Das leistet die Fabrik der Zukunft schon heute

Proaktive Qualitätskontrolle

von - 12.10.2017
Am besten ist jedoch, es gar nicht dazu kommen zu lassen, dass Komponenten von Maschinen, Autos oder Konsumgütern vorzeitig ausgetauscht werden müssen. Dies will eine Nachbardisziplin von Predictive Maintenance ermöglichen, die vorausschauende Qualitätskontrolle. Der Papierhersteller Koehler Paper Group aus Oberkirch in Baden-Württemberg verwendet beispielsweise rund 90 Parameter aus Prozess- und Qualitätskontrollsystemen sowie Energie- und Farbmessungen, um in Echtzeit Daten über die Qualität der produzierten Papierrollen zu erhalten. Künftig sollen sogar über 500 Parameter erfasst werden. Zum Sammeln und Auswerten der Datenmassen nutzt Koehler eine Big-Data-Software von SAP.
Christof Scheidt
Christof Schleidt
Director Sales und Head of Strategy bei Fujitsu
www.fujitsu.de
Foto: Fujitsu
„Viele Unternehmen sind im Bereich Industrie 4.0 mit ihren Projekten noch nicht über Pilot- und ­Testphasen hinausgekommen.“
Koehler verwendet die gesammelten Informationen, um ein Vorhersagemodell zu entwickeln. Dieses ermöglicht es den Ingenieuren des Herstellers, über permanente Kausalitätsprüfungen Unregelmäßigkeiten zu entdecken. Der Vorteil: Bereits bevor eine physische Qualitätskontrolle durchgeführt wird, erhalten Fertigungsfachleute eine Rückmeldung, „dass etwas nicht stimmt“.
Um welche Summen es dabei gehen kann, zeigt ein Stahlproduzent, ebenfalls Kunde von SAP. Er konnte dank vorausschauender Qualitätskontrolle den Anteil physischer Tests von 20 bis 30 Prozent auf 5 bis 13 Prozent senken – und spart so nach eigenen Angaben eine Million Euro pro Jahr.

Infos auf die Datenbrille

Wohin die Reise im Bereich Fertigungs- und Prozessautomatisierung geht, war im September auf der Fachmesse EMO in Hannover zu sehen. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT) und der japanische Konzern Mitsubishi Electric zeigten ein intelligentes Informationssystem, das Maschinenbedienern individuell zu ihren Aufgaben passende Informationen direkt aus der Maschinensteuerung liefert. Die Daten werden an Tablets mit dem Betriebssystem Android übermittelt. Außerdem unterstützt die Lösung marktgängige Datenbrillen (Smart Glasses).
Die Mitarbeiter sehen in Echtzeit, wenn Störungen auftreten, eine Maschinentür nicht richtig geschlossen ist oder eine Maschine in Kürze gewartet werden muss. Die Smart Devices blenden dazu aktuelle Daten der Motorströme für Antriebe oder 3D-Modelle von Bauteilen in die echte Maschinen­umgebung im Blickfeld des Mitarbeiters ein. Der kann dadurch den Zustand der Komponente überwachen – oder erfährt anhand der Daten, dass eine Komponente langsamer verschleißt als angenommen. In diesem Fall verlängert er die geplanten Wartungsintervalle.
Die Informationen landen in Form von Pop-up-Hinweisen auf dem Endgerät. Mitsubishi Electric und das Fraunhofer-Institut haben zudem eine Art Selbsthilfefunktion eingebaut. Damit zeigen etwa Texte und Videos Schritt für Schritt, wie ein Maschinenbediener ein Werkzeug wechseln oder kleinere Probleme lösen kann. Unternehmen, die das System einsetzen, können so Maschinenstillstandzeiten verkürzen und Produktionsaufträge exakter planen.
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