Ich glaube eher an Algorithmen mit Kuration

Logistik ist ein wichtiges Thema

von - 12.02.2018
Natürlich ist Logistik ein Thema, aber wir liefern uns da kein Wettrennen mit Konkurrenten, die weniger mit Mode, sondern mehr mit Schnelligkeit punkten wollen und müssen. Für unsere Kundin ist dies heute nicht so wichtig, aber natürlich haben wir die Zeiten im Auge und werden nicht ins Hintertreffen geraten, wenn sich die Logistik weiter beschleunigt.
com! professional: Ist Hermes für Sie Fluch oder Segen?
Fuchshofen: Auf jeden Fall Segen. Für uns als Gruppe ist es toll, dass wir das Thema ­Logistik beherrschen. Dadurch, dass wir die Kompetenz im Unternehmen haben, verstehen wir viel besser, was das Geschäft treibt und was die Herausforderungen sind. Solche Insights führen dann zu vielen kleinen logistischen Optimierungsmaßnahmen. Beispielsweise wissen wir jetzt, wie man Ein­artikelsendungen so verpackt, dass sie direkt in den Briefkasten passen.
com! professional: Derzeit ruft jeder „Mobile first“. Wie ist ­Ihre Vision eines Mobile-first-Ansatzes?
Fuchshofen: Der mobile Reifegrad muss kontinuierlich verbessert werden. Auch da ist es so, dass man erst mal einen mobilen Auftritt braucht, dann folgt die App. Und jetzt arbeiten wir mit Hochdruck daran, die
Bonprix App
Attraktiv: Die Bonprix-App zählt Millionen von Downloads.
App zu optimieren. Unser Mobile-Team hat eine ganz einfache Vision aufgeschrieben und die heißt: „Ich shoppe gern mobil bei Bonprix“. Der Anspruch ist, dass wir unsere Kundinnen die Beschränkungen, die so ein Mobilgerät mit sich bringt, vergessen lassen.
Auch wir haben beispielsweise einen Fingertouch-Sensor integriert, damit Kunden ihre Nutzerdaten nicht mehr eingeben müssen. Auch das ­Interface-Design ist Touch-optimiert. Doch auch hier ist unser Fokus, erst die Basics richtig zu machen und dann darauf aufzusetzen.
Aber damit eine Shopping-App ein gutes Shopping-Erlebnis liefert, brauchen wir inspirative Modelle. Ich glaube nicht, dass das, was Instagram macht, eins zu eins auf ein transaktionsorientiertes E-Commerce-Modell übertragbar ist – der visuelle Ansatz und Instagram Stories sind aber gute Anleihen.
Auch das Thema Bewegtbild entwickelt mobil eine unglaubliche Anziehungskraft. Für uns steht eine gute Produktdarstellung im Vordergrund. Jedes Pixel zählt. Die Browserleiste muss weg, das Produkt muss in den Vordergrund. Das ist bei uns eine Maxime in der Designentwicklung.
Eine Zeit lang hatten wir alle Filter und Buttons in der App. Aber wir verkaufen keine Online-Shops, wir verkaufen Mode. Ich muss die Mode sehen, sie mir ohne großen Aufwand in mehreren Dimensionen anschauen und dann auch sehr einfach ­bestellen können.
Mobil ist ein Thema für Spontankäufe. Man muss an der roten Ampel schnell etwas bestellen können. Deswegen: Inspiration ja, aber im Kern muss eine Shopping-App shoppen können.
com! professional: Ist die App oder die mobile Seite wichtiger?
Fuchshofen: Wer die Bonprix-App herunterlädt, bekommt über die App das beste digitale Einkaufserlebnis. Natürlich ist die Hürde, eine App runterzuladen, bei Händlern, bei denen ich jede Woche bestelle, deutlich abgesenkter. Aber wir haben inzwischen über drei Millionen Downloads und wir haben deutlich über viereinhalb Sterne bei den Nutzerbewertungen im App Store. Wir bedienen eine sehr breite Zielgruppe, insofern müssen wir mit unserem Angebot sehr unterschiedliche Bedürfnisse ansprechen. Wir können zum Beispiel nicht sagen, wir machen keine mobile Website oder keine App.
com! professional: Nicht nur Mobile ist ein großes Thema, auch über Plattformen spricht die ganz Handelsbranche. Sie auch?
Fuchshofen: Bonprix ist eine vertikal integrierte Modemarke. Unsere Produkte verkaufen wir nur über Bonprix. Wenn ich Ware irgendwohin gebe, ist es nur ein ­T-Shirt von vielen. Und dann geht die Erfahrung und das Feedback der Kunden – sowohl was die Produkte als auch die Touchpoints angeht – verloren. Auf die Mengen, die man über andere Kanäle ­absetzt, sind wir gar nicht so angewiesen. Wir können besser an anderer Stelle skalieren – indem wir beispielsweise unsere Präsenz in anderen Märkten weiter forcieren.
com! professional: Und andersrum: Wollen Sie nicht zur Plattform werden und Ihre drei Millionen Besucher monetarisieren?
Fuchshofen: Wir wollen den Kunden ­unsere Mode verkaufen. Die tiefe Ausschöpfung der Kundenbeziehung kann auch dazu führen, dass mein eigentliches Kerngeschäft leidet. Irgendwann verdient man mit den Nebenprodukten mehr Geld als mit dem Eigenprodukt – und dann verliert das Eigenprodukt seine Leistungs­fähigkeit. Wenn dann das Nebenprodukt zusammenbricht, ist alles kaputt. Da muss man vorsichtig sein.
com! professional: Was planen Sie an Neuerungen für die  nächste ­Zukunft?
Fuchshofen: Wir probieren natürlich ständig neue Möglichkeiten aus. Derzeit ­arbeiten wir zum Beispiel an digitalen Erweiterungen unseres stationären Geschäfts. Dafür haben wir in Hamburg ein eigenes Retail Lab ins Leben gerufen und testen da Ansätze, wie wir unsere digitale Kompetenz sinnvoll im Stationärbereich einbringen können und welche dieser Ansätze für eine breite Zielgruppe vielversprechend sind. Viel mehr will ich ­dazu noch nicht verraten. Sicher ist nur: Es bleibt spannend.
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