Ich glaube eher an Algorithmen mit Kuration

Ein Problem ist die Verfügbarkeit

von - 12.02.2018
Diesen Nachteil haben wir nicht, denn unsere Produkte bekommt man nur bei Bonprix. Alles, was wir an ­Inspiration erzeugen, geht auf unsere Produkte. Natürlich sind die zu einem gewissen Grad auch austauschbar – Skinny Jeans bleibt Skinny Jeans. Aber in einem gewissen Preissegment wird die Auswahl eben weniger.
Ein weiteres Problem klassischer Katalogversender ist die Verfügbarkeit. Oft ist die Ware einfach nicht mehr bestellbar. Wenn ich vertikal integriert bin, habe ich die Lieferkette selbst im Griff. Ich muss nicht im Vorfeld bei Marken bestimmte Stückzahlen ordern und mich nach deren UVP richten. Stattdessen kann ich zum Lieferanten gehen und nachproduzieren lassen, wenn wir von einem Produkt gerade viel verkaufen. Und auch wann ich die ­Preise reduzieren darf, bestimme ich selbst.
com! professional: Verfügbarkeiten haben Sie also im Griff?
Fuchshofen: Na ja, wir arbeiten permanent daran, das Thema im Griff zu behalten, und arbeiten da mit sehr aufwendigen Verfahren und zum Teil auch mit neuronalen Netzen. Wenn man anhand von Daten über Traffic, Seitenaufrufe und Käufe die Attraktivität eines Artikels bestimmen muss – und das über x Länder hinweg –, dann kann man sich vorstellen, warum man Big Data braucht. Das ist wirklich big – big sowohl in der Menge als auch in der Breite der Daten.
com! professional: Glauben Sie daran, dass Mode künftig auch von Künstlicher Intelligenz kreiert wird?
Fuchshofen: Ich glaube, dass die DNA von Mode nicht geknackt ist. Es geht ja nicht nur um Einzelartikel, sondern auch um die Kombina­tion. Und dann ist Mode auch ­etwas sehr Persönliches: Was bei dem einen
Inspiration bei Bonprix
Strategie: Bonprix setzt bei seiner Shopping-Strategie auf Inspiration.
oll aussieht, wirkt beim anderen super gestylt. Das ist es, was wir mit „Bonprix, it’s me“ meinen: Mode ist abhängig von Geschmacks- und Stylingfragen und auch vom individuellen Typ. Wir wollen nicht definieren, wie unsere Kundin auszusehen hat, sondern Frauen in ihrer Vielfalt wahrnehmen und das runterbrechen auf ihre Modebedürfnisse. Und das ist eine komplexe Aufgabe. Ich glaube eher an hybride Ansätze von ­Algorithmus und Kuration. Und schauen Sie sich Pinterest an: Auch da funktioniert das Follower-Prinzip besser als der reine Algorithmus.
com! professional: Wo setzen Sie denn sonst noch Künstliche Intelligenz ein?
Fuchshofen: Eine große Herausforderung, die wir mit Hilfe von KI lösen wollen, ist, die Fülle ­digitaler Touchpoints und Marketingkanäle effizient zu verknüpfen. Jeder Marketingkanal hat unterschiedliche Anforderungen an die Dateninszenierung. Und wir müssen schauen, dass wir Content ­erzeugen, der sich nativ in den jeweiligen Kanal einpasst, aber gleichzeitig nicht das Budget sprengt. Aber wenn ich schon auf der Content-Ebene Dinge falsch mache und auf der Datenebene nicht die richtigen Segmente anlege, komme ich in einer Biddable World nicht voran.
com! professional: Sie setzen in Ihrer Kommunikationsstrategie stärker auf den Lustkauf. Hat das Auswirkungen auf den Shop?
Fuchshofen: Für mich ist das eine Frage von Reifegrad. Wir sind vor 20 Jahren ­gestartet. Da war man froh, wenn man überhaupt einen Shop hatte. Die nächste Stufe war ein performanter Shop, der immer verfügbar ist. Anschließend hat man sich um Usability-Themen gekümmert, dann hat man die Customer Experience optimiert und angefangen, mediengerechter zu entwickeln.
Wir kommen aus dem Katalog. Was ist die Übersetzung ins Internet? Wir brauchten dort zum Beispiel ­andere Bildwelten und haben eine eigene Fotografie für den Online-Shop entwickelt. Und so dreht sich die Spirale immer höher. Denn erst, wenn man die Basics im Griff hat, kann man Themen wie Inspiration in den Einkaufsprozess einbringen. Und ich glaube nicht, dass ein Online-Shop, der das nicht kann, noch lange eine Daseinsberechtigung hat.
com! professional: Es sei denn, man ist Amazon.
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