Das leistet die Fabrik der Zukunft schon heute
Thyssenkrupp testet Hololens
von Bernd Reder - 12.10.2017
Nicht mehr ganz neu, aber immer noch beeindruckend ist der testweise Einsatz von Microsofts Datenbrille Hololens bei Thyssenkrupp. Dessen Sparte Elevator, die Aufzüge fertigt und wartet, hat Servicetechniker mit der Mixed-Reality-Brille von Microsoft ausgestattet. Sie stellt den Technikern vor Ort weiterführende Informationen wie Handbücher zur Verfügung. Außerdem kann sie Bilder von defekten Systemen schießen und zur Begutachtung an einen Spezialisten weiterleiten. Ersten Erfahrungen von Thyssenkrupp Elevator zufolge lassen sich Reparaturen bis zu viermal schneller erledigen, wenn die Wartungsfachleute mit Datenbrillen arbeiten.
Auch Schulungs- und Trainingsinhalte kann man mit dem neuen System in unterschiedlichen Formaten aufrufen. Mitarbeiter können so direkt an der Maschine ihr Wissen ausbauen und erworbene Kenntnisse anwenden. Neue und ungeschulte Kollegen werden dazu befähigt, ab dem ersten Tag selbstständig zu lernen und zu arbeiten. Aber auch routinierten Mitarbeitern kann die Brille helfen, komplexe Maschinen zu bedienen.
Für Unternehmen bedeutet das nicht nur einen Gewinn an Produktivität, so Microsoft und Thyssenkrupp. Sie sehen in dem System zudem ein Mittel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Grund: Durch die Hilfestellung über eine Datenbrille können auch weniger versierte Mitarbeiter komplexe Aufgaben übernehmen.
Alte Systeme anbinden
Zu den größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Industrie-4.0-Konzepten zählt, dass auch ältere Maschinen und Anlagen eingebunden werden müssen. Denn viele solcher Anlagen sind mehr als zehn oder 15 Jahre im Einsatz. Mal eben schnell neue, „intelligente“ Werkzeugmaschinen und Bearbeitungszentren einzuführen, um Industrie 4.0 Realität werden zu lassen, ist schon allein aus Kostengründen für Fertigungsunternehmen nicht akzeptabel. Daher müssen Wege gefunden werden, die alte mit der neuen Welt zu verknüpfen. Eine Option könnte darin bestehen, vorhandene Fertigungskomponenten mit Sensoren auszustatten und an IoT-Gateways anzubinden. Auf diese Weise hat beispielsweise Bosch im Rahmen einer Marketingaktion eine 130 Jahre alte Drehbank aus dem Besitz des Firmengründers Robert Bosch für Industrie 4.0 fit gemacht.
Und das Karlsruher Fraunhofer-Institut IOSB hat mit dem „Plug and Work Cube“ eine Nachrüst-Box für ältere Industrieanlagen vorgestellt.
Die Nachrüstlösung besteht aus einer Hardware (dem Cube) in Gestalt eines Industrie-PCs mit Windows als Betriebssystem. Hinzu kommt ein Assistenzsystem, mit dem eine Maschine oder Produktionsanlage ohne Modellierungs-Know-how eindeutig beschrieben werden kann. Aus diesem Modell wird ein Kommunikations-Server erzeugt, an den sich IT-Systeme oder IoT-Plattformen anschließen lassen. Diese wiederum werden mit der Maschine verknüpft. „Im Prinzip ist das ganz ähnlich wie die Installation eines USB-Geräts, beispielsweise eines Druckers, am Büro-PC“, erklärt Olaf Sauer, Projektleiter beim Fraunhofer-Institut.
Auf dem Plug and Work Cube können auch Daten der angeschlossenen Maschinen gespeichert werden. „Die Mitarbeiter in der Betriebsleitung sehen jederzeit, was an der Maschine gerade los ist, und erkennen sofort, wenn Probleme auftauchen. So herrscht Transparenz beim Geschehen in der Fertigungshalle."