Die Digitalisierung verändert die Luftfahrt

Big Data am Airport

von - 24.01.2018
Wenn man an Flughäfen denkt, dann kommen einem zuerst eher analoge Dinge in den Sinn: Koffer verladen, Sicherheitskontrollen oder Shopping-Gelegenheiten. Doch auch für die Flughäfen ist Digitalisierung ein wichtiges Thema, weil das Verhalten der Passagiere im Lauf der Jahre digitaler geworden ist. Das ist etwa die Erfahrung von Alexander Laukenmann, Geschäftsführer des Flughafens Hamburg: „Rund 80 Prozent unserer Fluggäste nutzen ein mobiles Endgerät direkt am Flughafen.“
Sicherheitskontrolle am Fraport
Big Data am Flughafen Frankfurt: Drohende Warteschlangen an der Sicherheitskontrolle werden im Vorfeld erkannt.
(Quelle: Fraport)
Laukenmann betont: „Das Hauptziel des Hamburger Flughafens ist es, dem Passagier während der gesamten Kunden-Reisekette Informationen digital zur Verfügung zu stellen.“ Gerade die Flughafenwelt mit ihren vielen Dienstleistern und Zuständigkeiten sei sehr komplex – „Passagiere erwarten aber auf ihrem Weg von der Buchung über die Mietwagen-Reservierung bis hin zum Boarding einen reibungslosen Ablauf – und dazu gehört auch ein entsprechender Austausch aller Teilnehmer entlang dieser Kunden-Reisekette.“
Die Zentralisierung und Auswertung der vorhandenen Daten für eine schnelle und passende Informationsversorgung des Passagiers ist in der IT-Abteilung des Flughafens Hamburg deshalb in den kommenden Monaten ein wichtiges Thema.
Im nächsten Schritt stehe dann der Datenaustausch mit Partnern an und damit eine bessere Vernetzung der Reisekette des Passagiers: „Das betrifft den Flugbetrieb genauso wie die Gepäckprozesse oder die Wegeführung im Terminal“, so Laukenmann. Zudem stünden innovative Ideen wie ein von mehreren Airlines genutzter Gepäckaufbewahrungs-Automat (Self-Bag-Drop-System) im Fokus: „Der Kunde muss nicht mehr nach dem Counter seiner Airline suchen, sondern wählt die Airline an einem zentralen Automaten.“ Auch die Themen Chat­bots und Apps seien aktuell. Dabei gehe es um eine kundennahe, schnelle Information speziell für mobile Geräte.
Dass das Flughafen-Business in Richtung Digitalisierung bereits einiges tut, bekräftigt auch Thomas Schnalke, Sprecher der Geschäftsführung des Flughafens Düsseldorf: „Das gilt vor allem für das Back-End, von dem der Passagier in der Regel wenig wahrnimmt. Koffer werden über vollautomatische Gepäckförderanlagen mit hochmodernen Scannern transportiert, der Luftraum wird dank immer besserer Systeme immer effizienter genutzt und leistungsfähige Datenbanken organisieren die oftmals komplexen Prozesse rund um die Reise.“
Der Flughafen Frankfurt beschäftigt sich ebenfalls intensiv mit der Digitalisierung und ist nach eigenen Angaben weltweit führend im Big-Data-Bereich der Business Intelligence. „Wir benutzen Business Intelligence, um die Prozesse der Sicherheitskontrolle mit sogenannter Predictive Analysis zu optimieren. Dabei geht es uns darum, mit Steuerung der Passagierwege, Optimierung der Andockposition der Flieger und Einsatzplanung der Beschäftigten die Wartezeiten zu verkürzen“, so Roland Krieg, IT-Chef des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport. Wenn der Flughafen erst reagiere, wenn sich zum Beispiel bei der Sicherheitskontrolle bereits Schlangen gebildet haben, sei es zu spät. Auch kämen die Daten der Airlines über die zu erwartenden Passagiere für eine gute Vorausplanung zu spät. „Daher analysieren wir täglich neu die vergangenen Tage und nutzen die daraus entstehen­den Voraussagen für die Zukunft. Zusammen mit dem aktuellen Flugplan und den Simula­tions­methoden sagen wir in Minutenintervallen die Entwicklung von Warteschlangen vo­raus. So kann unsere Leitstelle Gegenmaßnahmen im System simulieren und dann operativ umsetzen“, erklärt Krieg.
Dr. Roland Krieg
Dr. Roland Krieg
IT-Chef des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport
www.fraport.de
Foto: Fraport
„Mit Simulations­methoden sagen wir in Minutenintervallen die Entwicklung von Warteschlangen voraus.“
Das Internet der Dinge spielt mittlerweile ebenfalls an vielen Flughäfen eine Rolle. So ist der Flughafen Frankfurt gerade dabei, die Anhänger der Gepäckwagen, mit denen die Koffer auf dem Rollfeld transportiert werden, für eine bessere Lokalisierung mit Transpondern auszurüsten. Das vereinfacht laut IT-Chef Krieg die Disposition und spart Kosten.
Die voranschreitende Digitalisierung kann für die Flughäfen aber auch Nachteile mit sich bringen. Die Berater von Roland Berger kommen in der Studie „Rise to the challenge – The risks and opportunities of digitization for airports“ zu dem Schluss, dass neue Marktteilnehmer und Angebote den Flughäfen zunehmend zusetzen und sie um Milliarden­umsätze bringen. Als Beispiel nennt die Studie etwa Carsharing-Angebote oder externe Parkplatz­anbieter in Flughafennähe. Denn heute stammen immerhin rund 20 Prozent der nicht luftfahrtgebundenen Einnahmen der Flughäfen aus dem Geschäft mit Parkplätzen.
Auch das Online-Shopping macht den Airports zu schaffen. Der Flughafen Frankfurt hat darauf bereits reagiert und eine eigene Shopping-Plattform mit mehr als 20.000 Artikeln aufgebaut. Sie bietet den Kunden eine Vorbestellung mit Abholung am Flughafen an und liefert auch nach Hause.
Einen ähnlichen Weg geht man in Hamburg: Dort sieht man laut Airport-Chef Alexander Laukenmann die Digitalisierung in erster Linie als Chance, indem man seine Fluggäste und ihre Wünsche noch besser kennenlernt. Zugleich könne man direkter und schneller mit Gästen und Kunden in Kontakt treten und benötigte Informationen zur Verfügung stellen. Im Non-Aviation-Bereich habe man neben eigenen digitalen Lösungen wie einer Online-Parkplatzreservierung auch im Retail-Segment renommierte Partner, die sehr gute Online-Shopping-Möglichkeiten mit Home Delivery anbieten.
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