Wenn das Management die Digitalisierung bremst

Keine Erfahrung mit Tech

von - 16.11.2017
Und das scheint eben nicht immer der Fall zu sein. Nicht zuletzt spielt auch die fehlende oder unzureichende Erfahrung mit den innovativen Technologien eine Rolle, auch wenn solche Buzzwords wie IoT oder KI nicht zu überhören sind. „Obwohl unsere Recherchen oder zumindest die Befragungsergebnisse ergeben, dass das Fehlen von geeigneten Qualifikationen in den IIoT- und Analytics-Bereichen relativ weit unten auf der Liste der Hindernisse stehen“, sagt LNS-Analyst Miklovic, „glauben wir dennoch, dass der Mangel an diesen Qualifikationen in der Tat das Hauptpro­blem ist.“
Tom Fowler pflichtet dem bei: „Manche Vorstände haben nie eine persönliche Erfahrung mit den disruptiven Technologien gemacht. Das Unbekannte macht Angst, und das, was Angst macht, wird kurzerhand abgelehnt.“

Aufklärung tut not

Herausforderungen für IoT-Projekte
Industrial Internet of Things: Die nötigen Mittel zu bekommen und einen Business-Case zu entwickeln, sehen Führungskräfte als größte Herausforderungen für die Umsetzung von Projekten an.
(Quelle: LNS Research, n= 269 )
Deshalb müssen die digitalen Themen dem Vorstand nähergebracht werden. Nach Ansicht von Didier Bonnet von Capgemini ist die Aufklärung des Vorstands die Voraussetzung schlechthin. Dan Miklovic erklärt auch, warum: „In manchen Fällen stellen die Vorstände unangemessen hohe Erwartungen daran, wie groß die Vorteile sein werden, wie schnell die Vorteile realisiert werden können oder was die digitale Transformation für eine bestimmte Industrie in Wirklichkeit bedeutet.”
Für Alexander Wink ist Aufklärung das falsche Wort: „Ich kenne heute keine Vorstände oder Geschäftsführungen, die sich nicht mit der Digitalisierungsfrage beschäftigen. Dementsprechend müssen sie nicht darüber aufgeklärt werden“, sagt der Experte von Korn Ferry. Gleichzeitig räumt er allerdings ein, dass es gerade aufgrund der enorm hohen Veränderungsgeschwindigkeit wichtig sei, „inhaltlich stets am Ball zu bleiben“.
Unabhängig von der Begrifflichkeit sind die Experten einig, dass die Vorstände sich mit den Themen der digitalen Transformation kontinuierlich beschäftigen sollten. Für Dan Miklovic ist der Ausbau der digitalen Affinität auch deshalb wichtig, weil es viel einfacher sei, einem Vorstand den ROI von innovativen digitalen Projekten zu verdeutlichen, der mit der digitalen Transformation besser vertraut ist.
Jörg Kasten zufolge, Managing Partner und Vorstandsvorsitzender des internationalen Personalberatungsunternehmens Boyden Deutschland, gehe es bei der Aufklärung des Vorstands nicht darum, tief in Umsetzungsstrategien einzusteigen, vielmehr müsse gezeigt werden: Das ist das Pro­blem, das kann bald zum Pro­blem werden, das macht die Konkurrenz oder der Markt und das sind die Lösungsvorschläge. Die Darlegung der Faktenlage, das Herunterbrechen der angedachten Maßnahmen und eine möglichst realitätsnahe Analyse der Auswirkungen – eben alles, was zu der Aufklärung und Vereinfachung der Sachlage führt –, ist seines Erachtens der beste Weg. „Man muss zeigen, dass bei solchen Projekten neu gedacht und ausgetretene Pfade auch mal verlassen werden müssen“, so der Boyden-Experte weiter.
Neben der Notwendigkeit der Aufklärung unterstreichen einige Experten auch die Bedeutung der technischen Affinität des Vorstands. „Die Rückendeckung aus dem Vorstand ist essenziell und eine technische Affinität ist hier sehr förderlich – insbesondere auch, um die Digitalisierung dem Kunden näherzubringen “, erklärt Marius Grathwohl von MULTIVAC.
Tom Fowler präzisiert: „Die Vorstandsmitglieder tauschen sich aus und wenden sich häufig bei jeglichen Themen an einen Fachexperten aus den eigenen Reihen.“ Laut Didier Bonnet ist es wichtig, Leute im Vorstand zu haben, die technisch versiert sind, oder – noch besser – die die digitale Transformation in einem anderen Unternehmen mitgestaltet haben.
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