Der Mittelstand forciert den digitalen Wandel

Verschenkte Potenziale

von - 07.06.2018
Hilfe bei der Digitalisierung
Selfmade-Digitalisierung: Ein Großteil der Mittelständler holt sich keine Beratungsdienstleistungen ins Haus.
(Quelle: Bitkom Research (n=505 Unternehmen mit 20 oder mehr Beschäftigten) )
Ein eher düsteres Bild von der Digitalisierung im Mittelstand zeichnet eine neue Untersuchung von KfW Research. Danach hat nur jedes vierte kleine und mittlere Unternehmen in den Einsatz neuer oder verbesserter digitaler Technologien für Prozesse, Produkte oder Dienstleistungen investiert. 2016 hat der Mittelstand insgesamt 14 Milliarden Euro für Digitalisierungsvorhaben ausgegeben. Im Vergleich zu 169 Milliarden Euro Neuinvestitionen in Maschinen, Gebäude und Einrichtungen seien die mittelständischen Digitalisierungsinvestitionen damit niedrig, so KfW Research. Im Durchschnitt gibt eine Firma 18.000 Euro für Digitalisierungsvorhaben aus.
Bei den Kleinunternehmen mit weniger als fünf Mitarbeitern, die 81 Prozent aller mittelständischen Betriebe in Deutschland ausmachen, liegen die Investitionen mit insgesamt 4,3 Milliarden Euro zwar vergleichsweise auf hohem Niveau. Doch nur 24 Prozent von ihnen haben in den zurückliegenden drei Jahren überhaupt ein entsprechendes Digitalisierungsprojekt abgeschlossen. Kleine Firmen sind vor allem damit befasst, die Schnittstelle zu Kunden und Zulieferern zu digitalisieren, oder sie investieren in digitale Marketing- und Vertriebskonzepte. Die großen Mittelständler erneuern häufiger ihre IT-Strukturen, halten den Aufbau von Digitalisierungskompetenzen im eigenen Betrieb für wichtig oder nehmen sich die Reorganisation von Workflows vor. Offensichtlich richtet sich der Blick bei kleineren Unternehmen fast nur nach außen, wenn es um die Digitalisierung geht, größere dagegen digitalisieren auch im Inneren. Man könnte sagen, sie digitalisieren auch sich selbst.
„Vor allem die vielen Kleinunternehmen hierzulande scheinen noch wenig Vorstellungen davon zu haben, welchen Nutzen digitale Technologien für ihr Geschäftsmodell haben können. Problematisch ist jedoch nicht nur das langsame Tempo, mit dem der Mittelstand die Digitalisierung angeht, sondern auch der enge Blick auf das Thema“, so Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW.
Dr. Jörg Zeuner
Dr. Jörg Zeuner
Chefvolkswirt der KfW
www.kfw.de
Foto: KfW Bankengruppe / Heinrich Völkel/Ostkreuz
„Problematisch ist nicht nur das langsame Tempo, mit dem der ­Mittelstand die Digitalisierung ­angeht, sondern auch der enge Blick auf das Thema.“
„Entscheidend dafür, dass die digitale Revolution im deutschen Mittelstand gelingt und neue Geschäftsmodelle entstehen können, ist vor allem ein zü­gi­ger Abbau bestehender Hemmnisse. Dazu zählen fehlende IT-Kompetenzen der Arbeitnehmer, ungelöste Fragen der Datensicherheit und des Datenschutzes, Probleme bei der Anpassung der Unternehmens- und Arbeitsorganisation sowie eine mangelnde Qualität der Internetverbindung“, fasst Zeuner die Herausforderungen zusammen.
Es lohnt jedoch, die noch fehlenden Voraussetzungen für die weitere Digitalisierung zu schaffen. Die Studie „Digitale Dividende im Mittelstand“ des Beratungsunternehmens Mind Digital und der Rheinischen Fachhochschule Köln zeigt: Mit dem Digitalisierungsgrad steigt der Gewinn im Durchschnitt um bis zu 20 Prozent. Wer bei der Digitalisierung besonders erfolgreich ist und zu den sogenannten Digital Leadern zählt, realisiert laut Studie das höchste Umsatz- und Gewinnwachstum, zeichnet sich durch einen kulturellen Wandel aus, setzt mit digitalen Managementmethoden auf Transparenz, etabliert neue Geschäftsmodelle und gestaltet echte Kundenerlebnisse.
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