Digitalisierung ist für den Mittelstand ein IT-Thema

Interview mit Staroffice-Gründer Marco Börries

Marco Börries
Marco Börries, Gründer und CEO der Enfore GmbH
(Quelle: Enfore)
Staroffice-Gründer Marco Börries gilt als einer der Internetpioniere Deutschlands. Jetzt nimmt der 49-Jährige die Digitalisierung der KMU-Welt in Angriff.
com! professional: Wie weit ist Deutschland bei der Digitalisierung, vor allem im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen?
Marco Börries: Natürlich ist es so, dass Digitalisierung mehrere Facetten hat. Die großen Konzerne sind beim Einsatz von EDV und Digitalisierung schon weit fortgeschritten, was auch an den hohen Lohnkosten in Deutschland liegt und der Notwendigkeit, Arbeitsplätze abzubauen. Anders sieht es bei den kleinen und mittleren Unternehmen aus, auf die wir uns zum Beispiel konzentrieren. Und 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland fallen in dieses Segment.
com! professional: Können Sie das näher spezifizieren?
Börries: Diese 99 Prozent, das sind Firmen mit weniger als 100 Mitarbeitern, und wir betrachten da vor allem den Markt der Unternehmen, die in irgendeiner Form einen Point of Sale haben. Und da kann ich mittlerweile sagen: 90 Prozent aller Unternehmen in diesem Bereich haben in puncto Digitalisierung Nachholbedarf.
com! professional: Woran liegt das?
Börries: Viele dieser Unternehmen haben aufgrund ihrer Größe weder IT-Experten noch eine IT-Abteilung, geschweige denn ein Budget dafür. Dazu kommt, dass die Lösungen, die ihnen zugänglich gemacht werden könnten, extrem teuer sind und für ihre Bedürfnisse nicht passen.
com! professional: Wie ist Ihr Ansatz, das zu ändern?
Börries: Wir alle leben in einer „Connected“-Welt: Alles ist miteinander verbunden. Auch die Konsumenten sind connected, sie tragen ein Connected Device mit sich herum, besser bekannt als Smartphone. In einer connected Welt ist alles irgendwann Software. Und wenn man in diesem Konzert nicht mitspielen kann, weil man keinen Zugang zu diesen Software-Lösungen hat, dann wird man mittelfristig als Unternehmen nicht überleben. Deshalb ist mein Ansatz, kleinen Unternehmen für ein überschaubares Budget den Zugang zu den Software-Werkzeugen zu ermöglichen, die sie brauchen, um mit den Großen auf Augenhöhe mitzuspielen.
com! professional: Muss jedes kleine Unternehmen sich mit Amazon messen?
Börries: Ich möchte jetzt nicht als Schwarzmaler erscheinen, aber ich glaube schon. Wen es den vielen kleinen Unternehmen nicht gelingt, beim Angebot von Services zu den Großen aufzuschließen, dann wird es mittelfristig nicht so gut aussehen für sie. Denn wir Kunden haben uns an Services von Amazon, Foodora, Zalando et cetera gewöhnt. Und in diesem Konzert müssen die Kleineren mitspielen, sie müssen neue Vertriebskanäle nutzen, neue Service-Leistungen anbieten – und am Ende ist das alles technikgetrieben.
com! professional: Welche Herausforderungen kommen denn auf uns zu?
Börries: Größere Umwälzungen bringen neue, digitale Geschäftsmodelle wie Uber. Da werden sich komplette Industrien verändern. Das betrifft dann auch die Großunternehmen, die neue Wege der Distribution und der Finanzierung beschreiten müssen. Da wird auch ein großer Shift der Wertschöpfung stattfinden. Im Print-Bereich haben wir das schon gesehen, als Nächstes kommt vermutlich das Segment Transportation dran.
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