Management muss Digitalisierung vorleben

Jede Branche braucht einen CDO

von - 03.07.2018
com! professional: Welche Branchen brauchen einen CDO?
Schaniel: Es fällt mir schwer, eine einzige Branche zu benennen, die keinen dedizierten Digital Officer benötigt. Alle Unternehmen müssen sich heute mit digitaler Technologie und der Operational Excellence beschäftigen. Möglicherweise ist dafür in Zukunft aber nicht unbedingt ein eigener Manager erforderlich. Denn viele COOs arbeiten schon jetzt ebenfalls an diesen Themen, einige CFOs auch.
Die CIOs sind meiner Meinung nach nicht für die Position als Digital Officer geeignet. Viele IT-Leiter haben die Mentalität „Never touch a running system“. Mit dieser Einstellung sitzen sie dann auch oft nicht in der Geschäftsleitung und haben keine Umsatzverantwortung.
com! professional: Welche Herausforderungen sehen Sie für die nächsten Jahre?
Schaniel: Möbel Pfister wird sich zum daten­getriebenen Unternehmen weiterentwickeln. Wir haben mit dem Beseitigen der Medien­brüche und dem Automatisieren der Prozesse schon die grundlegenden Voraussetzungen dafür geschaffen. Außerdem sind neben der traditionellen Marktforschung bei uns mittlerweile auch Data Scientists beschäftigt, die sich ausschließlich mit der Analyse von Geschäfts­daten befassen.
Neu gibt es zudem auch Business-Account-Manager. Diese Mitarbeiter sind die Schnittstelle zum Geschäft: Sie holen Fragestellungen aus dem Business ab, übersetzen sie für die Data Scientists und transferieren die Ergebnisse der Analysen zurück ins Geschäft. Zusätzlich sollen die Business-Account-Manager ermitteln, wann eine Ad-hoc-Analyse sinnvoll ist und wo sich möglicherweise eine Automatisierung anbietet, damit Abfragen als Selfservice programmiert werden können.
com! professional: Was erwarten Sie von der virtuellen Realität in der Möbelbranche?
Schaniel: Augmented und Virtual Reality bergen riesige Chancen für die Einrichtungsbranche. Wir haben schon jetzt diverse Möbelkon­figuratoren auf unserer Website aufgeschaltet. Kunden können sich damit ihre Möbel indivi­duell zusammenzustellen. Eine Herausforderung ist es, die notwendigen 3D-Modelle zu erhalten, zum Beispiel von einem Schreiner oder einem Sattler. Dieser schneidet den Schaumstoff für die Polster kubisch aus und bezieht ihn dann beispielsweise mit Leder. Dabei entsteht ein Radius, der bei keinem Möbelstück exakt gleich ist – und somit schwierig zu dokumentieren. Aus diesem Grund ist es fast unmöglich, für dieses Möbel ein exaktes 3D-Modell zu bauen.
com! professional: Wo haben Sie Fortschritte erzielt?
Schaniel: Große Fortschritte haben wir beim Digitalisieren der Produktkataloge gemacht. In den elektronischen Dokumenten für die Einrichtungsberater sind Logiken für alle möglichen Kombinationen hinterlegt. Nehmen wir zum Beispiel ein Sofa: Wenn der Kunde anstatt der eckigen die runden
Füße wünscht, bekommt der Berater signalisiert, dass bestimmte Konfigurationen in diesem Fall nicht mehr möglich sind – beispielsweise die tiefe Sitzfläche. Diese Logiken wurden den Einrichtungsberatern früher aufwendig in täglichen Schulungen pro Modell vermittelt.
Das war eine große Herausforderung, da zum Beispiel bei unserem „Classics“-Sofa über eine Million verschiedene Kombi­nationen möglich sind. In den Katalogen sind die Möbelstücke fotorealistisch dargestellt. Der Kunde kann sich am heimischen PC eine Kombination zusammenstellen und sie unter einer sechsstelligen Nummer speichern. Wenn er dann die Filiale besucht, lässt sich anhand der sechs Zahlen das Möbelstück finalisieren und anschließend bestellen. Der umgekehrte Fall funktioniert selbstverständlich auch: das Produkt in der Filiale zusammenstellen, zu Hause aufrufen und per Mausklick kaufen.
Der nächste Schritt sieht vor, die vom Kunden individuell konfigurierten Möbel in virtuellen Räumen zu platzieren. Der übernächste dann, die Möbel in den Raum des Kunden zu projizieren. Die Herausforderung ist hier anderer Art: Apps mit Augmented Reality kommen bei Männern gut an, bei Frauen jedoch aktuell weniger. Allerdings sind Frauen unsere primäre Zielgruppe. Das heißt, dass wir derzeit an einer Technologie und Applikationen arbeiten, die den Erwartungen unserer weiblichen Kundschaft entspricht. Wir sind auf einem guten Weg.
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