Drohnen erobern neue Geschäftsfelder

Wenn Drohnen abstürzen

von - 24.08.2018
Die Faszination für die vielen Einsatzszenarien darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verwendung von Drohnen auch Probleme mit sich bringt. Störungen von Menschen und Tieren durch Lärm und Flugbewegungen, Verletzung der Privatsphäre, Spionage und andere kriminelle Aktivitäten sind einige der negativen Aspekte des Drohnen-Booms. Und zählte die Deutsche Flugsicherung (DFS) 2015 noch 14 Konflikte mit dem regulären Flugverkehr, so waren es 2017 schon 88.
Passagierdrohne von EHang
EHang 184: Die Passagierdrohne absolvierte bereits mehrere bemannte Testflüge.
(Quelle: EHang)
Neben Aufklärung und verschärften Kontrollen sind diverse Sicherheitsmechanismen im Gespräch, die Unfälle mit abstürzenden Drohnen verhindern oder abmildern sollen. So hat Amazon ein Patent zur geplanten Zerstörung außer Kontrolle geratener Drohnen angemeldet. Ein Fragmentation Con­troller entscheidet im Fehlerfall, welche Teile einer modularen Drohne abgeworfen werden sollen, um den Flug zu stabilisieren oder den Aufprallschaden zu minimieren. Mehrere Hersteller, so etwa das italienische Start-up ParaZero und DJI, haben zudem Prototypen angekündigt, bei denen sich automatisch Fallschirme öffnen sollen, wenn eine Drohne ins Trudeln gerät. Anders als bei der Fragmentierung könnte die Drohne sanft zu Boden gleiten und würde nicht zerstört.
Im kommerziellen Bereich genügt es aber nicht, Abstürze abzumildern. Bei wertvoller Fracht und insbesondere bei der Personenbeförderung muss die Sicherheit so hoch sein wie in der bemannten Luftfahrt. Hersteller versuchen dies auf zwei Wegen zu erreichen. Zum einen sind Hightech-Drohnen mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet, zum anderen sind wesentliche Systeme wie Rotoren, Triebwerke oder Batterien redundant ausgelegt. So fliegt das Fluggerät auch beim Ausfall eines Systems stabil weiter oder kann kontrolliert landen.

Vorschriften bremsen aus

Die steigende Zahl von Unfällen, Beinah-Kollisionen und Behinderungen an Flughäfen resultierte in teils recht drastischen Einschränkungen durch Gesetzgeber und Behörden. „Die Regulierungsbemühungen auf nationaler und europäischer Ebene haben dazu geführt, dass Drohnendienstleister eine Weile lang fast gar nicht mehr arbeiten konnten“, klagt Benjamin Federmann von doks. innovation. Mittlerweile zeichnet sich jedoch eine Regelung auf europäischer Ebene ab, mit der alle Beteiligten leben können.
Im Juni 2018 hat das EU-Parlament eine Vereinbarung verabschiedet, die EU-weit für einheitliche Sicherheitsstandards und Vorschriften sorgen soll. Sie ist allerdings sehr allgemein gehalten. Spannend wird es für die Drohnennutzer wohl erst, wenn die EU-Kommission detailliertere Regeln entwickelt hat, in denen zum Beispiel Entfernungs- und Flughöhenbeschränkungen sowie Vorgaben zur Zertifizierung von Drohnen festgelegt werden. „Für das weitere Wachstum und eine größere Verbreitung speziell der kommerziellen Nutzung ist ein europaweit homogener recht­licher Rahmen für die Benutzung von Drohnen sinnvoll“, so Martin Brandenburg von DJI.
Derzeit gilt in Deutschland auch für Drohnen das Luftverkehrsgesetz (LuftVG). Seit April ist zudem die „Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten“ in Kraft. Sie modifiziert die Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) und sieht unter anderem eine Kennzeichnungspflicht für alle Drohnen über 250 Gramm Startgewicht sowie einen Kenntnisnachweis für den Betrieb von unbemannten Flugsystemen vor, sofern diese mehr als zwei Kilogramm wiegen. Ab fünf Kilogramm Startgewicht ist der Betrieb erlaubnispflichtig.
Jan-Eriv Putze
Jan-Eric Putze
Geschäftsführer der
R. Eisenschmidt GmbH
www.eisenschmidt.aero
Foto: Melanie Bauer (www.mb-photodesign.de)
„Die derzeitigen Regelungen sind alles andere als nutzerfreundlich.“
Darüber hinaus dürfen Drohnen weder Krankenhäuser, Menschenansammlungen, staatliche Einrichtungen wie Justizvollzugsanstalten, Einsatzorte von Polizei und Rettungskräften noch Industrieanlagen, Naturschutzgebiete und Verkehrswege überfliegen. Auch Wohngrundstücke sind tabu, sofern die Drohne schwerer als 250 Gramm ist oder Ton-, Foto- beziehungsweise Filmaufnahmen anfertigen kann.
Die Bestimmungen zur Kennzeichnungspflicht und zum Kenntnisnachweis sind seit Oktober 2017 wirksam.
Die Drohnenverordnung bringt zwar eine gewisse Rechtssicherheit und scheinbare Erleichterungen, die umfangreiche Liste der Überflugverbote erschwert jedoch die Umsetzung. „Die derzeitigen Regelungen sind alles andere als nutzerfreundlich“, moniert Jan-Eric Putze, Geschäftsführer der
R. Eisenschmidt GmbH, eines Tochterunternehmens der DFS Deutsche Flugsicherung, die unter anderem Schulungen und Prüfungen für den Drohnenführerschein anbietet. Zwar sind für fast alle Verbote Ausnahmegenehmigungen möglich, allerdings nur mit erheblichem bürokratischen Aufwand.
Vor jedem Aufstieg ist nämlich das Risiko zu klassifizieren, das eine Drohne bei einem Absturz (Ground Risk Class, GRC) beziehungsweise einem Zusammenstoß in der Luft (Aerial Risk Class, ARC) darstellen würde. Übersteigt dieses Risiko einen bestimmten Wert, hat der Anwender ein Specific Operation Risk Assessment (SORA) zu erstellen. „Jedes Flugverfahren muss neu beschrieben und neu bewertet werden“, berichtet Putze. „Dieser Aufwand ist für Unternehmen kaum zu leisten.“ Er hofft, dass künftig Regelungen aus der bemannten Luftfahrt übernommen werden, in der eine generelle Betreiberlizenz (Air Operator Certificate, AOC) beantragt werden kann. „Das AOC regelt, was ein Betreiber darf und was nicht“, erklärt Putze, „Damit würden die Anträge für jede Einzelmaßnahme entfallen.“
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