Keiner weiß, was Digitalisierung eigentlich bedeutet

Agile Methoden

von - 22.08.2019
com! professional: Sie haben das agile Vorgehen bei Projekten an­gesprochen. Setzen Sie nur noch auf agile Methoden?
Crameri: Keinesfalls. Beim Projektstart wählen wir das jeweils adäquate Vorgehen. Denn: Nur weil Agilität in aller Munde ist, ist es ja nicht zwingend immer optimal. Unserer Erfahrung nach passen in 80 Prozent der Fälle die agilen Methoden. Aber zum Beispiel beim Umsetzen regulatorischer Anforderungen, bei denen feststeht, was bis wann erreicht werden muss, arbeiten wir im Wasserfall-Modell. Wer hingegen eine neue Bedienoberfläche programmieren will, bei der sich die Kundenanforderungen andauernd ändern, ist mit einem agilen Vorgehen besser beraten. Derzeit arbeiten wir in 75 Prozent der Projekte agil. Unser Ziel sind aktuell 80 Prozent.
com! professional: Würden Sie Ihre Abteilung eher als IT-Dienstleister oder eher als Business-Treiber positionieren?
Crameri: Beides. Jüngst haben wir für den COO-Bereich ein neues Vision Statement kreiert, das unsere Tätigkeiten gut zusammenfasst: „We run our bank and shape its future.“ Hier spiegelt sich auch mein Rollenverständnis wider: Ich sehe meinen Bereich einerseits als Utility Provider, was ungefähr der Versorgung einer Stadt mit Gas, Strom oder Wasser entsprechen würde. Die grundlegenden Dienste müssen einfach funktionieren. Darauf aufbauend sind wir ein Business Shaper, der die Zukunft der Bank sichert.
com! professional: Wie verteilt sich Ihre Zeit an einem typischen Arbeitstag auf Betrieb und auf Projekte?
Crameri: Der Run-Anteil ist relativ bescheiden. Ich fokussiere mich mehr auf den Change. Das Verhältnis würde ich mit 20 zu 80 beziffern.
com! professional: Wo sehen Sie aktuell die größte Herausforderung für die IT der Credit Suisse Schweiz?
Crameri: Wir leben in einer sehr spannenden Zeit. Früher hatten wir jahrelange Projekte und haben zusätzlich die IT betrieben. Die Anforderungen an uns IT-Manager haben sich in den letzten zehn Jahren fundamental geändert: einerseits, wie wir Software entwickeln, andererseits, wie wir IT betreiben. Hier muss ich drei Schlagwörter nennen: Agile, DevOps und Cloud. Diese drei Themen haben die Art und Weise, wie wir mit IT umgehen, grundlegend verändert.
Aus den Komponenten ergibt sich für die IT eine mehrdimensionale Herausforderung: Erstens die Technologie, die heute handhabbar ist. Dann die Cloud, die entweder selbst aufgebaut oder von extern bezogen wird. Wenn diese Entscheidung gefallen ist, ist auch die Cloud machbar. Dann folgt allerdings die größte Herausforderung: die Mitarbeiter mitzunehmen auf die Reise in die neue Realität und sie zu befähigen, dass sie sich darin zurechtfinden.
com! professional: Sind Sie persönlich betroffen von der Transformation oder treiben Sie die Veränderung aktiv?
Crameri: Ich treibe die Veränderung selbst und bin der interne „Sponsor“. Wie erwähnt, haben wir während der vergangenen Jahre den Mitarbeitern die agilen Methoden vermittelt, ihre Vorteile und auch ihre Nachteile. Hier haben wir schon einen sehr hohen Reifegrad erreicht. In den letzten drei Jahren ist noch DevOps hinzugekommen, was ich verkürzt als die Automatisierung des Entwicklungsprozesses beschreiben würde. Seit dem vergangenen Jahr sind wir mit der Public Cloud beschäftigt, als letztem Schritt im Programm „IT Transformation“.
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