Otto fordert Amazon heraus

Services als Umsatzquelle

von - 15.01.2019
Innovationen Produktassistent
Otto-Produkt-Assistent: Ein smarter Aufkleber verrät detaillierte Produktinformationen per NFC.
Auch beim Serviceversprechen gibt Otto die Messlatte vor, bietet seinen Partnern aber auch Hilfen. Die Dienstleister dafür finden sich im eigenen Haus, etwa Hermes als Logistiker oder EOS fürs Payment. Auch dass Hermes Fulfilment angekündigt hat, nur noch für Otto und nicht mehr für externe Dritte arbeiten zu wollen, deutet an, dass das Unternehmen künftig als Warehousing-Dienstleister für Marktplatzpartner aktiv sein könnte. Als einer der größten Bremsklötze entpuppen sich derzeit die Onboarding-Prozesse. Das Weblog Wortfilter hat sich den Werdegang zum Otto-Marktplatzpartner genauer angesehen und ätzt: „Der Weg zum eigenen Otto ist beschwerlich und ihr fühlt euch teilweise in die 90er-Jahre zurückversetzt.“ Und ein erfahrener, größerer Händler kommentiert dort: „Wenn du es bei Otto schaffst, innerhalb von einem halben Jahr anzudocken, dann ist das echt gut.“
Vertriebsvorstand Opelt kennt die Probleme: „Unsere Prozesse sind in diesem Bereich noch nicht voll automatisiert, da gibt es bisher noch viel Handarbeit. Und das schluckt Ressourcen“, sagt er. Das führe dazu, dass man sich derzeit vor allem auf größere Händler und Partner mit über 1.000 Artikeln konzentriere, die die technischen Voraussetzungen zur Anbindung an die Plattform erfüllen. „In den kommenden Monaten werden wir da aber deutliche Verbesserungen sehen und dann viel schneller als bisher auch kleinere Partner anbinden können“, verspricht er, kämpft aber auch damit, dass sich Fachkräfte nicht so schnell wie nötig rekrutieren lassen.
Wohin es geht, zeigt die neue Lösung Brand Connect: Über die automatisierte Oberfläche können sich Partner im Selfservice auf Otto.de organisieren. Was zunächst für große Brands wie Adidas entwickelt wurde, soll perspektivisch auch anderen Partnern zur Verfügung stehen.
E-Commerce-Professor Gerrit Heinemann sieht diese Hemmnisse kritisch: „Onboarding erfordert eine große B2B-Vertriebsmannschaft und eine große Betreuungsmannschaft. Die hat Otto - noch - nicht“, sagt er. Und wenn Partner dann von sich aus anriefen und Otto diesen erst mal eine Absage erteile, sei dies kein gutes Signal. Zudem habe es Otto mit dem Fokus auf Home & Living mit einer verhältnismäßig komplizierten Klientel zu tun. Es stelle sich die Frage, ob der Möbelmarkt wegen der häufig langen Lieferzeiten überhaupt vollumfänglich marktplatzfähig sei und das leisten könne.
Auch bei der Integration fremder Sortimente sei Vorsicht geboten: Sortimentsüberlappungen würden für Otto nur funktionieren, wenn die Besucherzahlen entsprechend hochskalieren. Ansonsten habe man bei vielen vergleichbaren Produkten auf der Plattform das Problem, eigene Umsätze mit hoher Marge im Retail-Geschäft gegen Provisionsumsätze mit verhältnismäßig geringer Marge einzutauschen. Sein Fazit generell: „Die Transformation zur Plattform ist kein Selbstläufer und wird auch für Otto kein Selbstläufer.“
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