsführer Andreas Müller. Der Elektronikhändler mit mehr als 15 Jahren Ebay-Erfahrung ist heute auf rund zehn Online-Marktplätzen aktiv.
Amazon und Ebay machten dabei für sein Unternehmen rund 80 Prozent des Marktplatzumsatzes aus. Dennoch sei die Präsenz bei Otto, Real oder Klingel unter dem Strich attraktiv: „Auch kleinere Marktplätze bringen zusätzliche Rentabilität und können helfen, mögliche Schwankungen bei Amazon und Ebay auszubalancieren.“ Trotzdem sollte sich nicht jeder Online-Händler zum Plattformbetreiber wandeln: „Wenn zum Beispiel wir selbst einen Marktplatz eröffnen würden, dann hätte das für den einzelnen Händler sicher kein wahnsinnig großes Umsatzpotenzial. Und auch für uns wäre es schwierig, die Schnittstellenkosten zu rechtfertigen.“
Nachzügler: Ebay will mit einer verstärkten Plattformstrategie aus der Defensive gegen Amazon und Zalando kommen.
(Quelle: com! professional / Screenshot)
Die Relevanz der Plattformbetreiber betrachtet auch Marcel Brindöpke als fundamental. „Man muss sich fragen, ob man wirklich ein Wal sein will oder seine Rolle nicht doch eher als Putzerfisch sieht“, meint der Geschäftsführer des Marktplatzdienstleisters Heyconnect. Viele kleinere Händler, die derzeit selbst Marktplatzstrategien verfolgen, ­wären eigentlich als Verkäufer auf größeren Plattformen besser aufgehoben.
„Wenn man zum Beispiel den Modebereich nimmt, dann wird heute bereits jeder ­Fashion-Käufer durch Otto, Zalando, About You und vielleicht noch Mytoys und Klingel adressiert. Jede neue Plattform muss sich da die Frage stellen: Was kann ich besser? Wo bin ich günstiger?“
Zudem kämen auf die Plattform-Newcomer ­beträchtliche Investments für Technologie und Marketing zu. Mit Heyconnect will Brindöpke dagegen kleineren Händlern und Markenherstellern den Weg auf die großen Online-Plattformen ebnen: „Wir verfügen über Anbindungen an die wichtigsten Plattformen und haben damit eine Zwischenschicht geschaffen, die Händler und Marken, die beim Andocken an die großen Marktplätze Schwierigkeiten ­haben, als Service mieten können.“
Brindöpke ist überzeugt, mit dem Geschäftsmodell von Heyconnect den Trend der kommenden Jahre vorwegzunehmen. „Plattformen werden immer wichtiger. In Zukunft wird jede Marke über Plattformen verkaufen. Da wird es für die Plattform­betreiber immer entscheidender, wie viele Marken sie mit welcher Verfügbarkeit und welchen Preisen im Angebot haben.“
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